AfD-Chef Chrupalla: CDU nicht einziger möglicher Koalitionspartner
Die AfD ist am Freitag in Magdeburg zu einem eintägigen Bundesparteitag zusammengekommen. Partei-Vorsitzender Tino Chrupalla appellierte an die rund 600 Delegierten, ihre Geschlossenheit zu wahren. „Was wir damit erreichen können, sehen wir in den Umfragen“, sagte Chrupalla. Er rief dazu auf, „diese Harmonie auch in die nächsten Wahlkämpfe zu tragen“.
Wohin die Reise der AfD in der Europapolitik gehen könnte, zeigte der sachsen-anhaltische Landeschef Martin Reichardt auf. Von diesem Parteitag solle das Signal ausgehen, „Europa wir kommen, um Deutschland zu retten“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Ziel müsse ein Europa souveräner Nationen, ein „Europa der Vaterländer“ sein.
Chrupalla bekräftigt Regierungsanspruch der AfD
Ihre gestiegenen Umfragewerte hat die AfD nach Ansicht Chrupallas auch der neuen „Harmonie“ in der Parteispitze zu verdanken. „Diese Harmonie werden wir auch in die nächsten Wahlkämpfe tragen“, rief er bei der Eröffnung des Parteitages und betonte gleichzeitig seine gute Zusammenarbeit mit der Co-Vorsitzenden Alice Weidel.
Die AfD dürfe sich aber auf den guten Werten nicht ausruhen, mahnte Chrupalla. Er verwies auf die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen und sagte: „Nächstes Jahr können wir in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden.“ Die AfD müsse sich darauf vorbereiten, Regierungsverantwortung zu übernehmen. In bundesweiten Wählerumfragen erreichte die AfD zuletzt Werte zwischen 18 und 22 Prozent.
„Wir sollten aber nicht den Fehler begehen, uns auf die CDU als einzige Koalitionsoption festzulegen“, sagte Chrupalla. Die AfD könne mit jeder Partei Koalitionen eingehen, die bereit sei, „Politik im Interesse der Bürger zu machen“. Lediglich eine Koalition mit den Grünen schloss er aus. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben ihrerseits alle Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen.
Sanktionen gegen Russland: „Mehr Schaden für Deutschland“
Chrupalla warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, dieser habe den Krieg in der Ukraine als Vorwand für den von dessen Partei schon zuvor angestrebten Stopp der Importe von billigem Gas aus Russland benutzt. Die Sanktionen gegen Russland schadeten Deutschland mehr als Russland, fügte Chrupalla hinzu.
In den ersten Stunden ihres Parteitages beschäftigten sich die Delegierten vor allem mit Finanz- und Satzungsfragen. Im Bericht der Rechnungsprüfer ging es unter anderem um die Prüfung von Anzahl und Echtheit der Goldbarren, die sich im Besitz der Partei befinden. Während des Vortrags der Rechnungsprüfer wurde ein Bild eingeblendet, das mehrere Männer zeigt, die um einen Tisch herum sitzen, auf dem zahlreiche Barren liegen.
Kritischer Blick auf EU
Parteichefin Weidel sprach sich vor dem Parteitag für einen Kompetenzrückgang der EU aus. „Wir sind für einen Kompetenzrückbau der EU, die so nicht funktioniert und sich immer weiter aufbläht. Und genau diese Frage wird auf dem Parteitag diskutiert“, sagte die Co-Vorsitzende im ZDF-„Morgenmagazin“. Nur der Nationalstaat sei das „richtige Gefäß für eine Demokratie“, denn nur dort könne „eine gesellschaftliche Debatte geführt werden“.
In Bezug auf die Kandidatenliste für die Europawahl im kommenden Juni rechne man mit deutlich mehr als 100 Bewerbern, heißt es aus Parteikreisen in Magdeburg. Als aussichtsreicher Kandidat für den Spitzenplatz gilt der Europaabgeordnete Maximilian Krah. Die Europawahlversammlung der Partei wird ab Samstag in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt stattfinden. Sie ist für mindestens vier Tage angesetzt und wird am Sonntag unterbrochen bis zum darauffolgenden Freitag.
Mehrheit für Beitritt zur Partei Identität und Demokratie
Einen kleinen Dämpfer gab es in Magdeburg für diejenigen in der AfD, die für einen „Dexit“ – den Austritt Deutschlands aus der EU – plädieren. Die AfD hat nach kontroverser Debatte den Beitritt zur Europapartei „Identität und Demokratie“ (ID) beschlossen. Die knapp 600 Delegierten folgten mit deutlicher Mehrheit einem entsprechenden Antrag des Bundesvorstands.
Dem Beschluss zufolge soll der Beitritt spätestens zum 15. September umgesetzt sein. Weidel argumentierte, die AfD brauche auf europäischer Ebene starke Partner. „Wir wollen in Europa Mehrheiten haben gegen die etablierten Parteien, die sich Europa zur Beute gemacht haben.“
Der Bundesvorstand begründete weiter: Mit dem Beitritt zur ID-Partei enthalte die AfD „Finanzmittel aus dem EU-Haushalt abhängig von der Anzahl der Europaabgeordneten ihrer Mitgliedsparteien“. Ein Beitritt führe „dementsprechend zu einer Mittelerhöhung“. Zum anderen sei die ID-Partei eine „sehr gut geeignete Plattform, um die Vernetzung mit europäischen Schwesterparteien der AfD weiter voranzutreiben“.
Gegner eines ID-Beitritts warnten in der Debatte, die AfD stelle ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel, wenn sie sich „dem schnöden Mammon“ unterwerfe. Der Bundestagsabgeordnete Martin Sichert sagte, ein Beitritt habe Kompromisse mit anderen Mitgliedern der ID-Partei zur Folge.
Am Morgen vor dem Parteitagsgelände wurden die Delegierten von einigen Dutzend Demonstranten begrüßt. Diese trugen Transparente mit der Aufschrift „Omas gegen Rechts“ und riefen: „Nationalismus raus aus den Köpfen.“ (dpa/afp/dl)
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