CDU und Grüne: Koalitionsvertrag angenommen – Lkw-Maut, Solaranlagenpflicht und Wahlalterabsenkung kommen

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Vor einer dritten Amtszeit: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.Foto: Sebastian Gollnow/dpa/dpa
Epoch Times8. Mai 2021

Die Landesparteitage von Grünen und CDU in Baden-Württemberg haben mit großer Mehrheit den Koalitionsvertrag angenommen. Der neue Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg, den Parteitage von Grünen und CDU am Samstag gebilligt haben, trägt eine deutliche grüne Handschrift.

So fallen Kernpunkte grüner „Klimapolitik“ auf sowie weitere grüne Anliegen wie die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte und die Herabsetzung des Wahlalters.

Die CDU hat die versprochene Senkung der Grundsteuer und einem Familiengeld aus Kostengründen fallen gelassen, heißt es.

Kretschmann: „Dieser Erneuerungsvertrag ist grasgrün“

Bei den Grünen stimmten am Samstag 85,4 Prozent der Delegierten für das Regierungsbündnis mit der CDU. Bei der CDU waren es 82,6 Prozent.

In der künftigen Regierung werden die Grünen sechs und die CDU fünf Minister stellen. Ein neu geschaffenes Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen wird von der CDU geführt. Die Namen der Minister sollen erst in der kommenden Woche bekanntgegeben werden.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) soll am Mittwoch im Stuttgarter Landtag wiedergewählt werden.

Vor der Abstimmung warb Kretschmann auf dem Grünen-Landesparteitag für den Vertrag: „Dieser Erneuerungsvertrag ist grasgrün, aber nicht, weil wir die CDU geknebelt haben, sondern weil es die Zeiten erfordern.“

Kretschmann: Klare „Absage an den Auspuff-Liberalismus à la FDP“

Er verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das „Klimapolitik“ als Frage der Gerechtigkeit anerkannt habe. Die Grünen wollten „Klimaschutz mit wirtschaftlichem Erfolg verbinden“. Dies sei auch eine klare „Absage an den Auspuff-Liberalismus à la FDP“, so Kretschmann.

Die Grünen hatten sich nach internem Ringen vor allem wegen der FDP gegen eine rechnerisch ebenfalls mögliche Ampelkoalition entschieden.

Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl warb ebenfalls für das Bündnis. „Nehmen wir Verantwortung wahr und stellen uns in den Dienst des Landes“, sagte er auf dem CDU-Parteitag. Strobl verwies auf frühe umweltpolitische Erfolge der CDU und sagte: „Wir haben den Klimaschutz zwar nicht erfunden, aber wir haben ihn begriffen.“

Bei den Grünen gab es Sympathien für ein Ampelbündnis

Nach der Landtagswahl am 14. März, bei der die Grünen mit 32,6 Prozent stärkste Partei wurden, hatten sich die Koalitionspartner in drei Wochen auf ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt. Im Parteivorstand und an der Basis der Grünen hatte es starke Sympathien für ein Ampelbündnis gegen.

Die CDU positionierte sich auf ihrem Landesparteitag mit Auftritten von Armin Laschet und Friedrich Merz zudem bereits für die Bundestagswahl im September. Laschet sagte, Baden-Württemberg könne ein Motor für den Klimaschutz werden: „Ganz Deutschland schaut darauf, was ihr heute hier beschließt“.

Merz gab als Ziel aus, dass ohne die CDU keine Regierung möglich sein dürfe. „Dazu brauchen wir mindestens 30 Prozent.“ Baden-Württemberg sei mit der Neuauflage der grün-schwarzen Koalition „keine Blaupause für den Bund – „schon gar nicht in der Reihenfolge“, betonte Merz.

Hier die zentralen Punkte des neuen Koalitionsvertrages:

„Klimaschutz“

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass in einem neuen „Klimaschutzgesetz“ Fotovoltaikanlagen für private Neubauten und bei Dachsanierungen Pflicht werden. Zudem sollen unkomplizierte Genehmigungsverfahren bis zu tausend Windräder im Staatswald möglich machen und Fotovoltaikanlagen entlang von Bahnstrecken und Autobahnen entstehen.

Verkehr und Infrastruktur

Ein grünes Kernanliegen ist der flächendeckende öffentliche Nahverkehr zwischen fünf und null Uhr. Zudem wird ein landesweites Ein-Euro-Ticket für Kinder, Jugendliche und Auszubildende eingeführt. Finanziert werden soll dies über eine kommunale Nahverkehrsabgabe. Zudem ist eine Maut auf allen Straßen für Lastwagen über siebeneinhalb Tonnen geplant.

Bewältigung von Lockdown-Nachwirkungen

Mit der teuerste vereinbarte Posten sind hundert Millionen Euro zur Kompensation von Lernrückständen bei Schülern infolge der Corona-Krise. Damit sollen aber auch Kunst und Kultur, die vom Lockdown besonders getroffen wurden, unterstützt und ein Programm zur Wiederbelebung von Innenstädten finanziert werden.

Bildungswesen

Grüne und CDU vereinbarten grundsätzlich, keine tiefgreifenden Reformen im Bildungswesen voranzutreiben. Es bleibt beim achtjährigen Gymnasium und der unverbindlichen Grundschulempfehlung. Bei den Kitas sollen jedoch nach dem Einkommen der Eltern gestaffelte Gebühren eingeführt werden.

Polizei und Sicherheitsbehörden

Die Koalitionäre wollen die Polizei und die Sicherheitsbehörden stärken. Dazu soll ein Zentrum gegen Cyberkriminalität geschaffen werden. Auch eine anonymisierte Kennzeichnung von Polizisten bei Großeinsätzen soll kommen. Im Vorfeld sorgte bereits ein Antidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild bei Polizeigewerkschaften für Aufregung, das in Baden-Württemberg für alle Behörden gelten soll. In der Asylpolitik sollen gut integrierte Flüchtlinge nicht mehr von Abschiebung bedroht sein. Das Land will dafür auch eine Bundesratsinitiative starten.

„Demokratieförderung“

Baden-Württemberg will als erstes Land bei wichtigen Gesetzesvorhaben Bürgerräte beteiligen, deren Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Außerdem wird das Land für die nächste Landtagswahl ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht einführen wie es schon bei Bundestagswahlen gilt. Ein Ziel ist, mehr Frauen im Parlament zu haben. Das Wahlalter soll auf 16 Jahre abgesenkt werden. (afp)



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