Daniel Günthers Tabubruch: Schleswig-Holstein greift in die Beamtenrücklagen für Haushaltssanierung

Ein Haushaltsloch von rund einer Milliarde Euro muss die Landesregierung in Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren stopfen. Die Regierung unter Ministerpräsident Daniel Günther geht nun einen Weg, der in Deutschland bisher einmalig ist: Als erstes Bundesland greift die Regierung in die Rücklagen für pensionierte Beamte.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat «richtig Bock auf den Wahlkampfendspurt».
Die Landesregierung unter Daniel Günther greift in die Rücklagen für Beamtenpensionen.Foto: Frank Molter/dpa
Von 10. März 2024

Die schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein hat große finanzielle Probleme. Auf der Klausurtagung in Sankelmark war die mittelfristige Finanzplanung dann auch eines der wichtigsten Themen an den zwei Tagen.

„Die Haushaltslage ist ernst“, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) dann auch auf der anschließenden Pressekonferenz. Man werde das Land auch in schwierigen Zeiten gut regieren, betonte Heinold weiter. Der Rahmen sei nun gesteckt. 

Lücke von rund einer Milliarde Euro

Die Lücke der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Landes über die kommenden fünf Jahre beträgt rund eine Milliarde Euro. Schon für den Haushalt 2025 steht die Landesregierung vor der Herausforderung, eine Finanzierungslücke von rund 580 Millionen Euro schließen zu müssen.

Die Landesregierung unter Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) einigte sich deshalb auf eine Liste von Einsparungen, die Einnahmen und Ausgaben bis 2030 wieder ins Gleichgewicht bringen sollen. 

Neben Einsparungen greift die Regierung allerdings auch ins Sparschwein für schlechte Zeiten. So sollen in den kommenden drei Jahren bis zu 945 Millionen aus der Pensionskasse entnommen werden.

Ursprünglich wurde der Versorgungsfonds eingerichtet, um auch in schwierigen finanziellen Lagen Pensionsleistungen für die Beamten des Landes zahlen zu können. Jetzt wird die Beamtenrücklage, anders als geplant, für die Haushaltskonsolidierung verwendet.

Griff in die Beamtenrücklagen 

„Der Versorgungsfonds wäre damit praktisch leer“, räumte Finanzministerin Heinold auf der Pressekonferenz unumwunden ein. Gleichzeitig bemüht sich die Grünen-Politikerin um Beruhigung der derzeit schon rund 30.000 Versorgungsempfänger.

Für diese, so die Ministerin, ändere sich nichts. „Sie werden es gar nicht spüren“, so Heinold. Und weiter: „Ich gehe davon aus, dass der Versorgungsfonds, wenn das Land sich aus dieser schwierigen Phase herausgearbeitet hat, dann auch wieder und weiterhin gefüttert wird.“

Auch Ministerpräsident Günther bemüht sich, den Griff in die Beamtenrücklagen herunterzuspielen. Als Heinold betont, dass sich für die Pensionäre nichts ändern wird, nickt er eifrig. Der Fonds sei eine Rücklage für schwere Zeiten, behauptet er. Das ist falsch. Der Fonds soll die ansteigenden Ausgaben des Landeshaushalts durch Beamte, die in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, abfedern.

Rücklage sollte Haushalt entlasten 

Der Versorgungsfonds wurde zum 1. Januar 2018 eingerichtet. Die bis Ende 2017 aufgebauten Versorgungsrücklagen von damals 641 Millionen Euro wurden in den Versorgungsfonds überführt. Seitdem zahlt das Land jährlich rund 80 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt an den Fonds. Seit 2020 fließen zusätzlich noch jeweils monatlich 100 Euro für neu eingestellte Beamte in die Rücklage. 

Zur Entlastung des Landeshaushalts besteht die Möglichkeit, jährlich Mittel aus dem Versorgungsfonds zu entnehmen. Damit soll der Anstieg der Versorgungsausgaben des Landes für pensionierte Beamte auf maximal 1,5 Prozent begrenzt werden. 

Auf der Website der Landesregierung Schleswig-Holstein kann man weiter über den Fonds lesen:

Voraussetzung für Entnahmen aus dem Versorgungsfonds ist die Einhaltung des gesetzlich verankerten Substanzerhaltungsgebotes. Das heißt, dass der Vermögensbestand unter Berücksichtigung der Inflationsentwicklung bis zum Jahr 2032 nicht unter den am 1. Januar 2018 festgestellten Bestand sinken darf.“

Das bedeutet, dass der Kassenbestand des Fonds eigentlich nicht unter 641 Millionen Euro fallen darf. Finanzministerin Heinold möchte das nun ändern. Auf Nachfrage gab sie auf der Pressekonferenz an, sie werde im Landtag eine Änderung des Fondsgesetzes beantragen. 

„Raubzug“ der Landesregierung 

Der Beamtenbund kritisiert die Pläne der Landesregierung scharf und wirft der Landesregierung einen „Raubzug“ vor.

„Die Auflösung des Versorgungsfonds ist eine bislang unvorstellbare und dreiste Maßnahme, zumal vor gar nicht langer Zeit noch erwogen wurde, den Versorgungsfonds in der Landesverfassung abzusichern“, sagte der Landesvorsitzende des Beamtenbundes, Kai Tellkamp. Die Regierung verabschiede sich „mit weiteren großen Schritten von einer seriösen und vorausschauenden Haushaltspolitik“.

„Die Landesregierung plündert das Sparschwein für die auskömmliche Finanzierung der Pensionen“, kritisiert die Vorsitzende des DGB Nord, Laura Pooth. Der Plan sei „das Gegenteil einer nachhaltigen Finanzpolitik und erschüttert das Vertrauen der Beamten- und Richterschaft“, so die Vorsitzende des Richterverbandes, Christine Schmehl.

„Es ist erschreckend, feststellen zu müssen, dass das Land ausgerechnet dann, wenn der Gipfel der finanziellen Belastung aus Pensionsverpflichtungen erreicht wird, hinsichtlich einer Rücklage blank dastehen wird“, so Schmehl.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) übte scharfe Kritik. So sagt der  Landesvorsitzende Torsten Jäger gegenüber der „Bild“:  „Der Versorgungsfonds war als verlässliche Rücklage für die Zukunft gedacht. Damit finanzieren unsere Kollegen die Tarif-, Besoldungs- und Versorgungserhöhungen sowie die Bestrebungen nach einer amtsangemessenen Alimentation komplett aus eigener Tasche. Was für eine gefühlte Mogelpackung!“

Das Land nicht in Schutt und Asche legen

Ministerpräsident Günther und Finanzministerin Heinold verteidigten unterdessen ihr Vorgehen gegenüber den „Kieler Nachrichten“ (hinter einer Bezahlschranke). So verweist Daniel Günther auf die schwierige Haushaltslage und den großen Handlungsbedarf.

Die Finanzministerin sprach sich zwar für einen Sparkurs aus, lehnte extreme Kürzungen oder tiefe Einschnitte in die Leistungen des Landes aber ab. „Es kann nicht unser Ziel sein, durch einen harten Sparkurs alles in Schleswig-Holstein in Schutt und Asche zu legen.“

Bei dem Rückgriff auf den Versorgungsfonds steht die Landesregierung allerdings vor einem weiteren Problem. Das Sondervermögen besteht nämlich nur teilweise aus Barmitteln.

Wie das Finanzministerium den „Kieler Nachrichten“ bestätigte, beläuft sich der Aktienanteil des Fonds auf rund 557 Millionen Euro. Die Landesregierung muss daher in den nächsten Jahren die Aktien zu Geld machen. Inwieweit das mit Gewinnen oder Verlusten möglich ist, das muss sich erst zeigen. 



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