CDU und SPD beginnen Koalitionsgespräche – Kein Superressort für Giffey
Nach der Wiederholungswahl vom 12. Februar steuert Berlin auf eine Große Koalition zu. CDU und SPD nehmen am Donnerstag, 9. März, ihre Koalitionsgespräche auf. Bis zum 1. April soll eine Regierungsvereinbarung stehen. Anschließend sollen die Mitglieder der Sozialdemokraten die Möglichkeit bekommen, bis zum 23. April über den Vertrag abzustimmen.
Seit der Wiedervereinigung 1990 hatte bislang in den Jahren 1991 bis 2001 und zwischen 2011 und 2016 ein Bündnis von CDU und SPD regiert. Erstmals seit 2001 wird dabei voraussichtlich die Union mit Kai Wegner den Regierenden Bürgermeister stellen.
Mit 28,2 Prozent war seine Partei mit deutlichem Vorsprung als stimmenstärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Mit 18,4 Prozent und hauchdünnen 53 Zweitstimmen Vorsprung auf die Grünen wurden die Sozialdemokraten zweitstärkste Kraft.
SPD will in Berlin weiter mitbestimmen
Rechnerisch wäre auch die Fortsetzung des bisher regierenden Linksbündnisses möglich gewesen. Die zunehmenden Differenzen innerhalb des rot-rot-grünen Kabinetts und die eigenem Stimmenverluste verminderten jedoch die Bereitschaft vor allem der Sozialdemokraten, daran festzuhalten.
Einige namhafte SPD-Mitglieder liebäugelten sogar mit einem Gang in die Opposition. Dies hätte allerdings zur Folge gehabt, dass ihr politisches Schwergewicht in der Hauptstadt, Franziska Giffey, der Partei nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte.
In einem Bündnis mit der CDU würde die frühere Bundesfamilienministerin immerhin einen Senatorenposten bekleiden – und damit einen adäquaten Einfluss der SPD auf die Regierungsgeschäfte bewahren. Auch deshalb gilt es als unwahrscheinlich, dass die Mitglieder der Partei dem Aufruf des Grünen-Fraktionschefs Werner Graf, gegen die Koalition zu stimmen, mehrheitlich folgen werden.
Rest-Legislaturperiode zu kurz für Neuzuschnitte
Dass sich, wie die „tageszeitung“ (taz) berichtet, mit Neukölln, Steglitz-Zehlendorf und Mitte drei wichtige SPD-Kreisverbände gegen eine Koalition mit der CDU aussprechen, dürfte daran wenig ändern. In einer sogenannten „Dachgruppe“ und 13 Arbeitsgruppen (AG) wollen die traditionellen Volksparteien nun also die Details zum Koalitionsvertrag klären.
Dass die SPD trotz eines Rückstands von zehn Prozentpunkten die Hälfte der Senatorenposten besetzen soll, deutet auf einen für sie günstigen Deal hin. Was es voraussichtlich allerdings nicht geben wird, ist ein „Superressort“ für Franziska Giffey, wie es zuletzt im Gespräch war. Demnach sollte es eine Zusammenlegung der Ressorts Stadtentwicklung und Verkehr geben.
Im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ erklärte Giffey bereits vor einer Woche, dass die Kürze der verbleibenden Legislaturperiode diesen Aufwand nicht rechtfertige:
Aus meiner Sicht wäre es nicht sinnvoll, alle Ressortzuschnitte komplett zu verändern. Ein Neuzuschnitt bedeutet viel Zeitverlust für die eigentliche Arbeit.“
Andreas Geisel dürfte nicht mehr dem Berliner Senat angehören
Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen weist zudem auf einige mögliche personelle Weichenstellungen hin. So fehlt die amtierende Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse – was dafür spricht, dass die CDU das von ihr beanspruchte Bildungsressort erhalten wird.
Nicht mehr der Regierung angehören dürfte auch Andreas Geisel. Der wegen harter Polizeieinsätze gegen Corona-Demonstranten bekannt gewordene Ex-Innensenator war nach der Wahl 2021 in das Bauressort „weggelobt“ worden. Allerdings leitet nicht Geisel, sondern die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe die AG Bauen.
Der „Tagesspiegel“ geht zudem davon aus, dass die SPD das Innenressort besetzen wird. Landesparteichef Raed Saleh, der auch die Arbeitsgruppe „Stadt der Vielfalt“ leiten soll, äußerte, dies sei ein „wesentliches Ergebnis der Sondierungsgespräche“ gewesen.
CDU meldet Ressortansprüche an – SPD deponiert inhaltliche Mindestforderungen
Die CDU will ihre Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch als künftige Leiterin des Bildungsressorts sehen. Auch für das Amt des Kultursenators ist mit Joe Chialo ein Christdemokrat vorgesehen. Kai Wegner deutete zudem an, in den Bereichen Finanzen sowie im Verkehrs- und Klimaressort „etwas bewegen“ zu wollen.
Die Herausforderungen für das Bündnis sind groß: Sie reichen von der Sicherheitslage über die Wohnungsnot bis hin zur Mobilität. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und mehrerer Urteile des Bundesverfassungsgerichts müsste auch das sogenannte Neutralitätsgesetz angepasst werden.
Die SPD hat bislang drei inhaltliche Mindestforderungen gestellt: Landeschef Saleh besteht auf einem Nein zur Verlängerung der Autobahn 100 nach Osten, auf einem höheren Landesmindestlohn und auf einer Erweiterung gebührenfreier Bildung.
(Mit Material von dpa)
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