Das linke Pippilotta-Syndrom und die gefährliche Lücke in der Marxismus-Forschung

Sie feierten Karl Marx wie einen Helden, die linke Politik in Deutschland und die kommunistische Diktatur in China, eine Statue bildete in Trier die Brücke. Und während die einen auf die vielen Millionen von Opfer der Ideologie zeigen, versuchen andere, das blutrote Zeichen betreten zu verdecken. Den Ursprung leugnend flüchten sie sich in eine „Welt, wie sie mir gefällt“.
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Von 15. Mai 2018

Die viel kritisierten Feierlichkeiten um die Trierer Marx-Statue aus China und den 200. Geburtstag des Ur-Kommunisten sind vorbei. Doch Marx und seine gefährliche Ideologie wirken nach wie vor in Deutschland. Die politischen Nachfahren des Revolutionärs und Grand Fathers der kommunistischen Diktaturen versuchen beständig diesen von jeglicher Verbindung zu zigmillionenfachen politischen Morden unter linker Gewaltherrschaft reinzuwaschen. Marx sei falsch verstanden worden, hört man hier und da, während andere auf eine gefährliche Lücke in der Marxismusforschung verweisen.

Ein besonders wichtiges Projekt

Wie die „Wiener Zeitung“ anlässlich des umstrittenen Festakts rund um Marx in Trier berichtete, spiele dieser auch heute noch eine große Rolle in China, seine Schriften seien Grundlage der offiziellen Ideologie. Der Auftrag an den Bildhauer Wu Weishan kam übrigens direkt von der Regierung. Der Künstler erklärte der „WZ“:

Der Einfluss von Marx auf die chinesische Gesellschaft ist immens. Dieses Projekt war also etwas ganz Besonderes.“

(Professor Wu Weishan)

Doch merkwürdigerweise hatte Professor Wu Weishan, der Kurator des Nationalen Kunstmuseums von China eine ganz andere Erinnerung, als die Offiziellen in Trier. Die „Welt“ nannte ihn den „Staatsbildhauer“ und verwies darauf, dass er „Berater des Volkskongresses des sozialistischen Parlaments“ sei und politisch einflussreich.

Die KP Chinas habe den Marxismus immer als Grundlage ihres Handelns verstanden und unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Realität weiterentwickelt, erklärte Wu laut „Frankfurter Rundschau“.

Menschen demonstrieren gegen den Kommunismus in der Nähe der vom chinesischen Regime der Stadt Trier geschenkten Statue von Karl Marx. Deren Einweihung fand anlässlich des 200. Geburtstages von Marx am 5. Mai 2018 statt. Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Wer wollte eigentlich die Marx-Statue in Trier?

Im März 2017 bestätigte der chinesische Botschafter in Berlin Shi Mingde telefonisch gegenüber dem seit April 2015 in Trier regierenden OB Wolfram Leibe (SPD), dass das Geschenk an Trier ein Geschenk der Freundschaft und Wertschätzung sei, das China der Stadt eigeninitiativ angeboten habe.

Dieses Geschenk war also eine Folge eines eigeninitiativ aus China stammenden Angebots zur Schenkung der Statue, wie die sozialdemokratische Stadtregierung von Trier damit auf ihrer Webseite ausdrücklich betont. Laut Stadt-Chronik zum Marx-Deal bedankte sich im Februar 2015 der damalige Oberbürgermeister von Trier beim chinesischen Generalkonsul Liang Jianquan in Frankfurt schriftlich für das Angebot der Volksrepublik China, der Stadt eine Skulptur zu schenken.

Trier, 5. Mai 2018: Die Statue von Karl Marx – ein Geschenk der Kommunistischen Partei Chinas – wird eingeweiht. Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Völlig anders erinnert sich Professor Wu Weishan an den Deal, wie die „FAZ“ den Bildhauer angesichts der Frage um die Verantwortlichkeiten zitierte.

Eins möchte ich klarstellen: Deutschland hat selbst um das Geschenk gebeten.“

(Professor Wu Weishan)

Für die Wiederwahl zum OB von Trier hatte Klaus Jensen, Ehemann von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD), da schon nicht mehr kandidiert, aus Altersgründen, hieß es. Jung genug war Jensen ein halbes Jahr später allerdings noch für den Posten eines Honorar-Konsuls von Luxemburg, der Heimat von Jean-Claude Juncker, dem EU-Kommissionschef und damit quasi „Kanzler von EU-Europa“.

(vlnr) Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, RLP-Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ihr Ehemann Klaus Jensen (SPD), Oberbürgermeister von Trier von 2007 bis 2015 und Honorarkonsul von Luxemburg (ab 2015) – während des Festakts zu Ehren von Karl Marx am 4. Mai 2018 in der Basilika zu Trier. Foto: Patrik Stolarz/AFP via Getty Images

Politisches Pippilotta-Syndrom?

„2 x 3 macht 4. Widdewiddewitt und Drei macht Neune !! Ich mach‘ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt ….“, sang einst Astrid Lindgrens freche rothaarige Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf. Doch was bei einer 9-jährigen Kinderbuchfigur gehen mag, kann für deutsche oder EU-Politiker nicht gleichwohl gelten.

Karl Marx könne man nicht für die Verbrechen des Kommunismus verantwortlich machen, meint EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an jenem Freitagabend, als Alexander Bauersfeld, ehemals politischer Gefangener der Staatssicherheit, inhaftiert wegen kirchlicher Friedensarbeit, bei der Marx-Feier aus der Konstantinbasilika in Trier hinausgeworfen wurde.

Man müsse Karl Marx „aus seiner Zeit heraus verstehen“, warb der EU-Chef beim großen Festakt für Verständnis. Eine ähnliche Aussage machte „Malu“ Dreyer, bürgerlich Marie Luise Anna Dreyer – den Phantasienamen „Malu“ führt sie ganz offen und offiziell – gegenüber den rund 1.000 elitären Gästen in der Kirche:

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz,

Die Verbrechen an Millionen von Menschen, die im 20. Jahrhundert in seinem Namen begangen wurden, können ihm nicht angelastet werden.“

(Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin RLP)

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz stand bei diesen Worten am Rednerpultam, didrekt vor dem Kruzifix. Dass man Marx in einer Kirche geehrt hatte, wirkt ohnehin schon makaber, wenn man beispielsweise an sein Gedicht „Der Spielmann“ denkt:

Was, was! Ich stech‘, stech‘ ohne Fehle

Blutschwarz den Säbel in deine Seele,

Gott kennt sie nicht, Gott acht’t nicht die Kunst,

die stieß in den Kopf aus Höllendurst,

Bis das Hirn vernarrt, bis das Herz verwandelt,

Die hab ich lebendig vom Schwarzen erhandelt!

Der schlägt mir den Takt, der kreidet die Zeichen . . .

(Karl Marx, 1841)

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) spricht am 4. Mai 2018 in der Konstantin-Basilika in Trier, dem Geburtsort von Karl Marx, während eines Festakts im Vorfeld des 200. Geburtstages des Urvaters des Kommunismus. Foto: Patrik Stollarz /AFP via Getty Images

Schulz: Links und Gewalt schließen sich aus

Doch auch angesichts stetig wachsender linker Gewalt befindet sich die Sozialdemokratie offenbar in einer späten Pippilotta-Phase. Der ehemalige Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte beispielsweise angesichts der Antifa-Gewalt beim Hamburger G20-Gipfel:

Links und Gewaltanwendung schließt sich gegenseitig aus. Die Leute, die da für sich reklamieren links zu sein, die sind bescheuert, aber nicht links.“

(Martin Schulz, SPD-Chef und Kanzlerkandidat)

Der ehemalige Parteichef der SPD, Sigmar Gabriel, postete zu dieser Zeit auf Twitter: „Gewalt der Autonomen hat mit ‚linken Motiven‘ nichts zu tun.“

Ähnlich twitterte auch Bundesvize Ralf Stegner: „Es gibt Gewalt von Leuten, die sich links nennen. Sie sind aber kriminelle Straftäter. Linke achten Menschenwürde und ächten Gewalt!“

An jenem 9. Juli 2017 produzierte Ralf Stegner noch weitere Aussagen: „Lustig auch die Schmalspurhistoriker: Mit RAF, Stalin, Pol Pot, Mao+Marx wird ‚argumentiert‘, dass Linke angeblich grundsätzlich Gewalt bejahen.“

Allerdings: Karl Marx fand da ganz andere Worte:

Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären offen, dass ihre Zwecke nur durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen erreicht werden können.“

(Karl Marx, Manifest der Kommunistischen Partei)

Natürlich hatte nicht Marx, der „Meister“ all diese Verbrechen begangen, sondern seine vielen „Schüler“, allen voran Lenin, Stalin, Mao & Co. Doch welch diabolische Gedanken im jungen Karl schon steckten, zeigt ein Gedicht aus dem Jahr 1837:

Einen Thron will ich mir auferbauen,

kalt und riesig soll sein Gipfel sein,

Bollwerk sei ihm übermenschlich Grauen,

und sein Marschall sei die düst’re Pein!

(Karl Marx, 1837, Gedicht-Auszug)

Wie eine unheimliche Mumie aus der Gruft wartet das Geschenk aus China auf seine Enthüllung am 5. Mai. Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Der Fehler im Vorwort zum Schwarzbuch

Möglicherweise bezog sich die führende Sozialdemokratin „Malu“ Dreyer in ihren Ausführungen gedanklich auf den französischen Historiker Stéphane Courtois. Er war der Herausgeber von „Schwarzbuch des Kommunismus“, der 1997 erschienenen ersten weltweiten Gesamtbilanz von 80 Jahren Kommunismus – inklusiver der Verbrechen kommunistischer Staaten und Organisationen weltweit.

Courtois, in den frühen 1970ern als junger Mann selbst militanter Maoist, schrieb in seinem Vorwort, dass man Karl Marx mit den Verbrechen der Kommunisten nicht gleichsetzen dürfe.

Die EPOCH TIMES befragte dazu in einem Interview den deutschen Totalitarismus-Forscher und Historiker Prof. Konrad Löw. Der heute 86-Jährige ist seit 1990 Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und Autor von „Rotbuch der kommunistischen Ideologie“ (1999), in dem Marx und Engels als „Väter des Terrors“ bezeichnet werden.

Hier eine entsprechende Frage-Antwort-Konstellation:

Epoch Times: Es gibt ein berühmtes Buch aus Frankreich, das ist das Schwarzbuch des Kommunismus, und Sie haben das Buch „Das Rotbuch der kommunistischen Ideologie“ verfasst. Da haben Sie ganz klar reingeschrieben, Marx und Engels: Die Väter des Terrors. Das Rotbuch nach dem Schwarzbuch: Welche Lücke in der Marxforschung wollten Sie eigentlich durch dieses Buch füllen?

Prof. Löw: Der Hauptherausgeber des Schwarzbuchs des Kommunismus ist Stéphane Courtois. Von ihm stammt auch das Vorwort. In diesem Vorwort heißt es eben, dass man also diese Verbrecher zu Unrecht Marxisten nennen. Und als ich das gelesen hatte, da kamen mir sehr viele Marxtexte in Erinnerung.

Da sagte ich mir, Herr Courtois, das ist doch nicht richtig. Ich will Sie belehren. Also ich setze alle diese Marxtexte zusammen, die gleichsam als Legitimation für gewaltsame Ausübung der Herrschaft angesehen werden können. Und ich habe das dann auch getan, und als das Buch ziemlich fertig war, hatte ich das Vergnügen, die Ehre, die Freude mit Stéphane Courtois zusammen zu sein. Und da sagte ich ihm: Herr Courtois, ich verstehe Sie nicht, wie können Sie auf diese Weise Marx in Schutz nehmen. Und habe ihm aus dem Gedächtnis einige Marxzitate offeriert. Er hat große Augen gemacht und gesagt: Die waren mir unbekannt. Ich kann nur Französisch und in französischer Sprache sind sie nicht veröffentlicht oder ich habe sie nicht wahrgenommen.

Naja, sage ich, wenn dem so ist, dann können Sie ja das Vorwort zu meinem Rotbuch der kommunistischen Ideologie verfassen – und er hat spontan Ja gesagt. So ist dieses Rotbuch erschienen mit einem Vorwort von Stéphane Courtoise. Ein sehr bemerkenswerter Mann, der eben nicht festhält an einer einmal gewonnenen Überzeugung, sondern der offen ist für eine Belehrung.

Ähnliches habe ich in Bremen erleben dürfen. Einer meiner Schüler, der später Pastor wurde, hat beantragt, man möge doch die Marxstraße und die Engelsstraße umbenennen. Daraufhin Zeter und Mordio in Bremen. Wie kann man nur den Antrag stellen. Es seien doch ehrwürdige Persönlichkeiten. In seiner Not wandte sich dieser Pastor an mich und hat mich gefragt: Ja, was soll ich machen? Meine Empfehlung war ein Streitgespräch. Einerseits er, also ich für ihn, und andererseits ein Befürworter der Marx- und der Engelsstraße. Gesagt getan, die Idee wurde in die Tat umgesetzt.

Es kam zu dieser Veranstaltung. Das Streitgespräch begann, wir wurden vorgestellt, dann erhielt mein Kontrahent das Wort und nun sagte er, inzwischen habe ich das Rotbuch der kommunistischen Ideologie gelesen und ich kann nicht länger die Marx- und die Engelsstraße verteidigen. Ich habe mich eines Besseren belehren lassen. Die Veranstaltung war zu Ende, kaum dass sie begonnen hatte. Und ich bin dann mit diesem Kollegen, einem Bremer Professor, noch den ganzen Abend kreuz und quer durch Bremen spazieren gegangen, das war ein herrlicher Ausklang, aber das Streitgespräch hatte nicht stattgefunden. Er war nun auch überzeugt, so wie viele andere überzeugt werden, wenn sie bereit sind zu lesen und eben nicht ganz bequem, das, was man zu sagen pflegt, akzeptieren.

Siehe dazu:

Die Gretchen-Frage im G20-Terror: Linke Gewalt gibt’s nicht (Martin Schulz)

Trotz „neuer Dimension linksterroristischer Gewalt“: Nur 1,5 Mill. Euro im Kampf gegen Linken-Terror – aber 116,5 Mill. gegen Rechts

Paukenschlag im Bundestag: AfD-Vize von Storch nennt namentlich hohe Politiker, die offenbar linke Gewalt unterstützen

„Falsche Toleranz“: Ärger über KIKA-Beziehungsfilm – Sender korrigierte Altersangaben nach öffentlicher Kritik

Berliner Frauenmarsch: Man hatte niemals vor, uns zum Kanzleramt laufen zu lassen (Christina Baum, MdL)

Kandel: Deutungshoheit durch Medienmacht – Mädchen-Mord und „Aktuelle Kamera“?

Cottbuser Demos: Heimatliebe ein Verbrechen? – Mit „Zukunft Heimat“ seit 1989 erstmals wieder auf der Straße

So erkennen Sie eine „rechte Familie“ – blond, nett, unauffällig: Apothekenblatt warnt vor „Gefahr von rechts“



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