Chaos um Wohngeld – Ministerin kündigt erhebliche Verzögerung an

Eine Entscheidung über Anträge auf Wohngeld, die noch in diesem Jahr eingehen, könnte erst im März erfolgen. Grund ist die Vielzahl der Anträge.
Das Wohngeld ist ein Mietzuschuss vom Staat für Menschen, die sehr wenig verdienen, aber sonst keine Sozialleistungen beziehen, die Wohnkosten bereits berücksichtigen, etwa Hartz IV.
Das Wohngeld ist ein Mietzuschuss vom Staat für Menschen, die sehr wenig verdienen, aber sonst keine Sozialleistungen beziehen, die Wohnkosten bereits berücksichtigen, etwa Hartz IV.Foto: Bodo Marks/dpa
Von 17. November 2022

Die Zahl der Anspruchsberechtigten auf Wohngeld und dessen Höhe werden mit Beginn des Jahres 2023 deutlich ausgeweitet. Dies ist die Konsequenz aus dem Reformpaket, das der Bundestag in der Vorwoche verabschiedet hat. Bereits jetzt hat sich der Andrang auf die kommunalen Wohngeldstellen vervielfacht. Bundesbauministerin Klara Geywitz stellt deshalb in Aussicht, dass sich Auszahlungen in den ersten Monaten des nächsten Jahres deutlich verzögern könnten.

Höheres Wohngeld für mehr Anspruchsberechtigte

Derzeit sind bundesweit 600.000 Haushalte laut Bescheid berechtigt, Wohngeld zu beziehen. Im Schnitt erhalten Wohngeldberechtigte derzeit eine monatliche Zuwendung von 180 Euro. Unter dem Eindruck von Energiekrise und Inflation hat das Bundeskabinett eine Ausweitung des Systems beschlossen.

Künftig sollen bis zu zwei Millionen Haushalte die Leistung in Anspruch nehmen können. Die durchschnittliche Höhe der Auszahlung soll sich auf rund 370 Euro im Monat fast verdoppeln. Auf diese Weise will die Ampelkoalition den deutlich gestiegenen Kosten für Wohnen und Heizen Rechnung tragen.

Die Voraussetzungen für den Bezug von Wohngeld regeln das Wohngeldgesetz (WoGG) und das Sozialgesetzbuch (SGB). Im Kern soll die Leistung Haushalte zustehen, deren Einkommen zwar zum Bestreiten der Lebenshaltungskosten ausreicht, nicht aber, um auch die Wohnkosten zu decken. Die Entscheidung darüber, ob Wohngeld zusteht, treffen die jeweiligen Kommunen.

Bearbeiter kündigen „wochenlange Wartezeiten“ an

Gegenüber der „Bild“ deutet Ministerin Geywitz nun an, dass Wohngeldberechtigte im neuen Jahr erst im März ihre ersten Auszahlungen erhalten könnten. Der Grund dafür sei die derzeitige Antragsflut in den Ämtern. Geywitz stattete jüngst dem Wohnungsamt im Berliner Bezirk Pankow einen Besuch ab, um sich persönlich ein Bild zu machen.

Das „zusätzliche Volumen“ an Anträgen, das vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung eingeht, werde die Bearbeitungszeit steigen lassen. Über Anträge, die bis zum 1. Januar eingingen, erfolge möglicherweise erst im März eine Entscheidung. Für Januar und Februar zustehendes Wohngeld bezahlten die Wohngeldstellen jedoch rückwirkend aus, erklärte die Ministerin.

Bearbeiter vor Ort rechnen mit „wochenlangen Wartezeiten“. Derzeit kämen auch sehr viele erneute Anträge von Antragstellern, die zuvor negative Bescheide ausgestellt bekommen hätten.

NRW: Bis 1. Januar 2023 „verwaltungstechnisch nicht umsetzbar“

Ein Grund für das derzeitige Chaos sei auch das Fehlen von Fachkräften und Büroräumlichkeiten, erklärt Rona Tietje, Pankows Stadträtin für Stadtentwicklung und Bürgerdienste. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ kündigt sie an, man werde „kurzfristig zusätzliche Räume“ anmieten. Damit wolle man zusätzliche Kapazitäten zur Bearbeitung mobilisieren. Allerdings warte man auch noch auf die angepasste Software zur elektronischen Antragsbearbeitung.

Klagen über eine überforderte Verwaltung kommen auch aus NRW. Die dortige Bauministerin Ina Scharrenbach nennt den Zeitplan des Bundes für die Umsetzung der Reform „illusorisch“. Gegenüber dem Blatt äußert sie:

Das Wohngeld Plus ist verwaltungstechnisch bis zum 1. Januar 2023 nicht umsetzbar.“

Auch die zugehörige Software werde dem Land erst ab dem 2. Quartal 2023 zur Verfügung stehen – „und dies nur, weil wir derzeit andere Digitalisierungsprojekte zurückstellen“.

Geywitz: Wohngeld plus „Gegenteil des Prinzips Gießkanne“

Bereits im Vorfeld hatte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, gewarnt. Es drohe „ein Kollaps des Wohngeldsystems bis weit in das kommende Jahr hinein“. Das Ziel der Reform sei zwar richtig, bei der Umsetzung stehe man hingegen vor erheblichen Problemen.

Geywitz versicherte demgegenüber, man setze „alles daran, dass es klappt“ mit der Einführung des neuen Wohngeldes. Dieses sei „das Gegenteil des Prinzips Gießkanne“ und man werde es für jeden Haushalt individuell berechnen. Da es wirklich bedürftige Menschen unterstütze, müsse es zügig in Kraft treten.



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