Chemnitz: Positivprognose bringt Messertäter von 2018 zurück
Demnächst soll der vom Landgericht Chemnitz zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilte Syrer Alaa S. nach sechseinhalb Jahren Haft vorzeitig entlassen werden. Der Mann war nach Ansicht des Gerichts, wie auch der noch immer flüchtige Iraker Farhad A., für den Tod des Chemnitzers Daniel H. im August 2018 verantwortlich.
Kulturhauptstadt unterm „Nischel“
Derweil ist Chemnitz stolz, zusammen mit Gorica in Slowenien und Gorizia in Italien, Europas Kulturhauptstadt 2025 zu sein. Die Europäische Union will mit dem Programm den kulturellen Reichtum und die Vielfalt in Europa fördern, und auch Chemnitz hat seine Ideen dazu. Unter dem Motto „C the Unseen“ plant die Stadt, ihr Image aufzupolieren und „bislang Ungesehenes und Unentdecktes sichtbar zu machen“.
Derweil fragt der SWR ob ein solches Jahr, eher bestehende Probleme durch kulturelle Highlights verschleiert: „Oder ist das alles nur Artwashing?“
Nichts deutet darauf hin, dass in der Nähe der Hauptbühne der Eröffnungsshow vor mehr als sechs Jahren ein Mensch getötet wurde, was zahlreiche Proteste durch die Straßen der Stadt und ein politisches Beben in Berlin auslöste. Die Hauptbühne wurde um das riesige, aus DDR-Zeiten hinterlassene steinerne Kopfmonument von Karl Marx, den „Urvaters des Kommunismus“, gebaut. Ausgelassenes Tanzen findet vor dem steinernen Blick des „Nischel“ statt, wie der Schädel und Namensgeber der Stadt zu SED-Zeiten volkstümlich hier heißt.
Freiheit dank positiver Sozialprognose
Für die vorzeitige Entlassung des Inhaftierten Alaa S. werden positive Sozial- und Kriminalprognosen angeführt, berichtet die „Sächsische Zeitung“. Die Entscheidung des Landgerichts Chemnitz wurde von der Staatsanwaltschaft akzeptiert. Man gehe davon aus, dass von dem Verurteilten keine Gefährlichkeit ausgehe. Dies hätte eine Anhörung der Verfahrensbeteiligten und der Justizvollzugsanstalt Waldheim ergeben, hieß es.
Der zweite Tatverdächtige, der Iraker Farhad A., gilt seither als untergetaucht. Nach dem aktuell 28-Jährigen sucht das Bundeskriminalamt weltweit wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Totschlags. Die Bundesbehörde warnt: „Vorsicht, der Verdächtige könnte bewaffnet sein!“
Urteil vom August 2019
Im Prozess vor dem Landgericht Chemnitz hatte der wegen gemeinschaftlichen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung Alaa S. seine Unschuld am Tod des 35-jährigen Daniel H. beteuert. Noch vor dem Urteilsspruch erklärte der Syrer: „Ich kann nur hoffen, dass hier die Wahrheit ans Licht gebracht wird und ein gerechtes Urteil gesprochen wird.“
Das Gericht hingegen sah seine Schuld als erwiesen an und verurteilte den damals 23-Jährigen zu neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Eine von der Verteidigung eingelegte Revision wurde vom Bundesgerichtshof im April 2020 verworfen.
Zahlreiche Stiche töteten Daniel H.
In den frühen Morgenstunden des 26. August 2018 stritten am Rande des Stadtfestes in Chemnitz mehrere Personen. Messer wurden gezogen. Der Tischlergeselle und Familienvater mit kubanischen Wurzeln Daniel H. starb unmittelbar nach der Attacke aufgrund von mehreren Stichen. Ein Begleiter des Daniel H. wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht.
Laut Gerichtsinformationen erlitt das Opfer „drei Stiche in den Brustbereich, wobei einer den Herzbeutel und ein anderer einen Lungenlappen durchstach“. Weitere Stiche erlitt Daniel H. im oberen Rückenbereich und im linken Oberarm. Nach Ansicht des Gerichts wurden die Stiche von Alaa S. (vorn) und dem immer noch flüchtigen Farhad A. (seitlich hinten) ausgeführt.
Protestmärsche und ein kostenloses Konzert
Die Messertat von Chemnitz führte zu Protestmärschen durch die Stadt, die von Medien als „Naziaufmärsche“ deklariert worden waren, weil daran auch Rechtsextremisten teilgenommen hatten.
Während zahlreiche Bürger der Stadt im Gedenken an den Ermordeten in Trauermärschen durch die Straßen zogen, tanzten derweil 65.000 Menschen auf einem kostenlosen Großkonzert Anfang September 2018 im „Kampf gegen Rechts“.
Die Massenveranstaltung mit zahlreichen Kindern und Jugendlichen unter dem Motto „Wir sind mehr“ sollte als eine Art „linke“ Antwort auf die angeblich „rechten“ Proteste zu verstehen sein. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ließ es sich nicht nehmen, für das jugendgerecht von 17 bis 21 Uhr andauernde Konzert auf Facebook zu werben und der damalige stellvertretende Ministerpräsident von Sachsen, Martin Dulig (SPD), war sogar als Partygast vor Ort – trotz des Auftritts linksradikaler Bands, die in ihren Texten mal eine „Messerklinge in die Journalistenfresse“ rammen wollten oder gern auf „Schnee“ und „Speed“ noch „Mousse aus deiner Fresse“ machen.
Später tauchte das Konzert im sächsischen Verfassungsschutzbericht unter Linksextremismus auf. Das LfV musste sich dann vor linker Kritik rechtfertigen und erklärte, dass das Konzert nur „in einzelnen Fällen für extremistische Agitation benutzt wurde“. Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es, „über das Bestreben von Extremisten zu berichten, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen und dort für Akzeptanz und Toleranz der eigenen menschenfeindlichen Ideologie zu werben“.
„Hase“-Video wird zum Politskandal
Für großes Aufsehen sorgte dann noch eine angebliche Hetzjagd auf Ausländer. Doch das sogenannte Hase- oder Hasi-Video gab eigentlich keine Hetzjagd her, wie der damalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen nach einer fachlichen Einschätzung nicht erkennen konnte.
Diese Wendung um die Entwaffnung der „Hetzjagd“-Theorie brachte jedoch eine handfeste politische Krise ins Rollen, die schließlich zur vorgezogenen Pensionierung Maaßens führte.
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