Claudia Roth empört über Özil-Kritiker: In so einem Land will ich nicht leben
Die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Die Grünen) gab dem „Deutschlandfunk“ ein Interview, in dem es um die Debatte um Mesut Özil, seinen Rücktritt, die Haltung des DFB, Kanzlerin Angela Merkel und die Berichterstattung durch die Medien ging.
Darin bezeichnet Roth das Foto von Özil mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als „bescheuert“. „Ich habe nicht verstanden, warum seine Manager das zugelassen haben“. Das sei für sie ein politischer Fehler gewesen, den man kritisieren müsse. Allerdings sieht sie darin keinen Ausdruck von mangelnder Integration.
„Wir sollten aufhören, über bescheuerte Fotos, die man kritisieren kann, zu diskutieren, dann aber, bitte schön, politisch und nicht über Integration dabei zu reden, sondern wir sollten darüber reden, was er auch schreibt, dass er sich nicht mehr dazugehörig fühlt“, so die Bundestagsabgeordnete.
Roth: „DFB hat sich nicht vor die Spieler gestellt“
Der DFB habe für Roth in der ganzen Sache eine „grobe und unglückliche Rolle“ gespielt und müsse sich nun neu aufstellen. „Mit Verlaub, wer hat etwas zu Matthäus gesagt? Ist Matthäus auch nicht gut integriert, der erzählt, die beste Weltmeisterschaft überhaupt hat Putin gemacht, der Putin-Bilder macht? Was sind denn das für Maßstäbe?“, so Roth im Interview mit dem „Deutschlandfunk“.
Der DFB hätte sich nicht vor die Spieler gestellt, die angegriffen worden sind, erklärt Roth. „Da gehört auch ein Boateng, da gehört auch ein Rüdiger dazu. Er hat das nicht gemacht“, so die Grünen-Politikerin weiter.
Roth erklärt, dass eine Frau Merkel auch eine Woche vor einer Wahl in der Türkei Wahlkampf für Herrn Erdogan gemacht hätte. „Man macht dicke Rüstungsgeschäfte und dicke Wirtschaftskooperationen mit der Türkei. Kritik ja, aber deswegen ist er doch trotzdem integriert.“
Roth äußerte dann, dass in Deutschland Juden leben würden die Angst vor dem herrschenden Antisemitismus hätten und Muslime, die Angst vor der Muslimen-Feindlichkeit hätten. Dann zählte die Politikerin den Anti-Ziganismus und den Sexismus auf die auch in unserem Land existieren würden.
Da müsste auch „der größte Sportverband unserer Welt, der größte Sportverband in unserem Land Gesicht zeigen“, so Roth. Er müsste die Stimme erheben und deutlich machen, dass es nicht ausreiche, von Integration zu sprechen, aber Vielfalt nicht zuzulassen. Der DFB müsse verantwortungsvoller mit der Stimmung im Land umgehen, erklärt die Politikerin.
Roth kritisiert „Bild“-Zeitung
Der „Bild“-Zeitung warf Roth vor, eine „Kampagne“ gegen Özil zu fahren. Das sei schlimm. „Ich will nicht in einem Land leben, in dem eine Zeitung morgens erklärt, wer dazugehört und wer nicht,“ sagt sie.
Für Roth ginge es nicht, dass Özil plötzlich nicht mehr dazugehören soll, dass er sogar „verantwortlich“ gemacht würde für das Scheitern der Nationalmannschaft. Das halte Roth für falsch.
Und sie erinnert daran, dass Özil 92-mal für die deutsche Nationalmannschaft gespielt hat und, dass er in den letzten acht Jahren fünfmal Nationalspieler des Jahres war. „Das müsste man Uli Hoeneß vielleicht auch noch mal deutlich machen,“ so Roth.
Roth: Seehofer soll sich äußern
Claudia Roth schlägt im Interview vor, dass Horst Seehofer sich als Heimatminister in die Debatte einmischt und sagt, dass zu Heimat all diejenigen gehören, „die hier bei uns im Land leben“. Für sie gehöre da auch der Gelsenkirchener Mesut Özil dazu. Dieser habe möglicherweise politische Auffassungen, die auch sie nicht teile, „die viele nicht teilen, aber das kann nicht der Maßstab sein, ob jemand dazugehört und ein guter Deutscher ist oder nicht“, so die Bundestagsvizepräsidentin.
Zudem kritisiert Roth, dass „unser Außenminister das Thema Rassismus so abhandelt, als wäre das gar kein Problem – es geht ja um einen in England lebenden Multimillionär -, dann, glaube ich, tickt der auch nicht ganz richtig, sondern dann hat er nicht erkannt, was los ist in diesem Land.“
Zu möglichen Rücktritten innerhalb des DFB sagte sie: „Der DFB, ja, muss seine Hausaufgaben machen, Gesicht zeigen, sich dazu verhalten, und dann werden die sehr wohl entscheiden müssen, wer die richtigen Fähigkeiten hat, diesen großen Sportverband zu führen.“ Und: „Grindel soll jetzt Verantwortung übernehmen und soll gucken, dass das wieder auf den richtigen Weg kommt und vielleicht sogar für Özil ein Abschiedsspiel organisieren“. (er)
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