Corona-Politik als Auslöser: Gericht zeigt regierungskritische Videos mit Ex-Bundeswehroberst Eder
Nach gut zwei Dutzend Verhandlungstagen im Frankfurter „Reichsbürger-Prozess“ hat am 22. Oktober der frühere KSK-Führungsoffizier Maximilian Eder im Mittelpunkt gestanden. Wie die „Welt“ berichtet, wurden zum Unmut der Strafverteidiger Videos vorgeführt, die den angeklagten Ex-Bundeswehroberst unter anderem als Redner auf verschiedenen Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen zeigen.
Laut „Welt“ hatte die Bundesanwaltschaft Eders Demo-Worte von einem angeblichen „Menschheitsverbrechen“ und einem „Genozid“ durch die deutsche Corona-Politik sowie dessen Überzeugung, dass im Verborgenen eine pädophile Machtelite die Fäden in der Politik ziehe, als Ausdruck seines Willens „zur Herbeiführung eines Systemsturzes“ interpretiert.
Der ehemalige Offizier gehört zum Kreis jener neun Angeklagten, die sich seit dem 21. Mai dieses Jahres in einer eigens errichteten Leichtbauhalle im Stadtteil Sossenheim vor dem 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verantworten müssen.
Eder soll Umsturzpläne verfolgt haben
Die Klägerseite gehe davon aus, dass Eder und seine Mitstreiter sich um den mutmaßlichen Rädelsführer Heinrich XIII. Prinz Reuß geschart hätten, um das demokratische System der Bundesrepublik nicht mehr nur verbal, sondern mit Waffengewalt zu bekämpfen.
Ein Teil des Plans von Eder und seinen Unterstützern sei es gewesen, gewaltsam in den Bundestag zu gelangen, um Regierungs- und Parlamentsangehörige festzusetzen und so den Umsturz herbeizuführen. Dazu habe es nach Ansicht der Ankläger bereits „konkrete Vorbereitungshandlungen“ gegeben, so die „Welt“. Belege dafür sehe die Klägerseite unter anderem in einem von Eder selbst veröffentlichten Video vom November 2022, in dem der Ex-Oberst gesagt habe:
Unser politisches System kann man zum Wackeln kriegen, wenn ein paar Wenige, Entschlossene, Engagierte, Mutige anpacken. Und das wird alles gewaltfrei und friedlich erfolgen, wenn die Leut’ mitmachen. Am besten selber abdanken, und wenn Den Haag das nicht macht, wird es Nürnberg 2.0 geben.“
Eder habe zudem seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass es in ganz Deutschland Leute gebe, „die das richten werden“. Nach Informationen des Onlineportals „Legal Tribune Online“ (LTO) hatte Eder vor der Kamera auch gesagt, dass es „nicht gegen das System“ gehe, sondern „gegen diejenigen, die das System missbrauchen“. Dazu sei mit einer „zu erneuernden Justiz“ abzurechnen: „Wir werden dieses Dunkeldeutschland, das wir momentan im Namen von Corona erleben, in ein Lichtdeutschland überführen.“
Eder wollte zumindest „ein Zeichen wie bei Stauffenberg“ setzen
In einem weiteren Mitschnitt von einem Reservistentreffen in Bayern hatte Eder laut „Welt“ über seine Anstrengungen für ein „anderes System“ und über einen vermeintlich mächtigen Kinderschänder- und mörderring gesprochen, dessen Spuren nach seinen Erkenntnissen „bis in die höchsten Kreise“ führen würden.
Er kenne Soldaten und Reservisten, die sich mit dem „auskennen“ würden, „was sie machen“ und die bereit seien, ihn auf seinem Weg zu unterstützen. Außerdem erhoffe er sich Solidarität vonseiten der Bundeswehr und der Polizei. „Wenn es nicht gelingt, ist es zumindest ein Zeichen wie bei Stauffenberg“, zitiert die „Welt“ den Ex-Oberst aus dem Video.
Verteidigung erkennt keine „gewaltsame Agitation“
Eder selbst habe daraufhin im Gerichtssaal eingeräumt, zuweilen „bayerisch-deftig“ und in „Bierzeltsprache“ aufgetreten zu sein. Ihm sei es darum gegangen, die Soldaten zum Bürgerschutz zu animieren. Der Angeklagte habe daran erinnert, dass der „Berliner Polizeimob“ während der Corona-Zeit anlasslos und „bewaffnet auf friedliebende Bürger eingeprügelt“ habe.
Roman von Alvensleben, der Rechtsbeistand des Hauptangeklagten Prinz Reuß, habe Eders Aussagen als „kritische Auseinandersetzung“ mit der Politik und als „Beispiel für gelebte Demokratie“ gewertet. Eders Vortrag vor Reservisten zeige aus seiner Sicht laut „Welt“ auch „keinen Ansatz für die Schlussfolgerung gewaltsamer Agitation“. Es handele sich vielmehr um „einen Ausdruck freier Meinungsäußerung in einer bayerischen Linguistik, die auslegungsbedürftig“ sei.
Nach Angaben der LTO habe von Alvensleben argumentiert, schon staatsgefährdendere Videos gesehen zu haben – nämlich solche, in denen das Kalifat ausgerufen worden sei. Andere Verteidiger hätten darauf hingewiesen, dass Eder in mehreren Videos sein Bekenntnis zur Gewaltfreiheit betont habe.
Am Donnerstag, 24. Oktober, soll die Verhandlung nach LTO-Angaben mit der Vernehmung der früheren AfD-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Richterin Birgit Malsack-Winkemann fortgesetzt werden.
„Reichsbürger-Prozesse“ auch in Stuttgart und München
Am Oberlandesgericht in Stuttgart läuft der Prozess gegen neun weitere mutmaßliche Bandenmitglieder, den sogenannten „militärischen Arm“, bereits seit dem 29. April. Der achtköpfige Rest der angeblichen Terrorvereinigung steht seit dem 18. Juni in München vor Gericht. Mit Urteilen ist erst im Laufe des Jahres 2025 zu rechnen.
Die meisten Verdächtigen waren am 7. und 8. Dezember 2022 bei Großrazzien in elf Bundesländern, in Österreich und in Italien festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft hatte erst ein Jahr später Anklage erhoben. Da es sich in allen Fällen überwiegend um ältere Tatverdächtige handelt, hatte im Volksmund schnell das Wort vom „Rentner-“ oder „Rollatorputsch“ die Runde gemacht.
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