Söder fordert rasche Neuwahl des Bundestags – SPD kündigt Konsequenzen an

Nach dem Wahldebakel der SPD rumpelt es in Berlin. CSU-Parteichef Söder schaut nach Frankreich, der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel geht hart mit der Parteispitze ins Gericht. CDU-Politiker Carsten Linnemann bekräftigt die Forderung an Scholz, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz nach den ersten Wahlergebnissen am 9. Juni 2024 in Berlin in der SPD-Zentrale. Majd/Getty Images
Epoch Times11. Juni 2024

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Nach dem Debakel für die Ampel-Koalition bei der Europawahl fordert CSU-Chef Markus Söder möglichst rasch eine vorgezogene Neuwahl des Bundestags – wie in Frankreich auch.

„Diese Regierung ist im Grunde genommen fertig. Und es muss jetzt ähnlich wie in Frankreich sein: Da hat es Neuwahlforderungen gegeben, da gibt es Neuwahlen durch Macron“, sagte Söder dem Sender n-tv. Das gelte nun auch für Deutschland: „Es braucht einen Neustart für unser Land. Die Ampel hat kein Mandat mehr, hat kein Vertrauen mehr in der Bevölkerung. Deswegen sollte es jetzt so rasch wie möglich Neuwahlen geben.“

Söder: Nicht einfach so weitermachen

Söder warnte die Ampel, einfach so weiterzumachen. „Das ist ein schwerer demokratischer Fehler, wenn das passiert. Denn eine Regierung, die so ohne Unterstützung ist, so ohne Legitimation, die kann ja auch nichts mehr durchsetzen, gerade in einem Jahr vor einer Wahl sowieso nicht“, sagte Söder.

Er betonte: „Es wäre besser, es würde dieses Traumspiel endlich beendet werden. Das wäre der letzte große Dienst, den (Kanzler) Olaf Scholz den Deutschen erweisen könnte. Gerhard Schröder hatte damals den Mut, das zu tun. Olaf Scholz sollte das auch tun.“

Der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) hatte 2005 die Vertrauensfrage gestellt. Die Abstimmung im Bundestag verlor er, und es kam zu Neuwahlen. Die Union wurde stärkste Kraft und Angela Merkel (CDU) in der Folge Bundeskanzlerin.

Markus Söder fordert zudem gravierende Änderungen in der Migrationspolitik, um bei den anstehenden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg einen AfD-Erfolg wie bei der Europawahl zu verhindern.

„Diese Dinge müssen jetzt angegangen werden, sonst droht bei den Landtagswahlen im Herbst ein ähnliches Ergebnis – was für Deutschland und die Demokratie schädlich wäre“, sagte Söder. Migration bleibe ein Kernthema für viele Menschen in Deutschland. „Und die Ereignisse von Mannheim zeigen auch, dass es noch erhebliche Defizite gibt.“ Kanzler Olaf Scholz kündige immer nur Maßnahmen an, es passiere aber nichts.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach der krachenden Niederlage seines Mitte-Lagers am Sonntagabend angekündigt, die Nationalversammlung aufzulösen. Neuwahlen in zwei Wahlgängen sollen am 30. Juni und 7. abgehalten werden.

CDU: Scholz sollte Vertrauensfrage stellen

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat seine Forderung an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigt, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Einen ebenfalls möglichen Antrag der Union auf ein konstruktives Misstrauensvotum lehnte Linnemann am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“ hingegen ab.

„Eine Vertrauensfrage wäre an dieser Stelle ehrlicher“, sagte Linnemann. Er begründete dies damit, dass die Kanzlerpartei SPD bei der Europawahl auf nur noch 13,9 Prozent kam und damit nicht mal halb so stark wie die Union sei. Deshalb müsse Scholz, „wenn er es ehrlich meint“, die Vertrauensfrage stellen und feststellen lassen, ob er noch den nötigen Rückhalt im Bundestag habe.

Das konstruktive Misstrauensvotum hingegen „würde an dieser Stelle überhaupt nicht passen“, sagte Linnemann. Da würden sich die Ampel-Parteien einfach zusammentun und eine Abwahl von Scholz verhindern.

Linnemann warf der Ampel-Koalition vor, keine Politik für eine Mehrheit der Menschen zu machen. Den Bürgern sei wichtig, sicher zu leben und sichere Jobs zu haben – die Ampel legalisiere dagegen Drogen. „Da packen sich die Menschen an den Kopf“, sagte Linnemann.

Mit Blick auf das Gesamtergebnis der Europawahl sieht der CDU-Generalsekretär eine Mehrheit für eine Wiederwahl von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin. Er sei sicher, dass von der Leyen diese Mehrheit bekomme.

Sigmar Gabriel: Nun wieder einfach zur „Tagesordnung übergehen“?

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel geht nach dem Debakel bei der Europawahl hart mit der Spitze seiner Partei ins Gericht. „Es ist falsch, alles der Regierung in die Schuhe schieben zu wollen“, sagte Gabriel dem „Stern“. Auch wenn deren Politik bei der Europawahl „klar abgestraft“ worden sei.

„Etwas anderes macht mich inzwischen nur noch traurig und wütend zugleich. Zusehen zu müssen, wie nach einer solch bitteren Niederlage die professionellen Gesundbeter und Ja-Sager schon vorbereiten, wie man spätestens übermorgen wieder zur Tagesordnung übergehen kann“, so Gabriel.

„In dem zu Recht gedrechselten Polit-Technokraten-Sprech wie ‚Wir werden das genau analysieren‘ oder ‚wir haben nicht das erreicht, was wir uns vorgenommen haben‘, kommt immer ein Wort nicht vor: Verantwortung. Niemand sagt mal den Satz: ‚Ich übernehme dafür die Verantwortung‘. Weder für den katastrophalen Wahlkampf noch für die völlig falsche Auswahl der Wahlaussagen und schon gar nicht für die Personalauswahl.“ Offenbar würden alle nur daran denken, morgen irgendwie noch auf ihren Sesseln sitzen zu bleiben.

Die SPD hatte am Sonntag mit 13,9 Prozent ihr bislang schlechtestes Europawahl-Ergebnis aller Zeiten eingefahren.

Klingbeil kündigte Konsequenzen an

SPD-Chef Lars Klingbeil hat nach dem schwachen Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl Konsequenzen für die Arbeit in der Regierungskoalition angekündigt. „Es müssen Dinge anders werden“, sagte Klingbeil am Montag in „NDR Info“. Wenn eine notwendige Rentenreform dreimal von der Kabinetts-Tagesordnung genommen werde, gehe dabei Vertrauen verloren.

Auch die „ständigen Streitereien“ in der Koalition hätten zum Blick auf die SPD und die Ampelparteien beigetragen, kritisierte der Parteichef.

Klingbeil verteidigte zudem seine Äußerungen, in denen er die AfD und deren Vorsitzende Alice Weidel als Nazis bezeichnet hatte. Bei der Partei werde „SS-Rhetorik geschwungen“, sagte er. „Man kann die nicht wie eine normale demokratische Partei behandeln“, betonte Klingbeil.

SPD-Fraktionsvize Post: Scholz bleibt Kanzler

Der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionschef Achim Post hat das schlechte Abschneiden der SPD bei der Europawahl als Warnsignal bezeichnet. „Die Zahlen lügen nicht, und die Bundesregierung muss deutlich besser werden“, sagte Post, der auch Co-Vorsitzender der NRW-SPD ist, im WDR5-„Morgenecho“.

Die Ampel in Berlin streite bei vielen Entscheidungen zu lange. „Also wir sind überhaupt nicht zufrieden und müssen gucken, dass wir wieder nach oben kommen.“

Auf die Frage, ob die SPD ein Personalproblem mit ihrem Kanzler Olaf Scholz habe, antwortete Post: „Auf keinen Fall.“ „Ich bin dafür und alle, die ich kenne, sind dafür, dass es weiter geht mit dem Bundeskanzler. Er wird der Kanzlerkandidat und ich bin sicher, er wird auch wieder der Kanzler.“

Neuwahlen, wie sie in Frankreich Macron angekündigt hatte, seien dort nur ein „billiger Punkt“, sagte Post. Das habe mit Deutschland nichts zu tun. Klar sei aber auch, dass die Positionen von Scholz im Wahlkampf nicht überall angekommen seien. Es gebe nun eine doppelte Erwartungshaltung an die SPD: „den Laden zusammenhalten“ und die eigenen Themen „nach vorne bringen“. (afp/dpa/dts/red)



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