Corona-Demos: Verfahren wegen mutmaßlicher Polizeigewalt eingestellt

Zwei Verfahren wegen mutmaßlicher Körperverletzung im Amt gegen Corona-Demonstranten durch einen Berliner Polizisten wurden gegen Zahlung von 6.000 Euro eingestellt. Der Verteidiger von einem der Geschädigten bezeichnet dies als Skandal und sieht eine „Gesinnungsjustiz“.
Titelbild
Corona-Demonstration. (Symbolbild)Foto: Yann Schreiber/AFP via Getty Images
Von 8. November 2024

Während der Corona-Krise sorgte der damalige UN-Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Nils Melzer, mit einer Intervention für Aufsehen.

Er äußerte im April 2022 scharfe Kritik am Umgang der deutschen Behörden bei Fällen von Polizeigewalt gegen Demonstranten, die gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen protestierten.

Auslöser waren mehrere Videos vom Sommer 2021, die bei Corona-Demonstrationen in Berlin offenbar Polizeigewalt zeigten.

Er bat die Bundesregierung, aber auch den Berliner Senat um eine Stellungnahme.

Während Demonstranten teils in Schnellverfahren abgeurteilt würden, würden Verfahren gegen Polizisten eingestellt oder verschleppt, „bis niemand mehr hinschaut.

Die Wahrnehmung der Behörden, was verhältnismäßig sei, sei verzerrt, so Melzer. Er bezeichnete dies als „Systemversagen“. Sein Fazit lautete: „Die Überwachung der Polizei funktioniert in Deutschland nicht.“ Das zerstöre das Vertrauen der Bürger in die Polizei.

Einstellung des Verfahrens für 6.000 Euro

Das Verfahren gegen einen der Polizisten, die damals durch ihr Verhalten für Aufsehen sorgten, ist nun durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin gegen 6.000 Euro Geldauflage eingestellt worden. Dabei ging es um zwei Handlungen des Berliner Polizisten Dominic H. (35) vom April 2021.

Am 31. Oktober stand der Polizist wegen des Vorwurfes der gefährlichen Körperverletzung und Körperverletzung im Amt in zwei Fällen, die zu einem Verfahren zusammengefasst wurden, vor dem Berliner Amtsgericht Tiergarten.

Der Strafrahmen dafür umfasst eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Entscheidend für das Strafmaß ist dabei die Schwere der Verletzungen und weitere Auswirkungen, zu denen auch psychische Beeinträchtigungen zählen, die der Verletzte erlitten hat. Die Staatsanwaltschaft ist der Hauptkläger in dem Verfahren.

Zwei Fälle – ein Polizist

In dem einen Fall geht es dabei um einen Polizeieinsatz am 21. April 2021 auf der gegenüberliegenden Seite des Holocaust-Mahnmals in Berlin am Rande des Tiergartens.

Dominic H. war damals Zugführer einer siebenköpfigen Gruppe von Polizisten. Kurz vor dem Vorfall wurde eine große Corona-Demonstration durch die Polizei aufgelöst.

Der Hamburger Peter K. (67) war mit seiner Freundin und einer kleinen Gruppe weiterer Corona-Demonstranten zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor unterwegs.

Nach eigenen Angaben war ihm zu dem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die Demonstration bereits durch die Polizei aufgelöst worden war.

Die Demonstranten stießen dann auf die von Dominic H. gegenüber dem Holocaust-Mahnmal geführte Gruppe von Polizisten.

Ein Video zeigt, wie Dominic H. dem damals schon schwerbehinderten Rentner Peter K. unvermittelt mit einer Reizgasflasche ins Gesicht schlägt und ihm dann damit ins Gesicht sprüht.

Dann ist zu sehen, wie Peter K. zu Boden geht und krampfartig zuckt.

Nur zögerlich wird seitens der Polizei, nachdem sich bereits andere Versammlungsteilnehmer um ihn gekümmert hatten, Erste Hilfe geleistet. Schließlich wurde er dem Notdienst übergeben.

Peter K. wurde mittlerweile in den Pflegegrad 3 hochgestuft, da er kein selbstbestimmtes Leben mehr führen kann.

Dies berichtet sein Vertreter im Nebenklägerverfahren, Rechtsanwalt Stefan Koslowski aus Frankfurt an der Oder, gegenüber Epoch Times. Für ihn stand auch der Vorwurf der schweren Körperverletzung im Raum.

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„Das ist ein Verbrechen, das mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird und nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich des Einzelrichters am Amtsgericht fällt“, so Koslowski.

Doch das zur Feststellung beantragte Gutachten dazu lehnte das Gericht ab. Es sah keinen direkten Zusammenhang zwischen dem jetzigen gesundheitlichen Zustand des Geschädigten und der Attacke des Polizisten.

Daher blieb es bei einer Verhandlung vor einem Einzelrichter am Amtsgericht Tiergarten.

Der zweite Fall

In dem anderen Fall zeigt ein Video von einer Corona-Demonstration in Berlin am 1. August 2021, wie sich der Polizist Dominic H. auf einen auf dem Bauch liegenden Versammlungsteilnehmer setzt und auf ihn einschlägt.

Letztlich stoppt ein Polizeikollege Dominic H. und drängt ihn, sich zu entfernen. Es ist zu sehen, wie der Demonstrant blutend auf dem Boden liegt.

An der Rückennummer ist der Polizist Dominic H. zu identifizieren.

🚨 BERLINER PRÜGEL-POLIZIST ZU 6000 EURO GELDSTRAFE VERURTEILT

➡️ Der Polizeibeamte Dominik H. wurde am 31.10.2024, vom Landgericht Berlin zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt.

H. hatte am 21.04.2021 während einer Grundrechte-Demonstration in Berlin ohne ersichtlichen… pic.twitter.com/5I1IWuZFDC

— InaB (@ina_brell) November 2, 2024

Der Geschädigte in dem Fall tritt nicht als Nebenkläger auf und kann keine Ansprüche geltend machen.

Geschädigter von Polizisten angezeigt

Bei einem ersten Verhandlungstermin im März 2023 vor dem Amtsgericht Tiergarten erklärte der Geschädigte Peter K. gegenüber Epoch Times, dass er vielleicht ohne den Videobeweis durch einen anderen Versammlungsteilnehmer selbst vor Gericht stehen würde.

„Ich wurde wegen eines tätlichen Angriffs gegen einen Vollstreckungsbeamten durch die Polizei angezeigt, berichtete er damals, nach Worten ringend.

Denn der Polizist Dominic H. leitete nach dem Vorfall ein Strafverfahren gegen Peter K. wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ein.

Laut Dominic H. sei Peter K. auf ihn zugegangen und hätte ihn festgehalten. Dieses bezweifelt Koslowski.

Seit dem Jahr 2015 leide sein Mandant deutlich sichtbar an einer schweren Arthritis in den Händen. Dies mache es ihm unmöglich, mit einer Hand ein Glas, geschweige denn einen Polizisten festzuhalten oder anzugreifen, erklärt Koslowski der Epoch Times.

Deshalb habe er auch eine Haushaltshilfe. Als Nachweis legte Koslowski dazu ein ärztliches Attest vor, das in der Gerichtsverhandlung verlesen wurde.

Zudem sei im Video nichts davon zu sehen, so der Rechtsanwalt gegenüber Epoch Times weiter.

Der Nebenklägervertreter Rechtsanwalt Stefan Koslowski (l.) und Peter K. im März 2023. Foto: Epoch Times

Verteidigeranwalt sieht keinen epileptischen Anfall

Der im Video offensichtlich zu sehende epileptische Anfall des Geschädigten wurde durch den gegnerischen Anwalt bezweifelt, berichtet Koslowski.

Vor Gericht habe Dominic H. zudem erklärt, dass er den Auftrag hatte, die Corona-Demonstranten mithilfe einer „Polizeikette“ zu hindern, zum Holocaust-Mahnmal in Berlin-Mitte zu gelangen, so der Jurist weiter.

Der Aufforderung des angeklagten Zugführers mit den Worten „Zurück!“ konnte Peter K. aufgrund seiner Behinderung nicht schnell genug Folge leisten, erklärt der Rechtsanwalt.

Denn infolge des Lärms konnte sein Mandant die Aufforderung auch nicht sicher zuordnen, von wo sie kam oder an wen sie gerichtet war.

Videovorführung im Gerichtssaal

„Mein Mandant hat nichts zur Eskalation beigetragen. Er stand mit erhobenen Händen da, so Koslowski.

Es sei eine friedfertige Geste, eine Geste der Kapitulation, die man nicht als Angriff werten könne, so der Jurist gegenüber der Epoch Times.

Beide Videos, die den Polizisten Dominic H. in der Gewaltanwendung gegen Corona-Demonstranten darstellen, wurden am 31. Oktober im Gerichtssaal am Amtsgericht Tiergarten dem Vorsitzenden Richter Andreas Lascheit gezeigt.

Entscheidung nicht anfechtbar

Trotz der Beweislage bot der Richter der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten an, das Verfahren, gegen Zahlung in Höhe von 1.000 Euro an den Geschädigten und 3.000 Euro an die Landeskasse einzustellen.

Später nach Verhandlungen zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und den Verteidigern von Dominic H. erhöhte der Richter das Angebot auf 3.000 Euro an den Geschädigten, womit eine Gesamtsumme von 6.000 Euro entstand.

Der Richter bezog sich bei seiner Entscheidung auf den Paragrafen 153a Absatz 2 der Strafprozessordnung.

In diesem Fall gibt es nach Zahlung einer Geldauflage durch den Angeklagten eine Verfahrenseinstellung ohne Urteil – also ohne eine Entscheidung über Schuld oder Unschuld. Daher gilt die Unschuldsvermutung gegen den Angeklagten weiter, wie das Gericht gegenüber Epoch Times erklärte.

Begründen muss der Richter in solch einem Fall seine unanfechtbare Entscheidung nicht.

Richter lehnt weitere Zeugen ab

Für Rechtsanwalt Koslowski ist die Verfahrenseinstellung ein „Skandal“. Seinen Mandanten Peter K. belaste das Ereignis bis heute psychisch und die richterliche Entscheidung habe ihn schwer getroffen.

Denn Koslowski hatte dem Gericht angekündigt, bereits schriftlich vorbereitete Beweisanträge zur Anhörung von Zeugen zu stellen. Doch ohne über die Anträge zu entscheiden, bot der Richter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger von Dominic H. die vorläufige Einstellung des Verfahrens an.

Dies geschah gegen den Willen des Nebenklägers Peter K. und seines Anwalts.

Koslowski wollte den Leiter der Ermittlungen gegen Dominic H. vor Gericht anhören lassen. Dieser hat die Beweisvideos ausgewertet und dazu einen Vermerk angefertigt.

Zudem wollte Koslowski als Nebenklägervertreter einen weiteren Zeugen vorladen. Dieser ist einer von zwei Zeugen, die sich am 21. April in der Nähe von Peter K. befanden und gehört haben sollen, wie Peter K.s Freundin in Richtung von Dominic H. vor dessen Attacke gerufen hat: „Lass meinen Mann in Ruhe, der ist behindert.“

Für Koslowski hätte dies dem Fall, wenn es sich bestätigt hätte, eine andere Dimension gegeben.

Anwalt sieht „Gesinnungsjustiz

Aufgrund der Nichtbeachtung seiner angekündigten Beweisanträge und der Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage trotz der Videobeweise sieht Koslowski eine „Gesinnungsjustiz.

„Teile des staatlichen Machtapparates wurden während der Corona-Zeit immer fanatischer und haben sich vom Recht gelöst“, so der Rechtsanwalt.

Während Staatsanwaltschaften die Einstellung von Verfahren gegen Corona-Maßnahmenkritikern aufgrund geringfügiger Delikte und eine Geldauflage oft ablehnen, gelte dies für Polizisten wie Dominic H. nicht, wo Polizeigewalt offensichtlich sei, so Koslowski zu Epoch Times.

Beide, sowohl der Jurist als auch Peter K., fühlen sich nach der Entscheidung des Gerichts ohnmächtig, da es kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung gibt, so Koslowski.

Sein Mandant behält es sich vor, ein zivilrechtliches Verfahren anzustrengen.



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