Campact will Grüne und Linkspartei mit Wahlaktion retten – Verdeckte Parteienfinanzierung?
Am 1. September wählen die Bürger des Freistaats Sachsen einen neuen Landtag – und sowohl für die einst bedeutende Linkspartei als auch für die Grünen erscheint ein Einzug als nicht sicher. Eine jüngst veröffentlichte INSA-Umfrage sieht beide Parteien ebenso wie die SPD mit fünf Prozent an der Kippe. Die Vereinigung Campact – nicht zu verwechseln mit dem Magazin „Compact“ – will für die politische Linke nun retten, was zu retten ist.
Campact will auf Nummer sicher gehen
Wie die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) berichtet, hat die Vereinigung, die sich nach eigenen Angaben „entschlossen für eine progressive Politik“ einsetzt, vier sächsischen Kandidaten je 25.000 Euro angeboten. Diese sollten sie für einen offensiven Erststimmenwahlkampf nutzen – und so den beiden Parteien den Landtagseinzug absichern.
In Sachsen gilt – wie in drei weiteren deutschen Bundesländern – bei den Landtagswahlen keine reine Fünf-Prozent-Hürde. Gelingt es einer Partei jedoch, mindestens in zwei Stimmkreisen ein Direktmandat zu holen, zieht sie auch mit einem Zweitstimmenergebnis unter fünf Prozent in den Landtag ein.
Im Jahr 2019 war es der Linkspartei in einem und den Grünen in drei Stimmkreisen gelungen, ein Direktmandat zu erzielen. Bei Campact ist man sich sicher, dass auch in diesem Jahr je zwei Direktsitze an diese Parteien gehen könnten.
Drei Wahlkreise in Leipzig und einer in Dresden sollen Verbleib sichern
Im Leipziger Süden (Wahlkreis 28) erscheint das Erststimmenmandat von Juliane Nagel (Die Linke) einigermaßen stabil abgesichert zu sein. Vor fünf Jahren gewann sie diesen mit 27,4 Prozent und mehr als sechs Prozentpunkten Vorsprung auf Karsten Albrecht (CDU). Eine Grünen-Kandidatin landete mit 18,9 Prozent auf Platz 3 – im Zweifel könnte Nagel auf eine taktische Stimmenreserve aus diesem Spektrum zählen.
Im Wahlkreis 25 im Osten der Stadt will Nam Duy Nguyen das Direktmandat für Die Linke erobern. Neu zugeschnittene Wahlkreise könnten ihm dies erleichtern. Bei der Landtagswahl 2019 hatten Die Grünen zwei Erststimmenwahlkreise in Leipzig für sich entscheiden können. Im Westen der Messestadt hatte Claudia Maicher 2019 mit 26,9 Prozent der Stimmen den Linken-Kandidaten Marco Böhme auf Platz 2 verwiesen. In diesem Jahr geht sie als Favoritin erneut ins Rennen. Allerdings wurde der bisherige Stimmkreis Leipzig 5, wo Christin Melcher direkt gewählt wurde, neu aufgeteilt.
Knapp dürfte das Rennen hingegen für Thomas Löser (Die Grünen) im Nordosten von Dresden werden. Er kandidiert im dortigen Stimmkreis 41, der unter anderem die Neustadt umfasst. Allerdings war sein Vorsprung vor CDU-Bewerber Gunter Thiele 2019 mit 0,6 Prozent gering; Löser selbst kam auf 24,1 Prozent. Immerhin kam Die Linke dort auf 18,7 Prozent.
Campact hat nun angeboten, auch Maicher und Löser im Wahlkampf um das Direktmandat zu unterstützen, um die Präsenz der Grünen im Landtag auch bei einem Verfehlen der Fünf-Prozent-Hürde zu sichern. Pikanterie daran: Im Bund hatte die Partei der Ampelwahlrechtsreform zugestimmt, die genau diese „Rettungsring“-Regel über Direktmandate beseitigen wollte.
Nur ein Linkskandidat nahm Angebot von Campact an
Der Verein wollte mit Plakaten, Social-Media-Werbung und Wahlempfehlungen per Brief und elektronischer Post 32.000 Wähler erreichen und deren Erststimmenabgabe gezielt steuern. Die Grünen und ihre Direktkandidaten haben das Ansinnen der Vereinigung jedoch abgelehnt. Man wolle aus eigener Kraft erneut drei Direktmandate ansteuern, erklärte Landeschefin Marie Müser. Auf Deals mit der Linken wolle man sich nicht einlassen.
Angenommen hat das Angebot hingegen Nam Duy Nguyen. In der Linkspartei äußert man dafür Verständnis. Landeschef Stefan Hartmann sieht in der Kampagnenhilfe eine große Chance für den Newcomer. Außerdem äußerte er Unverständnis über die Verweigerungshaltung der Grünen. Über die Kampagne von Campact äußerte er:
„Wenn ich das richtig sehe, dann entspricht sie sowohl den Wahlzielen von uns als auch von den Grünen.“
Beide hätten zudem ein Interesse daran, dass möglichst viele Parteien im künftigen Landtag vertreten seien. Dies mindere den Einfluss der AfD.
Gesetzeslücke im Parteiengesetz ausgenutzt
Der Oldenburger Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler hat sich äußerst kritisch über das Engagement von Campact im Zusammenhang mit Wahlen geäußert. Gegenüber der Plattform „NIUS“ gab er zu bedenken, der Finanzierungskreislauf zwischen Regierung und sogenannten Nichtregierungsorganisationen wie Campact könne Vorgaben zur Parteienfinanzierung unterlaufen.
Anfang August war eine Spende von Campact an Die Grünen in Höhe von 160.000 Euro bekannt geworden. Zuvor hatte die gemeinnützige GmbH „Hate Aid“ seit 2021 insgesamt 2,2 Millionen Euro aus dem Bundesfamilienministerium der grünen Ministerin Lisa Paus erhalten. Gründer von „Hate Aid“ ist Campact. Die Vereinigung hatte die 25.000 Euro Stammkapital aufgebracht und hält heute noch die Hälfte der Gesellschafteranteile.
Boehme-Neßler sieht in diesem Geldkreislauf eine problematische Praxis – vor allem vor dem Hintergrund einer gesetzlichen Deckelung staatlicher Zuschüsse an politische Parteien. Gegenüber „NIUS“ äußerte er:
„Das Bundesverfassungsgericht weist in Urteilen immer wieder darauf hin, wie zentral diese Deckelung ist. Was wir im Fall von Campact und den Grünen jedoch beobachten können, ist eine Umgehung dieser Deckelung. Fördergelder des Staates werden auf Umwegen an eine Partei weitergeleitet.“
Illegal sei dies nicht, meint der Jurist. Allerdings werde eine Gesetzeslücke ausgenutzt: Im Parteiengesetz fehlt ein Passus, der verbietet, dass staatlich geförderte Vereine und NGOs an Parteien spenden dürfen.
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