Corona-Einsatz in Essen: Acht Polizisten stürmen Privatwohnung wegen Kochabend

Durch die Corona-Maßnahmen werden die Rechte der Bürger massiv eingeschränkt. Es kommt nun auch zu Polizeieinsätzen in den eigenen vier Wänden.
Titelbild
Freunde beim Kochen (Symbolbild).Foto: Istockphoto/Viktoriia Hnatiuk
Von 3. März 2021

In Essen löste eine flapsige Aussage gegenüber Ordnungsamtsmitarbeitern einen Polizeieinsatz in einer Wohnung aus. Mittlerweile mehren sich unverhältnismäßige Einsätze aufgrund mutmaßlicher Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen. Ist die Demokratie in Deutschland in Gefahr?

Im Grundgesetz Art. 13 steht unter anderem: „Die Wohnung ist unverletzlich“ und „Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.“

Offenbar fand die Polizei in Essen, NRW, dass eine solche „Gefahr im Verzuge“ bestand, als sie am Freitagabend (26. Februar) mit acht Einsatzbeamten die Wohnung eines 41-jährigen Diplom-Kaufmanns betraten, wie die „Bild-Zeitung“ in einem Video berichtet. Der Anlass des Polizeibesuchs war ein vermuteter Verstoß gegen die Corona-Verordnung. Der Wohnungsinhaber hatte Besuch von einem Freund zum Kochen und Abendessen. Man habe gequatscht und etwas lauter Musik gehört. Zwei Haushalte in einer Wohnung, kein Verstoß gegen die Corona-Regeln.

Angefangen hatte alles gegen 19:10 Uhr, als der Besucher auf der Terrasse eine Zigarette rauchte und Ordnungsamtsmitarbeiter vorbeikamen. Die Musik hatte diese offenbar angelockt. Ein Taschenlampenstrahl leuchtete durch die Hecke. Ruhestörung und der Verdacht eines Corona-Verstoßes wurden angemahnt. Wenig später standen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes vor der Tür, so die Schilderungen.

Diesen gegenüber hätten die beiden Personen in der Wohnung geäußert, dass sie noch eine zweistellige Personenzahl als Gäste erwarten, geht aus dem Video hervor. Vermutlich aufgrund dieser Aussage stand 30 Minuten später die Polizei vor der Tür, denn in der NRW-Coronaverordnung ist unter §2 (1) aufgeführt: „Partys und vergleichbare Feiern sind generell untersagt.“

Wir waren absolut beklemmt und schockiert, dass sowas in Deutschland passiert. Wir haben einen Rechtsstaat und keinen Polizeistaat,“ sagte Marcel G. aus Essen.

Der Wohnungsinhaber filmte das Geschehen.

Hundertschaft für Kontrollen abgestellt

In einer Pressemitteilung unter dem Titel „Mutmaßliche Ruhestörer verweigern Personalien und beleidigen Beamte“ erklärte die Polizei Essen ihre Sicht der Dinge: Demnach hatten zwei Beamte des Ordnungsdienstes routinemäßig den Friedhof Werden bestreift und dort laute Musik gehört. Die Quelle war schnell in einem Wohnhaus ausgemacht, wohin die beiden Beamten zur Kontrolle anrückten, „ob dort gegen die Coronaschutzverordnung verstoßen wird“.

An der Haustür trafen die Ordnungsamtsmitarbeiter zwei Männer, die „ihre Personalien nicht preisgeben wollten“. Zudem hätten sie, wie schon oben berichtet, weiteren zweistelligen Besuch angekündigt und die Tür zugeschlagen.

Das Ordnungsamt ging deshalb davon aus, dass in dem Haus eine größere Anzahl von Menschen zu einer Feier zusammengekommen sei und damit ein Verstoß gegen die Coronaschutzverordnung vorliege – und teilte der Polizei genau dies mit,“ heißt es in dem Polizeibericht vom 1. März.

Der Alarm wurde weitergeleitet: „Die Leitstelle verständigte daraufhin Kräfte der Hundertschaft, die bereits seit Monaten die Stadt bei den Kontrollen hinsichtlich der Coronaschutzverordnung unterstützt“, erklärte Polizeisprecherin Sylvia Czapiewski. Diese klingelten und klopften mehrfach, bis ihnen schließlich, aber erst nach geraumer Zeit, geöffnet wurde.

Anzeige: Beamte als „rechtsextreme Polizisten“ bezeichnet

Außer den beiden augenscheinlich leicht alkoholisierten Männern wurden keine Personen festgestellt, wird weiter berichtet. Die Männer hätten auch den Polizeibeamten gegenüber die Preisgabe ihrer Identität verweigert. Offensichtlich um Deeskalation bemüht entschieden die Beamten, als mildeste Maßnahme, wie es heißt, die Geldbörsen der Männer nach Ausweispapieren zu durchsuchen und damit deren Identität festzustellen.

Der 41-jährige Wohnungsinhaber hatte den Einsatz offenbar mit dem Smartphone gefilmt und angekündigt, das Video in den sozialen Medien zu verbreiten. Diesbezüglich sei er durch die Beamten auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden. „Als die Beamten das Haus verlassen hatten, beleidigte der 41-Jährige sie unter anderem als rechtsextreme Polizisten“, so Polizeisprecherin Czapiewski. Es wurde Strafantrag wegen Beleidigung gestellt.

„Verirrt ins Dunkle“ – Demokratie in Gefahr?

Allerdings könnte im weiteren Verlauf der Pandemie die Kontrolle über die Verhältnismäßigkeit polizeilicher Einsätze bezüglich der Corona-Verordnungen entgleiten, was jüngste Beispiele belegen. Auch RTL West-Kommentator Jörg Zajonc legt den Finger in die Wunde der verletzten Demokratie in Deutschland:

Es reicht. Es ist höchste Zeit für Vernunft, für Augenmaß, für Verhältnismäßigkeit – kurz: gesunden Menschenverstand. Stattdessen: Masken auf der Promenade, Stehenbleiben verboten, Freunde treffen unerwünscht – auch zu Hause, Überwachung per Hubschrauber und Parkpatrouille und Jagd auf Jugendliche, die sich umarmen. Wie weit sind wir nur gekommen?“

Im Februar schrieb die „Tagespost“: „‚Great Reset‘, Verschwörungen, Corona-Razzia, Willkür, Kanzlerrunde, Lockdown und Ausgangssperre sowie Bußgelder sind Schlagwörter, die derzeit die gesellschaftliche Debatte befeuern.“ Doch nicht eine geheime Weltverschwörung oder die Bosheit globalistischer Eliten würden unseren Rechtsstaat bedrohen, heißt es, sondern „der Verfall des Rechtsbewusstseins durch politisches Chaos, Gesetzesflut und Verunsicherung“. Die „Tagespost“ fragte: „Bringt die Pandemie den demokratischen Rechtsstaat in Gefahr?“ Es sei Aufgabe des Rechts, Ordnung ins Chaos zu bringen und Gerechtigkeit statt Willkür walten zu lassen. Doch Corona habe alles auf den Kopf gestellt und die Rechtssetzung stifte immer schneller Chaos und Willkür, so die überregionale katholische Wochenzeitung.

Keine Kontaktbeschränkungen in Wohnungen

Bereits im Oktober forderte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD und Epidemiologe Prof. Dr. Karl Lauterbach, ein Hardliner der Corona-Maßnahmen, in der „Rheinischen Post“ angesichts steigender Infektionszahlen Kontrollen in privaten Räumen: „Die Unverletzbarkeit der Wohnung darf kein Argument mehr für ausbleibende Kontrollen sein“, so Lauterbach.

Dennoch gibt es außer den Einschränkungen für Partys und Feiern für den privaten Raum keine rechtlich verpflichtenden Beschränkungen, wie der WDR nach Angaben des Rechtswissenschaftlers Professor Sebastian Kluckert von der Uni Wuppertal bereits am 8. Januar berichtete.

Kluckert sagte: „In der Tat ist der Appell aus der Politik, sich auch zu Hause an die Kontaktbeschränkungen zu halten, rechtlich nicht verpflichtend. Wo für den privaten Raum gar keine Kontaktbeschränkungen gelten, scheidet von vornherein eine behördliche Kontrolle aus.“ Er erinnerte daran, dass wohnungsbezogene Kontaktbeschränkungen „gewichtige Grundrechtseingriffe“ darstellen und das Persönlichkeitsrecht berühren. Zudem müsse die Politik bei Einschränkungen immer beachten, ob es für die Maßnahmen in der Bevölkerung Akzeptanz gebe, so der Rechtsprofessor.

Hinweis der Redaktion: Ein Unterschied in der gültigen Coronaverordnung vom 22. Februar zu der vom 7. Januar besteht in diesem Punkt nicht und damit auch nicht für den eingangs geschilderten Fall in Essen.



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