CDU bereitet mögliche Neuwahlen vor – und befürchtet ernüchternde Ergebnisse im Osten

Das Präsidium der CDU hat sich am Wochenende darauf geeinigt, bereits jetzt damit zu beginnen, sich auf mögliche Neuwahlen noch in diesem Jahr vorzubereiten. Trotz des ersten Platzes bei der EU-Wahl war Nervosität zu spüren – bei den Landtagswahlen im Osten gelten andere Gesetze.
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Friedrich Merz bei einer Pressekonferenz in Berlin nach den Europawahlen, 10. Juni 2024.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 2. Juli 2024

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Die folgenschweren Konsequenzen der Entscheidung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, nach der EU-Wahl Neuwahlen des Parlaments anzusetzen, konnten die Mitglieder des CDU-Präsidiums live mitverfolgen. Am Sonntag, 30. Juni, begann eine zweitägige Klausur in Berlin – und ein Thema dabei waren mögliche Neuwahlen auch in Deutschland.

Scheitert der Ampelhaushaltsbeschluss, könnte Scholz Vertrauensfrage stellen

Zu „einem Drittel“ hält CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann es für wahrscheinlich, dass die Ampelkoalition noch in diesem Jahr zerbricht. Ein möglicher Lostag sei dabei der 17. Juli. An diesem Tag soll der Kabinettsbeschluss zum Haushalt über die Bühne gehen.

Eigentlich sollte der Beschluss schon am 3. Juli stehen. Allerdings hat man sich in der Ampel bereits vorsorglich darauf geeinigt, den Verhandlern noch zwei weitere Wochen Zeit zur Vorbereitung zu geben. Die Etatvorstellungen mehrerer Minister sprengen die Maximalvorgaben aus dem Bundesfinanzministerium.

Dazu kommen Forderungen aus den Reihen von SPD und Grünen, die Schuldenbremse auszusetzen oder neue Sondervermögen zu beschließen. Die FDP sperrt sich gegen diese Vorstöße. Für Linnemann steht fest: Sollte eine Einigung in der Ampel auf einen Haushalt bis zur nun vorgesehenen Deadline scheitern, komme Bundeskanzler Olaf Scholz nicht um die Vertrauensfrage herum.

Linnemann hält CDU innerhalb von zehn Wochen für kampagnenfähig

Die CDU könne in einem solchen Fall innerhalb von zehn Wochen eine Bundestagswahl vorbereiten, stellte Linnemann in Aussicht. Sollte dies erforderlich werden, wolle er sich mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, kurzschließen. In weiterer Folge solle „sehr schnell“ ein Wahlprogramm stehen – Blaupause dafür sei das im Mai beschlossene Grundsatzprogramm.

Obwohl die Union bei der EU-Wahl mit deutlichem Abstand zur stärksten Kraft geworden ist, war die Stimmung im Präsidium nicht völlig ungetrübt. Zum einen haben CDU und CSU bundesweit nicht mehr als 30 Prozent der Wähler für sich mobilisieren können, zum anderen ist das Ergebnis neben der Schwäche der Konkurrenz vor allem dem hohen Zuspruch im Westen zu verdanken.

Die nächsten Landtagswahlen, die im September anstehen, finden jedoch alle im Osten statt. Umfragen halten es für möglich, dass sowohl in Thüringen als auch in Sachsen und Brandenburg die AfD als stärkste Kraft daraus hervorgeht. Dies wäre nicht nur für die Landesverbände vor Ort eine herbe Schlappe, sondern auch ein Dämpfer für Parteichef Friedrich Merz.

Kretschmer warnt vor Scharfmacherkurs mit Blick auf den Ukraine-Krieg

Entsprechend waren die Befindlichkeiten im Osten ein weiteres zentrales Thema der Klausur des CDU-Präsidiums. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte bereits nach der EU-Wahl, bei der die AfD in allen Ostbundesländern stärkste Partei geworden war, vor falschen Weichenstellungen und Schwerpunkten gewarnt.

Er sprach insbesondere die Position in Sachen Ukraine als Handicap für die Wahlkämpfer im Osten an – und betonte, dass sich „Europa nicht als Friedensmacht“ darstelle. Generell hielt er es auch für kontraproduktiv, dass immer nur über andere Parteien gesprochen werde. Die stetigen Warnungen vor Rechtspopulisten verfehlten im Osten ebenfalls ihre Wirkung.

Auch aus Thüringen, wo die CDU bei den jüngsten Kommunalwahlen knapp ihren ersten Platz sichern konnte, kommen Warnungen. Ein Szenario wie 2019 und 2020, als es unter Kanzlerin Angela Merkel und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer massive Einmischungsversuche in den Landesverband gegeben habe, dürfe sich nicht wiederholen.

Brandenburg: Mit der Holzbank durch die Dörfer

In Brandenburg will CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann schwerpunktmäßig durch kleine Gemeinden touren. Dabei will er eine Holzbank mitführen und diese nahe der Ortskirche aufstellen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Die CDU, so seine Botschaft, müsse „verlorenes Vertrauen wiederaufbauen“.

Er diagnostiziert „Zweifel an der Handlungsfähigkeit“ des Staates bei der inneren Sicherheit – und ein massives Misstrauen in die Flüchtlings- oder Bildungspolitik sowohl der Ampel als auch der Union. Redmann fordert unter anderem eine Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre. Dabei gehe es „nicht darum, Kinder ins Gefängnis zu bringen, sondern Erziehungsmaßnahmen einzuleiten“.

Auch beim Jugendstrafrecht müsse es Verschärfungen geben. Wer zum ersten Mal mit dem Rechtsstaat in Berührung komme, solle „nicht den Eindruck von Laissez-faire gewinnen“, so Redmann. Für Messerangriffe soll es eine Mindeststrafe von einem Jahr geben.

Keine Einmischung der CDU im Bund in mögliche Koalitionen mit dem BSW auf Landesebene

Was mögliche Koalitionen nach den Landtagswahlen anbelangt, hat das Präsidium bezüglich des BSW präzisiert, dass die Verbände über mögliche Bündnisse vor Ort entscheiden müssten. Anders als im Fall der AfD und der Linkspartei ist kein Unvereinbarkeitsbeschluss in Kraft. Vor Kurzem hatte Merz der Wagenknecht-Partei vorgeworfen, in einigen Bereichen extrem rechte oder extrem linke Positionen zu vertreten. Auch in Landesverbänden wie NRW oder in Bayern sind mögliche Bündnisse mit dem BSW wenig beliebt.

Allerdings hat die CDU in Thüringen, Sachsen und Brandenburg möglicherweise schon rein rechnerisch kaum andere Koalitionsoptionen. Das BSW seinerseits ist Aussagen seiner Gründerin Sahra Wagenknecht zufolge zu Regierungseintritten bereit – allerdings nicht um jeden Preis.

Redmann versucht in der Ukraine-Politik derweil eine Quadratur des Kreises, indem er fordert, wehrpflichtigen Ukrainern in Deutschland das Bürgergeld zu streichen. Damit will er AfD-Wähler ködern, die sich an der Gewährung der Sozialleistung stören, und gleichzeitig den Kurs der Bundespartei stützen, die Ukraine um jeden Preis zu unterstützen. Allerdings ist davon auszugehen, dass das BSW eine solche Position kategorisch ablehnen wird. Möglicherweise spricht Redmann auch vor diesem Hintergrund solche Themen an, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen. Auf Landesebene spielen andere Fragen eine Rolle.



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