Cannabis und Alkohol: Im Straßenverkehr unterschiedlich stark sanktioniert
Wer ein Bier getrunken hat, darf in der Regel noch Auto fahren – dank der 0,5-Promillegrenze. Verkehrsteilnehmer, die kiffen und mit dem Cannabis-Wirkstoff THC im Blut erwischt werden, riskieren saftige Strafen, auch wenn die Konzentration gering ist. So ist aktuell die Rechtslage. Im Zuge der von der Ampel-Koalition geplanten Cannabis-Legalisierung werden hier Anpassungen erwogen. Verbände und Experten warnen aber vor möglichen Risiken im Straßenverkehr.
Die Frage, wann ein Mensch, der Cannabis konsumiert hat, noch fahrtüchtig sei und wann nicht mehr, sei elementar wichtig für die Verkehrssicherheit, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens, der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. „Cannabis ist im Blut viel länger nachweisbar als Alkohol, die Fahrtüchtigkeit daher womöglich tagelang eingeschränkt.“ Der TÜV-Verband forderte nach der Vorlage der Legalisierungspläne der Ampel: „Keine Experimente bei der Verkehrssicherheit! Eine Legalisierung des Konsums von Cannabis als Genussmittel darf Rauschfahrten nicht legitimieren.“
In ihrem Cannabis-Eckpunktepapier hatte die Regierung angekündigt, die geltenden Grenzwerte für das Führen von Fahrzeugen „unter Einbeziehung der einschlägigen Fachgremien“ zu überprüfen. Genauer wurde es nicht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte auf Nachfrage lediglich, die Überprüfung sei ergebnisoffen. Sein Kabinettskollege Cem Özdemir (Grüne) fügte aber hinzu: „Wir ändern einfach die Ungerechtigkeit, dass wir an der Stelle Cannabis anders behandeln als beispielsweise Alkohol.“ Betont wird von der Ampel, dass Regelungen über die Zulässigkeit von Fahrten unter Einfluss von Cannabis sich „ausschließlich an den Erfordernissen der Verkehrssicherheit“ orientieren sollen.
Die aktuelle Rechtslage
Derzeit ist die Rechtslage so: Wen die Polizei so berauscht im Auto erwischt, dass er fahruntüchtig ist, egal ob durch Drogen oder Alkohol, dem droht im schlimmsten Fall Gefängnis. Hier greift das Strafgesetzbuch. Bei niedrigeren Dosen oder Konsum, der schon etwas zurückliegt, wird es aber kniffliger.
Grundsätzlich begehen Autofahrer, die „unter der Wirkung“ des Cannabis-Wirkstoffs THC am Steuer sitzen, nach aktuell gültigem Straßenverkehrsgesetz eine Ordnungswidrigkeit – ausgenommen sind Patienten, die Cannabis als Arzneimittel verschrieben bekommen haben. Dem Gesetz zufolge liegt eine Wirkung vor, wenn THC im Blut nachgewiesen wird. Hier gibt es nun laut ADAC und TÜV-Verband einen etablierten Grenzwert von 1 Nanogramm THC pro 100 Milliliter Blut. Bußgeldkatalog und Fahrerlaubnisverordnung sehen 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot vor. In der Regel wird den Verbänden zufolge auch eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet.
Ob Betroffene bei einer solchen THC-Konzentration im Blut aber wirklich noch unter dem Einfluss von Cannabis stehen, sodass von einer Drogenfahrt ausgegangen werden kann, ist umstritten. Experten hatten sich beim Verkehrsgerichtstag in Goslar im vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, den Grenzwert zu erhöhen und argumentiert, er tauge nicht, da er keine Aussage über Fahruntüchtigkeit treffe und auch Menschen bestrafe, die nach dem Cannabis-Konsum bereits wieder fahrtüchtig seien. Der Wert müsse wie beim Alkohol so festgelegt werden, dass nur berauschte Fahrer sanktioniert würden, hieß es vom Deutschen Anwaltverein.
ADAC: Verkehrssicherheit darf nicht leiden
ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Frage, welcher konkrete Grenzwert angemessen ist, ist komplex, da er sich wissenschaftlich nicht sicher bestimmen lässt.“ Ziel müsse es sein, unberechtigte Bestrafungen zu verhindern und dennoch Fahrten unter der Wirkung von Cannabis zu verbieten und gegebenenfalls zu sanktionieren. „Die Verkehrssicherheit darf keinesfalls unter der Freigabe leiden.“
Details zu möglichen neuen Grenzwerten gibt es vielleicht noch in diesem Monat, wenn der erste Gesetzentwurf für die Cannabis-Legalisierung vorgelegt wird. Lauterbach und Özdemir hatten einen solchen Entwurf am Mittwoch bei der Präsentation der Eckpunkte für das Vorhaben angekündigt. (dpa/red)
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