„Das ist quasi ein Berufsverbot“ – Mögliche Einigung der Ampel zur Impfpflicht

Die Ampel-Parteien kündigten an in den nächsten Wochen eine Einigung hinsichtlich einer möglichen Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu erzielen. Der Patientenschutz kritisierte, dass Pflegekräfte in der Debatte zu Sündenböcke gemacht werden.
Epoch Times16. November 2021

In der Debatte über eine Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zeichnet sich eine bei den Ampel-Parteien mögliche Einigung ab. Gesundheitspolitiker von FDP und Grünen plädierten am Dienstag für eine einrichtungsbezogene Verpflichtung.

Eine solche Regelung kommt aber noch nicht in das neue Infektionsschutzgesetz, über das die Ampel-Parteien ebenfalls weiter berieten. Eine Einigung werde für die nächsten Wochen angestrebt, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider.

„Das machen wir nicht so überstürzt, aber in den nächsten Wochen“, sagte der SPD-Parlamentsgeschäftsführer. Es handele sich um einschneidende Entscheidungen: „Das ist quasi ein Berufsverbot.“ Das müsse sehr gut abgewogen werden.

Mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz, das am Dienstagabend abschließend im Hauptausschuss des Bundestags beraten werden sollte, bekräftigte Schneider das Nein zu künftigen Ausgangssperren und der Schließung etwa von Schulen. Das neue Gesetz sieht 3G in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie am Arbeitsplatz und etwa auch mögliche Kontaktbeschränkungen vor, Ausgangssperren hingegen nicht mehr.

Ausgangsbeschränkungen seien aus rechtlicher Sicht „ein unscharfes Mittel, das im Zweifel vor den Gerichten auch nicht Bestand hätte“, sagte Schneider. Ausgangssperren hatte zuvor Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ins Gespräch gebracht. Das neue Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden und am Freitag den Bundesrat passieren.

Impfpflicht für eine Berufsgruppe „nicht zielführend“

Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sagte dem Nachrichtensender welt.de, er halte eine Impfpflicht nur für eine Berufsgruppe „nicht für zielführend“. Ein Krankenhaus habe nicht nur Ärzte und Pfleger, sondern auch Reinigungskräfte und Sekretäre. Daher sei es eher sinnvoll, eine Impfpflicht für bestimmt Einrichtungen einzuführen. Im rbb-Inforadio fügte er hinzu: „Wir haben nie kategorisch eine Impfpflicht abgelehnt.“

Der Deutsche Städtetag forderte dagegen eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. „In sensiblen Beschäftigtenbereichen, wo Menschen mit Menschen arbeiten, fordern wir eine Impfpflicht“, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) am Dienstag zu Beginn der Hauptversammlung des Gremiums in Erfurt. Betreffen würde das die pädagogischen, pflegerischen und medizinischen Bereiche.

Kritik an dem Vorhaben kam aus den Berufsverbänden der Betroffenen. Der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, sagte der welt.de, dies wäre „ein tiefer Eingriff in die Autonomie der Menschen“.

Und es gehe um deren Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik. Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen lehnte eine Impfpflicht als „unverhältnismäßig“ ab. Bestehende Gefahren könnten „mit regelmäßigen Testungen effektiv eingedämmt werden können“, sagte Bundesgeschäftsführerin Andrea Kapp der „Welt“.

Brysch sieht Pflegekräfte als „Sündenböcke der Corona-Pandemie“

Indessen hat die Stiftung Patientenschutz vor einer Impfpflicht für Pflegekräfte gewarnt. „Jetzt eine Impfpflicht einzuführen, wird kurzfristig gar nichts bringen, jedoch die Personalsituation in den nächsten Monaten verschärfen“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. „Opfer sind die Pflegebedürftigen, die auf professionelle Hilfe angewiesen sind.“

Brysch kritisierte mit Blick auf die hohen Corona-Infektionszahlen: „Die Verantwortlichen für das Versagen sitzen in den Regierungen von Bund und Ländern.“ Er fügte hinzu: „Wir müssen damit aufhören, die Pflegekräfte zu den Sündenböcken der Corona-Pandemie zu machen.“

Das neue Infektionsschutzgesetz, das Corona-Maßnahmen auch nach Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite regelt, soll am Dienstagabend im Hauptausschuss des Bundestages beraten werden. Es sieht neben einer 3G-Regel in Bussen und Bahnen sowie am Arbeitsplatz auch die Möglichkeit von Kontaktbeschränkungen und Auflagen für Veranstaltungen vor. Das neue Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden und am Freitag den Bundesrat passieren. (afp/dl)



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