Dann halt den Bus: Bahnreisende weichen im Streik aus

Berlin (dpa) - Sie haben noch kein Ticket. Die beiden Berliner Wissenschaftler haben sich erst früh am Mittwochmorgen für den Fernbus entschieden. „Als endgültig klar war, dass kein Zug fährt“, sagen sie. Jetzt stehen sie Schlange vor dem…
Epoch Times22. April 2015
Sie haben noch kein Ticket. Die beiden Berliner Wissenschaftler haben sich erst früh am Mittwochmorgen für den Fernbus entschieden. „Als endgültig klar war, dass kein Zug fährt“, sagen sie.

Jetzt stehen sie Schlange vor dem Fahrkartencontainer von MeinFernbus/Flixbus auf dem Berliner Busbahnhof. Nach Erlangen wollen die beiden, sie haben Termine an der Universität. Die ersten haben sie schon abgesagt, denn der Bus braucht zwei Stunden länger als die Bahn. Wenn es denn überhaupt noch Plätze gibt. „Könnte knapp werden“, meinen die Wissenschaftler. Denn wegen des Streiks der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn sind Hunderte Fahrgäste auf Busse umgestiegen.

Auf dem Berliner Busbahnhof merkt man davon früh am Morgen noch wenig. Auf den Bussteigen stehen kleine Grüppchen Reisender, im geheizten Warteraum ein paar mehr. „Die Leute kommen erst später“, meint ein Ticketverkäufer des Bahn-Fernbusablegers Berlinlinienbus. Auf vielen Strecken sind Busse länger unterwegs als die Bahn. Wer sich diese Zeit nehmen kann, hat wohl auch Zeit zum Ausschlafen. Später werde es voll werden, sagt der Ticketverkäufer voraus.

Als die Lokführer am Montagnachmittag ihren Streik bekanntgaben, stiegen die Buchungszahlen bei den Fernbus-Anbietern jedenfalls rasant – zeitweise um mehr als 70 Prozent, wie der Marktführer MeinFernbus/Flixbus berichtete. Zusätzliche Busse seien zunächst aber nicht nötig gewesen, sagt eine Sprecherin. „Die Leute kriegen auch noch Fahrkarten, wenn sie bei den Abfahrtszeiten flexibel sind.“

Es sind die kurzen Strecken, auf denen die Fernbusse zeitlich am ehesten mit dem Zug mithalten können. Vor einem quietschgrünen Bus, der von Berlin nach Erfurt fährt, gibt es deshalb auch früh schon Gedrängel. Mittendrin stehen Jörn Hintzer und Jakob Hüfner, zwei Dozenten an der Bauhaus-Universität in Weimar.

Eigentlich nähmen sie immer den Zug um kurz vor 9.00 Uhr, berichtet Hintzer. „Aber die Verbindung hatte Pünktchen.“ Im Notfahrplan der Bahn meint er. Die Pünktchen stehen für Einzelzüge. Und Einzelzüge bedeutet: Der frühe Zug fällt aus. Dann halt den Bus, meinen die Dozenten und geben sich gelassen: „Streiken ist super, das ist heute unsere Message.“ Es werde ohnehin viel zu viel über die Bahn gemotzt.

Auch ein älteres Ehepaar mit dem Ziel Prag bleibt locker. „Unser Reiseführer hat das im Griff“, sagt der 72-jährige Mann. Vorsichtshalber sind sie schon um 8.00 Uhr morgens ins Taxi gestiegen – obwohl die Reise erst um 10.00 Uhr beginnt. „Man weiß ja nicht, was auf den Straßen los ist.“

Und sie haben recht, denn in Berlin wird auch die S-Bahn bestreikt. Die Busse der Berliner Verkehrsbetriebe sind voll und verspätet, die Straßen verstopft. „So haben heute schon einige ihren Bus verpasst“, sagt der Ticketverkäufer. Auch deshalb bleiben viele Fernbus-Sitze leer. Gut für die beiden Wissenschaftler auf dem Weg nach Erlangen. Am Ticketschalter gab es wider Erwarten kein Problem.

(dpa)

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