Cum-Ex-Razzia in Hamburg bei SPD-Größen – Holt Scholz die Vergangenheit noch ein?
Am Dienstagmorgen kamen Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft und Beamte des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zu einer Razzia ins Haus des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und haushaltspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Bundestag, Johannes Kahrs, und zu anderen Verdächtigen.
Gegenüber der „Tagesschau“ bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln die Durchsuchungen und einen Anfangsverdacht der Begünstigung, also der Unterstützung zur Sicherung der Taterträge eines Täters. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafen bis fünf Jahre oder Geldstrafen dafür vor. Den Angaben der Staatsanwaltschaft nach habe man Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften. Namen von Beteiligten nannte die Behörde nicht.
Cum-Ex und Scholz-Telefonat
Wie die „Welt“ berichtet, wurden Durchsuchungen nicht nur bei Johannes Kahrs durchgeführt, sondern auch bei dem früheren SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk und einer Steuerbeamtin. Den Angaben nach war Kahrs bis vor seinem Rückzug aus dem Bundestag vor eineinhalb Jahren Sprecher des einflussreichen Seeheimer Kreises der SPD-Fraktion im Parlament gewesen und galt als einer der einflussreichsten Sozialdemokraten Deutschlands.
Nachdem der Bundesgerichtshof im Juli die Cum-Ex-Geschäfte als strafbar erklärte und mit Steuerhinterziehung in Verbindung brachte, geriet auch SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz unter Druck. Im Fall der Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank kam es zu Rückforderungen des Staates in Höhe von 90 Millionen Euro. Kurz nach einem Telefonat von Olaf Scholz und Warburg-Miteigentümer Christian Olearius hatte die Hamburger Finanzbehörde eine Rückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro fallen gelassen, heißt es. Das Geld soll erst nach einem Urteil des Landgerichts Bonn von der Warburg Bank zurückbezahlt worden sein.
Finanzpolitiker De Masi: „Razzia straft Scholz Lügen“
Der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Fabio De Masi, sagte zu den Durchsuchungen in Hamburg: „Die Razzia straft Olaf Scholz Lügen.“ De Masi verweist dabei auf Aussagen von Wolfgang Schmidt, Staatssekretär von Olaf Scholz im Finanzministerium. Dieser habe immer öffentlich behauptet, dass Olaf Scholz durch Aussagen der Hamburger Finanzbeamten entlastet werde. „Nun gibt es eine Razzia bei der zentralen Entlastungszeugin von Olaf Scholz.“ Dasselbe gelte auch für Johannes Kahrs, der immer da sei, „wo Geld stinkt“, so De Masi. „Sein Job war es, Olaf Scholz im Auftrag der Warburg Bank zu lobbyieren.“
Laut dem Linken-Finanzpolitiker rücke daher der Skandal „mit der Razzia an den potenziellen Bundeskanzler heran“. De Masi erinnert an eine von ihm gestellte Anfrage, aus der hervorging, dass Johannes Kahrs, Christian Olearius und Staatssekretär Jörg Kukies auch nach der Warburg-Affäre noch gemeinsam gefrühstückt hätten. Gegenüber Wolfgang Schmidt fragte De Masi nach Untersuchungen des Finanzministeriums „wegen des Vorwurfs der Weiterleitung von Auszügen eines VS-eingestuften Protokolls“. Hinsichtlich der durch Kahrs eingeworbenen Warburg-Spende an die Hamburger SPD forderte De Masi die Rückzahlung. Es sei „schmutziges Geld“.
Die Tagebücher des Olearius
Bei einer früheren Razzia zu den Cum-Ex-Ermittlungen waren den Behörden die Tagebücher von Christian Olearius in die Hände gefallen. Bei der Auswertung stießen die Ermittler auf eine mögliche versuchte Einflussnahme auf die Hamburger Finanzverwaltung, wie die ARD-Nachrichtensendung schreibt. Johannes Kahrs und ein ehemaliger Innensenator sollen Olearius‘ Unterstützung signalisiert haben. Den Aufzeichnungen nach soll der Ex-Innensenator sich dabei für Treffen mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz stark gemacht haben, die dann 2016 auch stattfanden. Kahrs habe bei der Bankenaufsicht BaFin und dem Bundesfinanzministerium vorgefühlt, hieß es in den Aufzeichnungen. Ebenso wird laut „Welt“ erwähnt, dass der Warburg-Chef der SPD auf Bitten Kahrs‘ hin 2017 diverse Parteispenden „gewährte“, wie Olearius schrieb.
Im November 2016 sei es dennoch zu einer Rückforderung der Cum-Ex-Millionen von Warburg durch ein 28-seitiges Schreiben der zuständigen Hamburger Finanzbeamtin gekommen. Wenige Tage später habe sich plötzlich die Rückforderung um 47 Millionen Euro verringert – nach einer Besprechung im Finanzministerium. Olaf Scholz und auch der damalige Finanzsenator und heutige Erste Bürgermeister von Hamburg Peter Tschentscher bestreiten jegliche Einflussnahme.
Die gestoppte Oberstaatsanwältin
Bereits vor einem Jahr sei die nun durchgeführte Razzia bei Kahrs, Pawelczyk, der Hamburger Finanzbehörde und der damals für Warburg zuständigen Steuerbeamtin geplant gewesen. Die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker hatte die Durchsuchungen bei einer Ermittlungsrichterin beantragt. Doch Brorhilker wurde noch im eigenen Hause gestoppt. Aus Sicht der Behördenleitung sei ihr Verdacht zu vage gewesen. Erst als Brorhilker laut dpa beim CDU-geführten Justizministerium in Düsseldorf intervenierte, bekam sie grünes Licht für die Razzia bei den SPD-Politikern und der Hamburger Finanzbehörde.
Die „Welt“ vermutet, dass diese rund ein Jahr verzögerte Cum-Ex-Razzia in Hamburg im beginnenden Bundestagswahlkampf mit hoher Wahrscheinlichkeit für entsprechende Schlagzeilen, Vorwürfe und Debatten gesorgt hätte.
Milliarden-Betrug am Steuerzahler
Doch was ist Cum-Ex eigentlich? 37 Journalisten von 18 Medien aus zwölf Ländern, koordiniert durch das Recherchezentrum „Correctiv“, deckten ein Betrugsgeschäft auf, das sie als den „größten Steuerraub in der Geschichte Europas“ bezeichneten. Der Verlust: 55,8 Milliarden Euro an Steuergeldern – allein 31,8 Milliarden Euro verlor der deutsche Staat. Bei dem Betrug wurde die Kapitalertragsteuer auf Aktien-Dividenden vom Staat zurückverlangt. „Correctiv“ erklärt anhand eines Beispiels mit Kindergeld das Betrugssystem: „Man kann es sich vorstellen wie einen Betrug rund um das Kindergeld. Bei Cum-Cum-Geschäften lassen sich Deutsche, die gar keine Kinder haben, welche aus London schicken, melden sie in Deutschland an und schicken sie ein paar Tage später wieder nach London. Das Kindergeld teilen sie mit den Vermittlungsagenturen. Bei Cum-Ex-Geschäften und deren Varianten werden die Kinder gleich auf mehrere Familien angemeldet. Pro Kind gibt es also mehrfach Kindergeld. Der einzige Unterschied: Bei Betrug mit Aktien geht es jedes Mal um Millionen.“
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