Buschmann will zurück zur liberalen Linie – Bündnis mit Scholz ausgeschlossen

Mit Marco Buschmann als neuem Generalsekretär will die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag schaffen und womöglich wieder Teil einer Regierung werden. „Er war für mich die einzig denkbare Option“, lobte Parteichef Lindner seinen Vertrauten auf einer Pressekonferenz. Der will wieder für mehr Liberalismus eintreten.
Titelbild
FDP-Parteichef Christian Lindner (links) setzt beim Wahlkampf auf Ex-Justizminister Marco Buschmann als Generalsekretär.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 2. Dezember 2024

FDP-Parteichef Christian Lindner hat den früheren Bundesjustizminister Marco Buschmann am frühen Nachmittag des 2. Dezember offiziell als neuen Generalsekretär vorgestellt. Der 47-jährige Jurist ersetzt Bijan Djir-Sarai, der am vergangenen Freitag im Zuge der „D-Day“-Affäre zurückgetreten war – ebenso wie der FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann.

Auf einer Pressekonferenz, der eine Sitzung von Präsidium und Bundesvorstands vorausgegangen war, lobte Parteichef Christian Lindner Buschmann als den „besten Wahlkampfplaner und -programmatiker“, den die FDP „seit vielen Jahrzehnten“ habe:

Er war für mich die einzig denkbare Option, aufgrund unseres engen persönlichen Vertrauensverhältnisses und seiner unbestrittenen intellektuellen Brillanz“.

Buschmanns formale Wahl zum Generalsekretär werde zwar erst auf dem nächsten Bundesparteitag stattfinden, mit seinen Amtsaufgaben werde er aber schon jetzt beginnen, sagte Lindner.

Regierungsverantwortung nur ohne Scholz

Ohne seinen Vertrauten in den Wahlkampf zu gehen, wäre aus Sicht Lindner „unendlich viel schwerer“ geworden. Immerhin sei es „wesentlich“ Buschmann zu verdanken, dass die FDP 2017 in den Bundestag zurückgekehrt sei und 2021 mit einem noch besseren Ergebnis in den Bundestag eingezogen sei.

„Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, ohne Marco Buschmann ein Comeback der FDP am 23. Februar zu erreichen“ sagte Lindner. Nun aber sei er sicher, dass die FDP wieder „mit einem starken Ergebnis“ in den Bundestag einziehen werde und „dass es die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung der Freien Demokraten“ gebe.

Mit Olaf Scholz werde es aber „nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben“, auf keinen Fall ein neues Bündnis geben, betonte Lindner. „Wir haben gegenwärtig einen Bundeskanzler, der nicht die Menschen aus ihren Ängsten befreit, indem er ihnen eine Perspektive zeigt“, kritisierte Lindner. Vielmehr sei der Kanzler „offensichtlich in den gleichen Ängsten gefangen“, wie die Menschen sie teilten. Stattdessen brauche es „Mut zu einer Wende“.

Die Notwendigkeit von Neuwahlen sei am vergangenen Wochenende noch einmal bestätigt worden, so Lindner, „denn auch der von der FDP ‚befreite‘ Scholz“ habe „keine anderen Ideen als der Ampel-Scholz“:

„Olaf Scholz redet weiter an den Problemen des Landes vorbei und würde auch an den Herausforderungen unseres Landes weiterhin vorbei regieren. Wir haben eine sich zuspitzende wirtschaftliche Krise. Hunderttausende Menschen müssen sich inzwischen sorgen um Jobs – eine Erfahrung, die es in unserem Land schon lange nicht gegeben hat. Die einzige Antwort von Olaf Scholz darauf ist, die Schuldenbremse infrage zu stellen, was ich konzeptionell hilflos finde.“

Die Liberalen sähen „keinen Grund, sich zu rechtfertigen, dass wir neue Politik oder neue Wahlen wollten und dass wir uns darauf vorbereitet haben“, betonte Lindner. Je näher der Beschluss des Haushalts 2025 herangerückt sei, sei auch die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns der Ampel „im Wachsen begriffen“ gewesen. Intern habe man bei der FDP auch andere Szenarien durchgespielt. Doch diese Papiere werde man höchstens dann veröffentlichen, „wenn SPD und Grüne auch bereit sind, ihre Schubladen aufzumachen“.

Pro Neuausrichtung, gegen irreguläre Migration

Die „Weltoffenheit und Toleranz Deutschlands“ könne nur dann erhalten werden, wenn es „mehr Kontrolle, mehr Begrenzung, mehr Konsequenz“ gebe, erklärte Lindner: „Die irreguläre Migration muss unterbunden werden“. Die FDP werde im „Interesse der jungen Generation“ auch nicht für eine Aufweichung der Schuldenbremse oder für „Tricks beim Haushalt“ zur Verfügung stehen.

Nach den vergangenen gut zehn Jahren gehe es nun um eine komplette „Neuausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik, die möglicherweise über die Dimension der Agenda 2010 hinausgehen“ müsse. Das Land leide nicht nur unter „strukturellen Schwächen“: „Möglicherweise“ stünden „ganze Schlüsselindustrien mit ihrer Zukunftsfähigkeit am Standort Deutschland“ infrage. Die „Wirtschaftswende“ sei ein Schlüssel, um „den Lebensstandard zu sichern und unseren Wohlstand zu sichern“.

Es geht aber auch um den sozialen Frieden und die „demokratische Kultur“, betonte Lindner. Wenn die Politik nicht liefere, seien Menschen anfällig dafür, „das System selbst infrage zu stellen“. Angesichts der „Konzeptionslosigkeit von Rot-Grün“ bedeute all dies die Notwendigkeit einer „politischen Richtungsentscheidung“. Einen solchen Kurswechsel werde es allerdings „nur mit Freien Demokraten im Parlament und in Regierungsverantwortung geben“, meinte der FDP-Chef.

Bedauern über Rückzug von Djir-Sarai und Reymann

Den Rückzug von Djir-Sarai und Reymann bedauere er, denn er habe „sehr gerne und gut“ mit beiden zusammengearbeitet, sagte Lindner. Nun hätten sie schnell die politische Verantwortung aus den „kommunikativen Fehlern im Umgang mit Szenen aus internen Sitzungen und internen Dokumenten“ übernommen, durch die die „Lauterkeit unserer Motive“ habe infrage gestellt werden können. „Wir werden die Prozess- und Kommunikationsfehler nach dem Scheitern der Ampel auch weiter aufarbeiten“, versprach der FDP-Chef.

Auch Schatzmeister wirft hin

Nach Informationen der „Welt“ hatte sich der FDP-Bundesschatzmeister Harald Christ angesichts all der Querelen der vergangenen Monate ebenfalls entschieden, die Partei zu verlassen.

Er habe schon länger mit dem Gedanken gespielt. „Aber die Entwicklungen der vergangenen Tage haben diesen Prozess beschleunigt“, sagte Christ im Gespräch mit dem „Handelsblatt“. „Wenn ich Mitglied einer Partei bin, werde ich mit dem identifiziert, was diese Partei tut. Das wollte ich nicht mehr. Für mich ist Haltung wichtig“, so Christ.

Buschmann will an alte Erfolge anknüpfen

Der designierte Generalsekretär Marco Buschmann erklärte, es sei Lindners Mahnung für eine Richtungsentscheidung gewesen, die ihn zur Übernahme seiner neuen Position motiviert habe.

Selbst aus den „berühmten kleinen Verhältnissen“ stammend, wolle er, dass Menschen auch noch in fünf oder zehn Jahren durch Talent oder Fleiß „die Chancen hätten, aus ihrem Leben etwas zu machen“. „Und diese Erfolgsstory dieses Landes spiegelt sich wider in den Farben, die dieses Land ausmachen, in den Farben Schwarz-Rot-Gold“.

Vor dem Hintergrund der seit 2019 herrschenden Stagnation sei das liberale Denken nötiger und wichtiger denn je. Die Kernfrage im Wahlkampf laute:

Glaubt man, mit einem Gängelband der Subvention die Wirtschaft nur richtig dirigieren zu müssen, oder glaubt man an unternehmerische Initiative und Wettbewerbsfähigkeit?“

Verfassungsgericht und schwache Wirtschaftsprognosen als Gründe für Regierungsscheitern

Seiner Meinung nach lasse sich nur durch mehr Wettbewerbsfähigkeit und bessere Rahmenbedingungen die Zuversicht in der Breite herstellen, „dass es vorwärtsgeht, dass es sich lohnt, sich anzustrengen und dass man für sich selber und seine Familie etwas erreichen kann“. Dafür stelle er sich gerne im Wahlkampf in den Dienst der FDP. Ein so erfahrener und motivierter Wahlkämpfer wie Christian Lindner sei im Übrigen der „beste Spitzenkandidat“, den die FDP dafür nur haben könne.

Buschmann betonte, dass es kein Papier gewesen sei, an dem die Ampel gescheitert wäre, sondern unterschiedliche Auffassungen über Wirtschafts- und Finanzfragen. Nach Regierungsantritt habe man nicht damit rechnen können, dass sich durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 60 Milliarden Euro in Luft auflösen würden. Zudem hätten „spätestens im Januar 2024“ alle Jahresausblicke die Hoffnung des Jahres 2021 schwinden lassen, dass nach Corona ein großer Boom kommen würde. Als die Wirtschafts-, Haushalts- und Finanzpolitik dadurch oberste Priorität erreicht hätten, hätten Ampel-intern auch die Konflikte zugenommen.

Künftig wolle er sich dafür einsetzen, dass die Regierung sich den Bürgern gegenüber nicht „noch übergriffiger“ verhalte, versprach der Jurist. Er werde den Fokus wieder auf einen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und
rechtsstaatlichen Liberalismus setzen. Insofern könne eine Entlassung „auch eine Befreiung sein“. Denn jetzt bestehe wieder die Chance, darüber nachzudenken, ob immer mehr Geld, Personal und Befugnisse auf Staatsseite das Leben der Menschen wirklich besser mache:

Haben wir einfach den Punkt der Klugheit überschritten? […] Haben wir es nicht in vielen Bereichen übertrieben und einen Punkt überschritten, wo es noch gut ist?“

Das Video von der Pressekonferenz gibt es auch bei Epoch Times.

Basis gegen Buschmann, Strack-Zimmermann für ihn

Die FDP-Basisinitiative „Weckruf“ hält nach Informationen des „Spiegel“ nichts von Buschmann als neuem General. „Mit ihm wird einer der Architekten der missglückten Projekte der Ampelregierung erneut an zentraler Stelle in Verantwortung kommen“, habe der „Weckruf“-Mitinitiator Alexander-Georg Rackow kritisiert. „Ein Neuanfang und ein dynamischer Start in den Wahlkampf dürften mit dieser Personalie nicht möglich sein.“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, EU-Abgeordnete der FDP, lobte die Personalie Buschmann dagegen. „Wir wissen, was er kann. Der kennt das ganze Haus gut. Er war lange Geschäftsführer, und er ist seriös genug, um eben wieder Ruhe in die Hütte zu bringen“.

Buschmann nach Lindner-Entlassung als Justizminister zurückgetreten

Buschmann hatte sein Amt als Justizminister niedergelegt, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 6. November seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und damit den Bruch der Ampelkoalition herbeigeführt hatte. Das Justizressort übernahm interimsmäßig sein ehemaliger Parteikollege, Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Für Christian Lindner war der ehemalige Staatssekretär Jörg Kukies (SPD) an die Spitze des Finanzressorts nachgerückt.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion