CDU warnt CSU vor Bruch der Koalition – Grüne: Das ist ein Putsch durch Seehofer
Im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik hat die CDU ihre Schwesterpartei CSU eindringlich vor einem Bruch der Union gewarnt und zu Kompromissen aufgefordert. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) müsse im Streit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel „zurückrudern“, forderte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans am Wochenende.
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (alle CDU) warnte davor, das Erbe von Helmut Kohl zu gefährden. CSU-Generalsekretär Markus Blume verteidigte den Kurs seiner Partei.
Seehofer will in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen – Merkel lehnt das ab
Seehofer pocht darauf, bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Merkel lehnt das ab, sie setzt auf europäische Absprachen. Die CSU will europäische Verhandlungen jedoch nicht abwarten und setzt Merkel unter Zeitdruck.
„Ich appelliere an den Bundesinnenminister, in dieser Frage zurückzurudern und sich mit der Kanzlerin zusammenzusetzen, damit wir als Union eine gemeinsame Lösung finden“, sagte Hans der „Rheinischen Post“. Warum jetzt an einer einzigen Frage ein solch zentraler Streit festgemacht werde, sei den Wählern nicht zu vermitteln.
Laschet sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, alle Beteiligten müssten sich der „Bedeutung des Binnenmarkts mit seinen offenen Grenzen für unseren Wohlstand bewusst sein“. Altkanzler Kohl habe vor 30 Jahren die Grenzen unter den EU-Staaten geöffnet: Die CDU in Nordrhein-Westfalen „akzeptiert keine Lösung“, die dieses europäische Erbe abschaffe.
CDU-Chef Brandenburg warnt vor Auflösen der Union
Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben warnte vor einem Auflösen der Unionsgemeinschaft. Dies käme „dem Ende der Regierungskoalition gleich“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Und das würde ein politisches Erdbeben nach sich ziehen.“
Eine Einigung sei „zwingend notwendig“. Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg forderte Kompromissbereitschaft von der CSU. „Jeder sollte bei seinem Handeln bedenken, ob das Ergebnis nicht auf Neuwahlen hinausläuft“, sagte er dem RND.
CSU-Generalsekretär Blume sagte der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung, die CSU schließe europäische Lösungen gar nicht aus. „Aber unabhängig davon ist es das Gebot der Stunde, an unserer Grenze das zu tun, was in unserem nationalen Interesse zu tun ist.“
Er glaube nicht, dass in zwei Wochen bis zum EU-Gipfel das gelingen könne, was seit fast drei Jahren nicht möglich gewesen sei. Blume verteidigte den CSU-Kurs: „Wir wollen nur das machen, was in anderen Ländern gängige Praxis ist.“
Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg forderte Kompromissbereitschaft von der CSU. „Jeder sollte bei seinem Handeln bedenken, ob das Ergebnis nicht auf Neuwahlen hinausläuft“, sagte er dem RND.
Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer appellierte an die Beteiligten, „am Wochenende einmal tief durchzuatmen“. Die Unterschiede in der Sache seien nicht so gravierend, „dass man dafür den ganzen Laden in die Luft jagen müsste“, sagte Pfeiffer den Zeitungen.
SPD appelliert an Vernunft der Union
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vom Koalitionspartner SPD appellierte an die Vernunft der Union.
„Am Ende geht es um Verantwortung und nicht um schrille Töne“, sagte Heil im Deutschlandfunk. Es gehe bei dem Streit nicht mehr um die Sache, kritisierte er. Das Vorgehen der CSU sei unverantwortlich „und muss schnell aufhören“.
Grüne werfen Seehofer Verantwortungslosigkeit vor
Die Grünen-Spitze attackierte die CSU in dem Streit scharf. Parteichefin Annalena Baerbock warf Seehofer „grenzenlose Verantwortungslosigkeit“ vor. Er nehme „die ganze Republik in Geiselhaft“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“. Und:
Hier nimmt ein abgehalfterter CSU-Parteivorsitzender, der sein Ministeramt offensichtlich als Mittel zum Zweck missbraucht, aufgrund seiner innerparteilichen Abrechnungen und Angst vor dem Machtverlust in Bayern die ganze Republik in Geiselhaft“.
Bei Seehofers Vorschlag gehe es weder um eine geordnete Flüchtlingspolitik noch um den Zusammenhalt im Land.
Der Ko-Vorsitzende Robert Habeck nannte Seehofers Vorgehen einen „Putsch“. „Offensichtlich geht es gar nicht um Sachpolitik, sondern um brutale Macht“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die CSU spiele mit Europas Einheit und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die „pro-europäischen Staaten zusammenstehen müssen“, sagte der Grünen-Politiker. (afp)
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