Chinas Einfluss in Deutschland: Gastwissenschaftler an Uni war Generalmajor der chinesischen Armee

Für die chinesische Armee gehört Deutschland zu den wichtigsten Zielländern für Forschungskooperationen. Deutsche Universitäten sollten allerdings mit chinesischen Militärforschern keine Partnerschaften eingehen, warnt der Autor einer australischen Studie. Eine Zusammenarbeit mit China könnte Menschenrechtsverletzungen fördern oder die nationale Sicherheit gefährden.
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Ein chinesischer Wissenschaftler arbeitet am nationalen Labor für medizinische Genetik Chinas an der Central South University am 19. Juni 2006 in der Stadt Changsha, Provinz Hunan, China.Foto: Guang Niu/Getty Images
Von 26. Februar 2020

In einer Studie von 2018 warnt das australische Institut APSI-Australian Strategic Policy Institute vor einer Zunahme von Forschungskooperationen zwischen chinesischen Militärforschungseinrichtungen mit ihren Wissenschaftlern und ausländischen Universitäten. Deutschland gehörte dabei mit zu den wichtigsten Ländern für die chinesische Armee, was die technologische Forschungsarbeit betrifft.

Diese Strategie des Technologietransfers bezeichnet das chinesische Militär als: „Das Pflücken von Blumen in fremden Ländern zur Herstellung von Honig in China“. Es stelle eine Gefahr für die westliche Gesellschaft dar und gefährde den strategischen Vorteil des Westens, erklärt die Studie.

In der Studie wird an die westlichen Regierungen appelliert, die eigene nationale Sicherheit zu schützen. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass relevante Forschung die Fähigkeiten des chinesischen Militärs nicht verbessert. Anhand der Studie wird deutlich, dass man bisher in Deutschland anscheinend sehr blauäugig mit dem Thema umging.

Gastprofessor war Generalmajor der chinesischen Volksbefreiungsarmee

Berichtet wird in der Studie beispielsweise über den chinesischen Professor Hu, der 2008 Gastwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen war. Was die Hochschule nach Aussage einer Sprecherin im Interview mit der „Welt“ nicht wusste war, dass Hu auch als Generalmajor der chinesischen Volksbefreiungsarmee angehörte.

Für die chinesische Armee forschte Hu, laut der APSI-Studie, an der chinesischen Militär-Universität für Ingenieurwesen der Raketenstreitkräfte (RFEU). Dabei ging es demnach um die Erkennung von Schiffen auf Radarbildern oder um Hyperschallflugkörpern, die Bomben tragen können. Dort leitete Hu auch ein Militärlabor für Raketentests und Steuerungstechnik, so das APSI. Anscheinend hat der gastgebende Professor gewusst, dass Hu an einer Militär-Universität arbeite, aber nicht, dass er Mitglied der chinesischen Armee ist, so die Sprecherin zur „Welt“.

Eine Überprüfung von Hu‘s genauen beruflichen Hintergrund gab es offenbar nicht. Es habe nur die übliche Prüfprozedur im Rahmen des Visumsantrags gegeben. Dies war jedoch nicht der einzige Fall.

Deutschland ist wichtiges Ziel der chinesischen Armee für Forschungskooperationen

So arbeitete ein chinesischer Laserforscher – mithilfe eines chinesischen Regierungsstipendiums – als Gast, mehr als ein Jahr lang am Berliner Max-Born-Institut (MBI). Das Institut betreibt Grundlagenforschung im Bereich Licht und erforscht die Wirkung des Lichts auf Materie.

In China gehört dieser chinesische Laserforscher der China Academy of Engineering Physics (CAEP) an. Diese Forschungseinrichtung ist in China auch für die Entwicklung von Atombomben zuständig.

Eine Untersuchung des ASPI zeigt auf, dass Deutschland 2017 zu den fünf Ländern in Übersee gehörte, die am häufigsten Forschungskooperationen mit der chinesischen Armee eingingen. Diese fünf Länder (USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Deutschland) scheinen das Hauptziel der chinesischen Armee für Forschungskooperationen zu sein.

Bei den Forschungsgebieten geht es meist um „Dual Use“-Forschung. Das ist Technologieforschung, die sowohl für friedliche als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden kann. Der Autor des ASPI-Berichts, Alex Joske empfiehlt, dass die nationalen Gesetzgeber die Regeln für Forschungskooperationen ändern.

So sollten westliche Universitäten keine Partnerschaften mit chinesischen Militärforschern eingehen dürfen, die an „Dual Use“-Forschungsgebieten arbeiten. Joske ist der Ansicht, dass Regierungen und Hochschulen weltweit mehr unternehmen könnten, um sicherzustellen, dass man durch eine Zusammenarbeit mit China nicht zu Menschenrechtsverletzungen beitrage oder die nationale Sicherheit gefährde.

Bundesregierung sensibilisierte betroffene Universitäten

Die Bundesregierung ist mittlerweile gewarnt. Auf eine Kleine Anfrage der Grünen erklärte die Regierung im Juli letzten Jahres, dass besonders betroffene Universitäten sensibilisiert worden wären, notfalls ihre Gesetze, Richtlinien und freiwilligen Kodizes zu stärken. Auch sollten sie die geltenden Regelungen der Exportkontrolle beachten. Für die Exportkontrolle sei auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig.

Das BAFA warnt, dass einige Länder durch eine „missbräuchliche Nutzung wissenschaftlicher Kooperationen“ Kenntnisse erlangen, die in der Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen verwendet würden. Forschungsinstitute und Universitäten sollten „dafür Sorge tragen, dass es nicht zu unerwünschten Abflüssen von Wissen aus Deutschland kommt, das zu militärischen Zwecken eingesetzt werden könnte“.

Auch Frank Pieke, Direktor des Mercator-Instituts für Chinastudien, warnte Ende letzten Jahres vor den Forschungskooperationen mit China. „Wir sollten alle diesbezüglich sehr wachsam sein,“ betonte der Experte im Interview mit der „Welt“. Diese Frage betreffe Deutschlands langfristige militärische Sicherheit. Doch es mangele an Bewusstsein. Es gebe teils keinerlei Monitoring, Richtlinien und Transparenz.



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