„Compact“-Chef als Stargast auf AfD-Landesparteitag – Partei wird weiterhin Direktkandidaten aufstellen

Der Landesparteitag der AfD in Sachsen-Anhalt hat den Bundestagsabgeordneten Martin Reichardt mit 84,83 Prozent als Landesvorsitzenden bestätigt. „Compact“-Gründer Jürgen Elsässer erhielt für seine Rede stehenden Applaus. Ein umstrittener Antrag zum Bundestagsantritt wurde zurückgezogen.
Bleibt Landesvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt: Martin Reichardt.
Bleibt Landesvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt: Martin Reichardt.Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Von 18. August 2024

In Magdeburg hat am Samstag, 17. August, der zweitägige Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt begonnen. Neben einer Neuwahl des Landesvorstands steht auch die Bestimmung der Landesliste für die Bundestagswahl auf der Tagesordnung.

Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft den Verband seit November 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Auch wurde er seit seiner Gründung mehrfach von massiven internen Konflikten heimgesucht. Dennoch zählt Sachsen-Anhalt zu den politisch erfolgreichsten Landesverbänden in der Partei. Bei den jüngsten Kommunalwahlen wurde die AfD in Sachsen-Anhalt mit 28,1 Prozent landesweit stärkste Kraft – dabei allerdings so stark, dass sie 120 Mandate mehr erringen konnte, als sie Kandidaten hatte. Allein im Stadtrat von Bernburg bleiben deshalb beispielsweise sechs von 40 Sitzen unbesetzt.

AfD-Vorstand auf Kriegsfuß mit dem Direktmandat

Bereits im Vorfeld des Parteitages war eine kontroverse Debatte ausgebrochen. Der Landesvorstand sympathisierte offen mit der Idee, zur Bundestagswahl ausschließlich mit einer Landesliste anzutreten. Dies, obwohl Umfragen der AfD in mehreren Stimmkreisen reelle Chancen auf einen Gewinn des Direktmandats einräumen – und Listenmandate gemeinhin eher mit Parteieinfluss als mit Bürgernähe in Verbindung gebracht werden.

Derzeit ist die AfD in Sachsen-Anhalt mit vier Abgeordneten im Bundestag vertreten, von denen einer mittlerweile der Fraktion nicht mehr angehört. Zwei von diesen errangen Direktmandate, zwei zogen über die Landesliste ins Parlament ein. Schon jetzt weist das von rückläufiger Bevölkerungsentwicklung gekennzeichnete Bundesland nur 18 Sitze auf. Zur Bundestagswahl 2025 wird der Stimmkreis Anhalt aufgelöst und es werden nur noch neun Wahlkreise vorhanden sein.

Offenbar in der Erwartung, dass Listenkandidaten im nächsten Jahr möglicherweise gar nicht zur Geltung kommen würden, stellte sich der Landesvorstand hinter die Initiative. Initiator Hans-Thomas Tillschneider und vier weitere Unterstützer zogen ihren Antrag jedoch nach einer Intervention vonseiten der Bundesspitze wieder zurück.

Eigene Umfrage der Landtagsfraktion: Wahlkreismandate als überflüssig empfunden

Tillschneider erklärte, er wolle „keine Zerreißprobe“ in der Partei riskieren. Wie der Fraktionschef im Stadtrat von Magdeburg, Ronny Kumpf, gegenüber der Epoch Times äußerte, hätte der Antrag mit einer Mehrheit rechnen können.

Kumpf erklärte, in der Vergangenheit hätten „Mitglieder ein Direktmandat erhalten, obwohl sie nur von einer Handvoll Mitglieder aufgestellt wurden, und davon waren 80 Prozent die eigene Familie“. Zudem wies er auf eine Umfrage hin, wonach 62 Prozent der Bürger Sachsen-Anhalts einen Erststimmenverzicht als Teil einer „Demokratiereform“ begrüßen würden. Die Umfrage hatte die Fraktion selbst in Auftrag gegeben.

Tillschneider, 2016 im Wahlkreis Bad Dürrenberg-Saalekreis direkt in den Landtag gewählt, hatte im Vorfeld gegenüber „Bild“ argumentiert, die meisten Bürger verstünden das Wahlsystem aus Erst- und Zweitstimme nicht. Zudem sei die „regionale Verwurzelung“ der Erststimmen-Kandidaten der AfD, die als Argument für Erststimmenwahlkämpfe herangezogen werde, ein „Phantom“.

Tatsächlich wurden beispielsweise bei den Landtagswahlen 2016 Kandidatinnen wie die später ausgetretene Sarah Sauermann im Wahlkreis Bernburg direkt gewählt – obwohl sie dort nicht einmal wohnte und völlig unbekannt war. Ihr aussichtsreichster Gegenkandidat war der regional stark präsente Museumsdirektor und langjährige CDU-Abgeordnete Jürgen Weigelt.

Kampfabstimmung um Posten des Generalsekretärs

Bei den Vorstandswahlen wurde der Bundestagsabgeordnete Martin Reichardt mit 84,83 Prozent als Landesvorsitzender bestätigt. Bei der Wahl zum Generalsekretär setzte sich der zweite Bundestagsabgeordnete der Partei, Jan Wenzel Schmidt, in einer Kampfabstimmung gegen Daniel Roi durch.

Schmidt musste sich in der Vergangenheit Vorwürfe mangelnder Distanz zur als rechtsextremistisch eingestuften „Identitären Bewegung“ gefallen lassen. Dennoch setzte er sich mit 53 zu 46 Prozent gegen den Bitterfelder Lokalmatador durch, dem innerhalb des Verbandes intrigantes Verhalten angelastet wird.

Tillschneider wurde in seinem Amt als Vizechef bestätigt, sein Ergebnis blieb mit 59 Prozent jedoch durchwachsen. Mit mehr als 94 Prozent wurde demgegenüber Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund als Beisitzer bestätigt. Der Politiker, der als Teilnehmer am sogenannten Geheimtreffen in Potsdam bundesweit bekannt wurde, wurde von Hannes Loth, dem Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz, als „künftiger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt“ tituliert.

Elsässer: „AfD kann bald den Ministerpräsidenten stellen“

Stargast des Parteitags war der Herausgeber des am 16. Juli von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbotenen Magazins „Compact“, Jürgen Elsässer. Bereits seit der Ära des ehemaligen Landeschefs André Poggenburg hatten Vertreter der AfD Sachsen-Anhalt und Elsässer eine enge Kooperation gepflegt.

Der „Compact“-Chef erklärte, die Beziehungen zwischen dem Verlag und dem Landesverband seien „sehr herzlich“ und „brüderlich“. Mit Blick auf den jüngsten Teilerfolg im Eilverfahren gegen das Verbot äußerte er, wenn sein Faeser schlagen könne, könne die AfD in Sachsen-Anhalt „in Kürze auch den Ministerpräsidenten stellen“.

Unternehmen warnen vor Streben nach homogener Gesellschaft

Unterdessen haben mehr als 40 Unternehmen in Thüringen und Sachsen im Vorfeld der Landtagswahlen eine Plakataktion gegen Fremdenhass initiiert. Mit Blick auf die hohen Umfragewerte der AfD in beiden Ländern will Vorwerk-Vorstandsmitglied Timm Mittelsten Scheid die erstmals 2019 durchgeführte Kampagne „Made in Germany – Made by Vielfalt“ wiederbeleben.

Es sei „hochgefährlich“, so der Initiator, was sich in Ostdeutschland abzeichne, und schade dem Standort Deutschland. Unternehmen würden der Region fernbleiben, wenn sie den Eindruck hätten, dass fremde Einflüsse unerwünscht seien. Auch würde es für Unternehmen immer schwieriger, Mitarbeiter zu finden. Der Vorwerk-Manager äußerte dazu:

„Wenn wir keine Vielfalt haben, fehlen Einflüsse und Ideen und daraus folgend in der Zukunft neue Technik und neue Produkte.“

Teil der Kampagne sind „Welt am Sonntag“ zufolge auch Unternehmen wie Miele, Oetker, Stihl, Claas, Trigema, Sennheiser und Schüco.



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