Chancen für Langzeitgeduldete: Projekt „Wege ins Bleiberecht“ erhält Finanzspritze
Mit einer Summe von 144.918 Euro will das Land Niedersachsen im nächsten Jahr das Projekt „Wege ins Bleiberecht“ fördern. Dies geht aus der Antwort auf eine Anfrage der AfD-Fraktion hervor, die das Sozialministerium am Donnerstag, 30. November, dieser übermittelt hat.
Das Projekt wurde im Jahr 2019 auf vorerst drei Jahre ins Leben gerufen und 2022 für weitere Jahre verlängert. Ziel ist es, ausreisepflichtigen Ausländern, die über einen Duldungsstatus verfügen, ein gesichertes Bleiberecht zu verschaffen.
Land Niedersachsen fördert Bleiberecht-Projekt über die Wohlfahrtspflege
Als bisherige Modellregionen beteiligen sich die Städte Hannover, Göttingen und Oldenburg sowie der Landkreis Göttingen daran. Deren Ausländerbehörden kooperieren dabei mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und örtlichen Beratungsstellen. Das seit Januar 2023 geltende sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht soll zusätzliche Optionen für Langzeitgeduldete ermöglichen, ein Bleiberecht zu erlangen.
Wie aus der Antwort auf die Anfrage hervorgeht, erfolgt auch eine Förderung vonseiten des Landes Niedersachsen für das Projekt. Grundlage dafür sei die „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für die allgemeine Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben und für außergewöhnliche Maßnahmen im sozialen Bereich“.
In der ersten Periode des Bestehens des Projekts von 01.07.2019 bis 30.06.2022 bewegte sich die Höhe der Fördermittel zwischen 53.457,11 Euro und 102.173,03 Euro jährlich. Seit 01.12.2022 läuft das Projekt nun bis vorerst 31.05.2025 weiter. Mit 144.918,00 Euro wird im kommenden Jahr die bislang höchste Fördersumme ausbezahlt. Für die Restlaufzeit 2025 sind 133.441 Euro vorgesehen.
„Wege zum Bleiberecht“ vorrangig an Langzeitgeduldete
Jüngst haben Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten der Länder eine Offensive zur Verringerung der Asylzahlen in Deutschland angekündigt. Vor allem sollen Maßnahmen ermöglicht werden, um die Abschiebung ausreisepflichtiger Personen mit abgelehntem Asylantrag zu erleichtern.
In der Anfrage wird auch auf Äußerungen des Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stephan Weil, verwiesen. Dieser hatte dazu erklärt, die Bürger erwarteten, „dass diejenigen, die keinen Schutzanspruch haben und ausreisepflichtig sind, Deutschland auch zügig wieder verlassen“.
Zum Spannungsverhältnis des Projekts mit dieser Aussage heißt es aus der Landesregierung, dass die Zielgruppe eine andere sei. „Wege ins Bleiberecht“ richte sich an alle Personen, die „seit sechs oder mehr Jahren in Deutschland leben und gegenwärtig geduldet sind“. Weiterhin gehe es um Personen, die sich beispielsweise in Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung befänden oder die Voraussetzung dafür bald oder schon fast erfüllen.
Das Projekt trage dazu bei, Personen zu identifizieren, die die Voraussetzungen für ein Bleiberecht erfüllen. Auf diese Weise trage es dazu bei, die Zahl der Langzeitgeduldeten in den Modellkommunen zu reduzieren.
AfD: Regierung nimmt „Migrationswende“ nicht ernst
Bei der AfD im Landtag sorgt die Antwort der Landesregierung erwartungsgemäß für Irritationen. Deren innenpolitischer Sprecher Stephan Bothe wirft dem Kabinett unter Ministerpräsident Stephan Weil vor, dieses setze „alles daran, die Ausreisepflicht zu hintergehen“.
Die Aussicht, trotz eines abgelehnten Asylantrags und bestehender Ausreisepflicht im Land bleiben zu können, sei „einer der größten Pull-Faktoren für irreguläre Einwanderung“. Die von der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten angekündigte „Migrationswende“ werde dadurch konterkariert.
Laut Ausländerzentralregister lebten Ende August 2023 noch 155.448 Menschen trotz eines abgelehnten Asylantrags in Deutschland. Von diesen verfügten nicht weniger als 135.984 oder 87,5 Prozent über eine Duldung. Sie können also trotz eines abgelehnten Asylantrags nicht ohne Weiteres abgeschoben werden.
Niedersachsen geht von allmählicher Verwurzelung aus
Lediglich 19.464 Betroffene verfügten über keine Duldung und seien damit unmittelbar ausreisepflichtig. Der von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte „Abschiebe-Turbo“ würde potenziell vor allem diese betreffen.
Bezüglich der anderen geht das Land Niedersachsen davon aus, dass eine zunehmende Dauer des Aufenthalts in Deutschland die Verwurzelung im Bundesgebiet verstärkt. Damit gewinne das persönliche Interesse der Geduldeten an einer Aufenthaltssicherung an Bedeutung.
Deshalb will man in Zusammenarbeit mit Ausländerbehörden und der „Kooperativen Migrationsarbeit Niedersachsen“ (KMN) deren Anstrengungen unterstützen, „Kettenduldungen zu beenden und eine Aufenthaltserlaubnis nach geltendem Recht zu ermöglichen“. Zielsetzung solle die Überführung in ein Bleiberecht sein. Damit solle auch der Arbeitsmarkt vom Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren können.
Die freiwillige Ausreise – teils mit Förderung von Bund und Ländern – steht geduldeten Ausreisepflichtigen weiterhin offen.
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