Dahme-Spreewald: AfD verfehlt Landratsposten – Probleme bei der Briefwahl

Der Versuch der AfD, im Speckgürtel von Berlin ihren ersten Landratsposten in Brandenburg zu erobern, ist gescheitert. Ihr Kandidat Steffen Kotré konnte in der Stichwahl im Landkreis Dahme-Spreewald seinen knappen Vorsprung aus dem ersten Wahlgang nicht halten.
Ein Wählerin wirft in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Wahlurne.
Eine Wählerin wirft in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Wahlurne. Symbolbild.Foto: Uwe Anspach/dpa
Von 12. November 2023

Der parteilose und in der Stichwahl von allen übrigen Parteien unterstützte Sven Herzberger gewann die Stichwahl im Landkreis Dahme-Spreewald mit 64,8 Prozent der Stimmen. Steffen Kotré (AfD) kommt auf 35,2 Prozent.

Nach dem ersten Wahlgang hatte der von der AfD ins Rennen geschickte Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré mit 35,3 vorangelegen. Herzberger kam auf 34,8 Prozent. Ebenfalls angetreten war die SPD-Kandidatin Susanne Rieckhof, die auf 29,9 Prozent der Stimmen kam. Zuvor hatte die SPD mit dem in den Ruhestand tretenden Stephan Loge seit 2008 den Landrat gestellt. Herzberger wird sein Amt am 1. März 2024 antreten.

Herzberger sagt zur Wahl: „Ich bin wahnsinnig glücklich und unglaublich stolz, dass die Wähler in Dahme-Spreewald mit so überragender Mehrheit sich für einen weltoffenen und demokratischen Landkreis entschieden haben. Das Ergebnis bestätigt, dass Demokraten, wenn sie zusammenstehen, eine solche Wahl gewinnen können.“

Dazu, wie es mit der AfD im Landkreis nun weitergeht, sagt Steffen Kotré: „Wir sind diejenigen, die an die Bürger herangehen, wir werden unsere Realpolitik fortsetzen und alle Themen adressieren.“

„Brandmauer“ hat auch in Dahme-Spreewald gehalten

Wie bereits zuvor bei den Oberbürgermeisterwahlen in Nordhausen und Bitterfeld-Wolfen hat die sogenannte Brandmauer gegen die AfD gehalten. Die Wahlbeteiligung lag voraussichtlich bei 47,2 Prozent – im ersten Wahlgang waren 50,8 Prozent zur Wahl gegangen. Vor acht Jahren hatten lediglich 36,8 Prozent der damals knapp 140.000 Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

Diesmal waren rund 150.000 Bürger in dem Landkreis stimmberechtigt, der von Schönefeld, dem Standort des Flughafens Berlin-Brandenburg, bis in die Lausitz reicht. Damit mussten gut 22.000 Stimmen eingehen, um auch das erforderliche Quorum von 15 Prozent der Stimmen zu erreichen. Dieses benötigt der Sieger der Stichwahlen, um gewählt zu sein.

Stellvertretender Wahlleiter: Probleme bei der Briefwahl nur „Einzelfälle“

Wie die „Märkische Allgemeine“ (MAZ) berichtet, hatten bereits am Freitag knapp 19.000 Stimmberechtigte von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht. Das war eine höhere Anzahl als im ersten Durchgang. Da die AfD bei Briefwahlstimmen regelmäßig stark unterdurchschnittlich abschneidet, scheint vor allem hier eine Mobilisierung ihrer Gegner stattgefunden zu haben.

Dennoch scheint es bei der Briefwahl wie bereits zur Hauptwahl Probleme gegeben zu haben. So habe eine kleinere Anzahl an Wahlberechtigten bei den zuständigen Wahlbehörden angegeben, keine Briefwahlunterlagen erhalten zu haben. Die meisten Meldungen gab es diesbezüglich aus Lübben.

Der stellvertretende Wahlleiter Tim Dreier spricht von „Einzelfällen“. In der Kreisverwaltung seien zwölf entsprechende Meldungen gekommen. Gründe für die Unwägbarkeiten seien nicht erfolgte oder verspätete Zustellungen vonseiten der Post gewesen. In einigen Fällen habe sich jedoch auch herausgestellt, dass kein oder ein fehlerhafter Antrag vorgelegen habe. Man habe jedoch „stets eine Lösung gefunden“, so Dreier.

Herzberger: Kotré „rüttelt an den Grundfesten der Verfassung“

Im Wahlkampf hatte AfD-Kandidat Kotré hauptsächlich auf bundespolitische Themen wie die Migration gesetzt. Er forderte Sachleistungen statt Bargeld für Flüchtlinge – diese Forderung hatten auch Vertreter der Bundesländer bei der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz erhoben. Zudem kündigte der Bundestagsabgeordnete an, ein „Bürgerbegehren für eine zentrale Unterbringung“ zu initiieren.

Herzberger hatte im ersten Durchgang die Unterstützung von CDU, FDP, UBL, Freien Wählern und Linkspartei. Der Rechtsanwalt, der seit 2017 das Bürgermeisteramt in Zeuthen bekleidet, hatte vor allem kommunale Themen in den Vordergrund gerückt. So erklärte er die medizinische Grundversorgung auf dem Land und einen Ausbau des ÖPNV zu seinen Schwerpunkten.

Seinem Gegenkandidaten Steffen Kotré warf Herzberger vor, manche seiner Auffassungen würden „an den Grundsätzen der Verfassung rütteln“.

Geringere Krisenwahrnehmung in Dahme-Spreewald als möglicher Faktor für deutliche AfD-Niederlage

Dass das Ergebnis am Ende doch deutlich zu Ungunsten des AfD-Kandidaten ausgefallen ist, dürfte auch mit der verhältnismäßig guten wirtschaftlichen Lage des Landkreises zusammenhängen. Im sogenannten Zukunftsatlas der Marktanalytiker von Prognos hat sich Dahme-Spreewald in den vergangenen 20 Jahren um 150 Plätze verbessert.

Dies dürfte auch Auswirkungen auf die Krisenwahrnehmung gehabt haben. Der thüringische Landkreis Sonneberg hatte demgegenüber seit den 1990er-Jahren mit einem deutlichen Bevölkerungsrückgang zu kämpfen. Im Prognos Zukunftsatlas ist er weiterhin auf den hinteren Rängen zu finden.



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