Corona-Akten jahrelang unter Verschluss: Wer wusste was über den Virus-Ursprung?

Der Bundesnachrichtendienst hielt es schon im ersten Pandemiejahr für wahrscheinlich, dass ein Laborunfall im chinesischen Wuhan die Ursache der weltweiten Corona-Pandemie gewesen ist. Das Kanzleramt hält den BND-Bericht bis heute unter Verschluss. Ein Expertenteam prüft seit Ende 2024 die Validität. Dazu gehört auch der Virologe Christian Drosten.
Christian Drosten in der Bundespressekonferenz. (Archivbild)
Christian Drosten in der Bundespressekonferenz. (Archivbild)Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times12. März 2025

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Der Bundesnachrichtendienst (BND) hält es Medienberichten zufolge für wahrscheinlich, dass ein Laborunfall im chinesischen Wuhan die Ursache der weltweiten Corona-Pandemie gewesen ist. Zu dieser Bewertung sei der deutsche Geheimdienst bereits im Jahr 2020 gekommen, berichten dieZeit“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Grundlage waren demnach neben einer Analyse öffentlicher Daten vor allem Material, das im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Operation mit dem Codenamen „Saaremaa“ beschafft wurde.

Dabei handelt es sich unter anderem um wissenschaftliche Daten aus chinesischen Forschungseinrichtungen, darunter auch eine der führenden chinesischen Einrichtungen für Virenforschung. Neben Hinweisen auf riskante sogenannte „Gain-of-Function“-Experimente, der künstlichen Veränderung von in der Natur vorkommenden Viren, soll das Material auch zahlreiche Verstöße gegen Vorschriften für die Laborsicherheit nachweisen.

Kanzleramt wusste Bescheid

Den Auftrag, die Herkunft des neuartigen SARS-CoV-2-Virus zu untersuchen, hatte das Kanzleramt erteilt. Noch in der Regierungszeit von Angela Merkel (CDU) unterrichtete BND-Präsident Bruno Kahl persönlich das Kanzleramt über die nachrichtendienstliche Operation und die Bewertung des Dienstes. Die Laborthese wurde dem Bericht zufolge mit einer Wahrscheinlichkeit von „80–95“ Prozent bewertet.

Das Kanzleramt soll demnach allerdings entschieden haben, die brisante Einschätzung unter Verschluss zu halten. Merkel wollte sich auf Anfrage der Medien nicht dazu äußern, ob sie von dem Vorgang Kenntnis erhielt. Der damalige Kanzleramtsminister Helge Braun und der für die Nachrichtendienste zuständige Staatssekretär Johannes Geismann wollten sich demnach ebenfalls nicht äußern.

Studie der Uni Hamburg kam 2021 zu ähnlichem Ergebnis

Unabhängig vom BND-Bericht kam Anfang 2021 eine Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie von Roland Wiesendanger zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Hamburger Professor für Physik erklärte, „dass sowohl die Zahl als auch die Qualität der Indizien für einen Laborunfall am Virologischen Institut der Stadt Wuhan als Ursache der gegenwärtigen Pandemie sprechen“.

Wiesendanger wollte damals eine „breit angelegte Diskussion anregen, insbesondere im Hinblick auf die ethischen Aspekte der sogenannten ‚Gain-of-function‘-Forschung, welche Krankheitserreger für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher macht“.

Doch es folgte eine breit angelegte Diffamierungs- und Zensurkampagne gegen den Professor und so ziemlich jeden, der Hinweise zur „lab leak-Theorie“ hervorbrachte. So schreibt der ehemalige „Tagesschau“-Redakteur Alexander Teske auf X, er habe Wiesendanger 2021 zum Interview eingeladen, doch es habe einen Proteststurm gegeben. Es hieß, er sei ein Schwurbler und Verschwörungstheoretiker. Stattdessen sei der Faktenfinder der ARD beauftragt worden, das Gegenteil von Wiesendanger zu behaupten und seine Arbeit in Zweifel zu ziehen.

Vor kurzem hat Professor Wiesendanger in der Epoch Times seinen Appell zum Stop der ‚Gain-of-function‘-Forschung erneuert.

Drosten und Schade überprüfen BND-Erkenntnisse

Direkt nach dem Regierungswechsel von Merkel zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll Kahl das Kanzleramt erneut informiert haben. Das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages wurde hingegen nicht unterrichtet, ebenso wenig wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Ende vergangenen Jahres entschied die Bundesregierung, externe Experten mit der Überprüfung der BND-Erkenntnisse zu beauftragen. Zu der Gruppe gehören der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lars Schade, und der Berliner Virologe Christian Drosten. Ein abschließendes Ergebnis liegt noch nicht vor.

Focus-Schlagzeile vom 13. Mai 2020: „Kompletter Unsinn“: Drosten widerlegt Labor-Theorie und bügelt Nobelpreisträger nieder. Foto: Bildschirmfoto focus.de

Vertuschung des Laborursprungs?

Mit Drosten hat das Kanzleramt einen Hauptakteur beauftragt, der laut Wiesendanger an „einer für die Wissenschaft bislang einmaligen Vertuschungsaktion des Laborursprungs von SARS-CoV-2“ beteiligt gewesen ist.

Es geht dabei um das „Proximal Origin“-Papier, das Anthony Fauci, der damalige Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), 2022 in Auftrag gegeben hat. Es wurde zu einem der meistzitierten wissenschaftlichen Dokumente aller Zeiten und diente Fauci und den Medien als Beweis, dass das Corona-Virus SARS-Cov-2 aus der Natur stammt.

Die fünf Autoren, laut Fauci „hoch qualifizierte Evolutionsvirologen“, befanden sich im Vorfeld der Veröffentlichung im Austausch mit weiteren Wissenschaftlern, darunter auch Drosten.

Kommunikation in den USA freigeklagt

Ihre interne Diskussion wurde durch mehrere Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz erwirkt. Aus dem Austausch der Wissenschaftler wird ersichtlich, dass sie starke Argumente für die Laborthese ins Spiel brachten, die im „Proximal Origin“-Papier nicht mehr auftauchen. So schrieb Hauptautor Kristian Andersen vom Scripps-Research-Institut in einer Nachricht an seine Mitautoren:

Das Hauptproblem ist, dass ein versehentliches Entweichen in der Tat sehr wahrscheinlich ist – es ist keine Randtheorie.“

„Eddie würde 60:40 auf der Laborseite stehen“, schrieb Jeremy Farrar, damals Direktor des Wellcome Trust und seit 2023 Chefwissenschaftler der WHO. Gemeint war die Überzeugung von „Proximal Origin“-Mitautor Edward Holmes. Über sich selbst schrieb Farrar am 4. Februar 2020:

Ich bleibe bei 50:50.“

Wissenschaftler sind sich nicht einig

Die investigative Plattform „The Intercept“, die Teile der Kommunikation freigeklagt hat, berichtet in einem Artikel von 2023 ausführlich über den Austausch der Wissenschaftler. Daraus wird ersichtlich, dass „Proximal Origin“-Hauptautor Andersen am 8. Februar 2020 einer öffentlichen Stellungnahme der Wissenschaftler noch kritisch gegenüberstand: „Was die Veröffentlichung dieses Dokuments in einer Zeitschrift angeht, so bin ich derzeit nicht dafür. Ich glaube, dass die Veröffentlichung eines Dokuments mit offenem Ende in diesem Stadium nach hinten losgehen könnte.“

Was im folgenden Monat zu einer Änderung der Sichtweise der Wissenschaftler geführt hat, ist in der freigelegten Kommunikation nicht dokumentiert.

Labortheorie fallen gelassen

Die Haltung von Drosten wird an folgenden Aussagen einer E-Mail von Drosten an seine Kollegen deutlich:

Kann mir jemand bei einer Frage helfen: Haben wir uns nicht versammelt, um eine bestimmte Theorie infrage zu stellen und sie, wenn möglich, fallen zu lassen?“

Und weiter Bezug nehmend auf die Labortheorie: „Wer hat sich diese Geschichte ursprünglich ausgedacht? […] Arbeiten wir daran, unsere eigene Verschwörungstheorie zu entlarven?“

Am 17. März wurde das „Proximal Origin“-Papier vom Wissenschaftsjournal „Nature“ zur Veröffentlichung freigegeben.

Drosten: Natürlicher Ursprung immer noch wahrscheinlich

Mittlerweile hat Drosten seine deutliche Position zum natürlichen Ursprung des Coronavirus geändert. In einem Interview mit der „taz“ vom 24. Januar 2025 erklärte er:

„Die Vehemenz wurde mir vielleicht nachgesagt, aber so war das nie. Ich habe einfach das wiedergegeben, was wir in meinem Wissenschaftsfach wissen. Und ich muss auch darauf hinweisen, dass sich die Datenlage seit 2020 weiterentwickelt hat und meine Bewertung ebenso.“

Trotzdem hält der Virologe einen natürlichen Ursprung immer noch für wahrscheinlich. Und er fügt hinzu: „Das nehmen auch fast alle Wissenschaftler an, die mit dem Thema befasst sind.“ (dts/red)



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