Campact wegen Wahlbeeinflussung in der Kritik – AfD kündigt Aufarbeitung an

Campact ist für seine Kampagnen für progressive Politik und „gegen rechts“ bekannt. Nun steht der Verein im Rahmen der Landtagswahlen in den drei östlichen Bundesländern wegen möglicher unlauterer Wahlbeeinflussung in der Kritik. René Springer, Landesvorsitzender der AfD Brandenburg, kündigte eine Aufarbeitung an.
Titelbild
Ein Wahlkampfplakat der Grünen-Direktkandidatin Marie Schäffer am 9. September 2024 in Potsdam. Die Kampagnen-Organisation unterstützte Schäffer mit rund 72.000 Euro bei ihrem Wahlkampf.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 26. September 2024

Campact wird vorgeworfen, das Parteispendengesetz, das ausländische Wahlbeeinflussung verbietet, umgangen zu haben.

Die Kampagnen-Organisation „für ökosozialen Fortschritt“ sorgte aufgrund ihrer Spenden an Kandidaten der vergangenen drei ostdeutschen Landtagswahlen, besonders der Grünen, SPD und Linke, in Höhe von rund 350.000 Euro für Aufsehen.

Campact: AfD-Sperrminorität verhindern

Ziel von Campact war nach eigenen Angaben bei der politischen Arbeit im Vorfeld der Landtagswahlen eine strategische Wahl bei den Wählern anzuregen und dadurch eine Sperrminorität für die AfD zu verhindern.

Dies sollte durch Erststimmen-Kampagnen, die zu Direktmandaten für kleinere Parteien führen sollten, geschehen. In Sachsen sei ihr genau dies gelungen. „Dort konnten wir mit unserer Kampagne zum strategischen Wählen der Linkspartei den Einzug in den Landtag ermöglichen – und so die Blockademacht der AfD verhindern“, so Kampagnenleiter Danny Schmidt in einer Stellungnahme nach der Wahl.

In Brandenburg setzte Campact dann die gleiche Strategie fort: „Ein einziges Direktmandat für die Grünen könnte schon eine Sperrminorität der AfD verhindern und ihren Einfluss entscheidend begrenzen.“

So hatte Campact im Wahlkreis Potsdam I die Grünen-Direktkandidatin Marie Schäffer unterstützt.

Zusätzlich wollte die Kampagnen-Organisation „möglichst viele AfD-Direktmandate verhindern“.

Protest gegen die AfD-Wahlparty in Potsdam.

Protest gegen die AfD-Wahlparty in Potsdam. Foto: Christoph Soeder/dpa

Campact unterstützt „demokratische“ Parteien in Brandenburg, Sachsen und Thüringen

Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen setzte Campact nach eigenen Angaben 161.300 Euro für grüne Kandidaten ein.

An die Partei Die Linke überwies die Organisation 66.600 Euro. Dabei ging es um direkte Geldspenden sowie geldwerte Vorteilen wie Postwurfsendungen und Onlinekampagnen.

Zudem erklärt Campact in einer Mitteilung, dass man der Brandenburger SPD 100.000 Euro spendete, um 25 SPD-Kandidaten zu unterstützen. Der Grünen-Kandidatin Schäffer ließ man eine Geldspende in Höhe von 25.000 Euro und Péter Vida von den Freien Wählern 4.000 Euro zukommen.

Ein Wahlkampfplakat der Grünen und ihrer Kandidatin Marie Schäffer sowie ein zerstörtes Wahlkampfplakat der AfD mit ihrem Kandidaten Hans-Christoph Berndt in Potsdam. Foto: Maja Hitij/Getty Images

Insgesamt investierte der Verein in Schäffer rund 72.000 Euro, um ihr zu einem Direktmandat zu verhelfen, was schlussendlich misslang. Denn neben der Direktspende wurde sie auch mit 61.000 Euro für Postwurfsendungen und Onlinekampagnen unterstützt, heißt es in Medienberichten.

Was in den Briefkästen dann landete, demonstriert der AfD-Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzende in Brandenburg, Christoph Berndt, während einer Pressekonferenz vor der Landtagswahl. Eine Prenzlauer Bürgerin habe ihm an einem AfD-Wahlkampfstand einen gefüllten Umschlag mit politischem Werbematerial gegen die AfD überreicht, das sie offenbar über ihren Briefkasten oder die Türklinke erhalten hat.

16 Millionen Euro an Einnahmen

Um welche Geldmittel Campact verfügt, wird anhand des Transparenzberichtes 2023 deutlich. Der Organisation nahm letztes Jahr 16,1 Millionen Euro ein.

Davon stammen 63,5 Prozent aus regelmäßigen Förderbeiträgen, 22,7 Prozent aus zweckgebundenen Kampagnen- und Projektspenden, 10,6 Prozent aus freien Spenden und 3,2 Prozent aus sonstigen Erträgen, heißt es im Bericht.

Dort wird zudem angegeben, dass die Ausgaben für dasselbe Jahr rund 15,1 Millionen Euro betrugen. Der größte Teil der Ausgaben floss dabei mit rund 6,7 Millionen Euro in Kampagnen und Projekte.

Seit 2019 nicht mehr gemeinnützig: Campact. Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images

Was ein Blick in Campacts Transparenzberichte auch zeigt, ist, dass die Spenden nicht nur aus dem Inland und von privaten Einzelpersonen stammen, sondern auch von bekannten politisch agierenden Organisationen aus dem Ausland, die scheinbar über Campact auf die deutsche Politik Einfluss nehmen wollen.

So spendete im Jahr 2022 die umstrittene Open Society Foundation des US-Multimilliardärs George Soros Campact rund 270.000 Euro für „Demokratieprojekte“.

Klimaorganisationen spenden an Campact

Im selben Jahr spendete auch die European Climate Foundation (ECF) mit Hauptsitz in Den Haag Campact 80.000 Euro. Ein Jahr zuvor waren es 55.000 Euro.

ECF gibt an, Organisationen zu unterstützen, die helfen, „ein grüneres, friedlicheres und demokratischeres Europa durch Klimaschutzmaßnahmen“ zu erreichen. Dafür gibt die ECF laut eigenen Angaben aus dem Jahr 2019 jedes Jahr rund 25 Millionen Euro aus. Wobei der größte Teil dieser Mittel an Nichtregierungsorganisationen und Thinktanks vergeben werde, „die auf sachdienliche politische Veränderungen hinarbeiten“.

Auch die in San Francisco ansässige ClimateWorks Foundation (CWF) förderte Campact mehrere Jahre lang. So erhielt der Verein von CWF im Jahr 2021 eine Förderung von 142.904 Euro, im Jahr 2020 von 157.139 Euro und im Jahr 2019 von 153.711 Euro, „um die Klima- und Anti-Kohle-Bewegung in Deutschland zu stärken“.

Der im Jahr 2004 gegründete Verein Campact e. V. ebenso wie die 2019 gegründete Demokratie-Stiftung Campact engagieren sich „entschlossen für progressive Politik“ und für „Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine starke Zivilgesellschaft“.

Rechtsgelehrter sieht Umgehung von Parteispendengesetz

In den Augen des Rechts- und Politikwissenschaftlers Volker Boehme-Neßler besteht der Verdacht, „dass der Verein Campact durch sein Handeln die strengen Regeln zur Parteispende umgeht“, so der Professor der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg zum Magazin „Multipolar“.

Denn ausländische Organisationen dürfen deutsche Parteien laut Gesetz nicht direkt unterstützen oder in Wahlkämpfe eingreifen. Der Umweg verdeckt über eine inländische Organisation macht dies jedoch möglich.

Laut Boehme-Neßler sehe es „sehr nach einer Umgehung von Paragraf 25 […] des Parteiengesetzes“ aus. Diese „deutlichen Verletzungen“ des Parteispendenrechts müssten laut dem Rechtsgelehrten „Konsequenzen“ haben.

Campact e. V. verlor im Jahr 2019 die Gemeinnützigkeit wegen „Beeinflussung der öffentlichen Meinung“.

Steuermittelnutzung für Kampf gegen AfD?

Im vergangenen Monat warf das Nachrichtenportal „NiUS“ Campact vor, über eine mitgegründete Organisation möglicherweise indirekt Regierungsfördermittel bekommen zu haben, um parteipolitisch gegen die Opposition, besonders die AfD, aktiv zu sein.

Es geht um rund 2,2 Millionen Euro, die die gemeinnützige GmbH HateAid über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ vom grün geführten Bundesfamilienministerium über vier Jahre seit 2021 erhielt. Gefördert wurde dabei sein Einsatz gegen „Hass im Netz“.

Zu den Förderern von HateAid gehört auch das Bundesjustizministerium, die Alfred Landecker Foundation und die Deutsche Postcode Lotterie.

Sie alle seien Geldgeber, deren jährliche Zuwendung im Jahr 2023 „mehr als zehn Prozent unserer gesamten Jahreseinnahmen ausmachen“, heißt es in dem Tranzparenzbericht 2023. Als Kernaufgabe sieht HateAid, die „Demokratie im digitalen Raum“ zu stärken und die digitale Welt „für alle zu einem positiven Ort zu machen“.

Wie eng die Verbindung zwischen Campact und HateAid ist, zeigt, dass Campact zu 50 Prozent an der Berliner Organisation beteiligt, also Hauptgesellschafter ist.

Anna-Lena von Hodenberg ist eine von zwei Geschäftsführerinnen und Mitgründerin der gGmbH. Sie ist als Gesellschafterin mit 25 Prozent an HateAid beteiligt und arbeitete seit 2015 bei Campact. Dort war sie für Kampagnen gegen „Rechtspopulismus und Rassismus“ verantwortlich.

2018 gründete sie mit Campact und Fearless Democracy gemeinsam HateAid.

Die Organisation hat die ehemalige Ministerin Renate Künast (Grüne) bei einer Grundsatzklage gegen Facebook unterstützt. Auch für Staatsministerin Claudia Roth (Grüne), Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer oder die ehemalige Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) hat HateAid sich eingesetzt.

Claudia Roth (r.) und Renate Künast nehmen am 16. November 2012 am Bundesparteitag der Grünen in Hannover teil. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Campact sieht Einschüchterungsversuch

Campact weist den Vorwurf zurück, „über die HateAid gGmbH ein Konstrukt zur Umverteilung von Steuergeldern etabliert“ zu haben. Der Verein sagt, dass er weder direkt noch indirekt Fördermittel von einem Bundesministerium oder von einer anderen staatlichen Institution oder über HateAid bekomme.

Die Organisation habe gegenüber dem Medium „NiUS“ bereits juristische Schritte eingeleitet, heißt es in einer Mitteilung.

Auch gegen die AfD, die die NiUS-Berichte dazu in einer Pressemitteilung aufnehme, behalte sich Campact die Prüfung juristischer Schritte vor. Und weiter heißt es: Campact sehe darin „Diffamierungen“ und den Versuch, „demokratische zivilgesellschaftliche Organisationen unter Druck zu setzen und einzuschüchtern.“

Auf die Vorgänge während einer Bundespressekonferenz durch die „NachDenkSeiten“ angesprochen, hielt sich die Regierung bedeckt. „Ich kann Ihnen jetzt zu dem Einzelfall nichts sagen“, sagte eine Sprecherin des Familienministeriums, nachdem sie die Förderung von HateAid durch das Ministerium bestätigt hatte.

Mögliche Konsequenzen gegen Campact kündigte René Springer, Landesvorsitzender der AfD Brandenburg und AfD-Bundestagsmitglied, an.

In der Pressekonferenz seines Parteiverbandes nach dem Wahlsonntag erklärte er, dass der Vorstand beschlossen habe, das Thema „mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen“ aufzuarbeiten und transparent zu machen, „was hier eigentlich passiert“. „Diese Korruption werden wir so nicht geschehen lassen.“



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