Buschmann im Koalitionsausschuss: Wie lief diese Sitzung ab?
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darum gebeten, ihn aus seinem Amt zu entlassen. In seiner am Donnerstag veröffentlichten Rücktrittserklärung schildert Buschmann seine Wahrnehmung des Endes der Koalition und die Sorge, dass die Stagnation der Wirtschaft die „Zentrifugalkräfte der Gesellschaft“ beschleunige.
„Der Finanzminister hat innerhalb der Bundesregierung Vorschläge gemacht, um in dieser Lage eine Wirtschaftswende zum Besseren zu erreichen“, schreibt Buschmann.
„Im Koalitionsausschuss vom 6. November sollte beraten werden, was daraus für die Wirtschaftspolitik der Regierung folgen solle. In dieser Sitzung hat der Bundeskanzler ein Maßnahmenpapier vom gleichen Tage vorgelegt.“
Lindner sollte zustimmen – „spontan ohne jede seriöse Prüfung“
Das Papier von Olaf Scholz (SPD) habe unter anderem eine Aussetzung der Schuldenbremse enthalten. „Zudem enthielt es einige wenige – im Vergleich zur oben genannten Wachstumsinitiative – zusätzliche Maßnahmen, die aber kaum geeignet erscheinen, eine substanzielle Wirtschaftswende zu Besseren herbeizuführen. Die FDP-Mitglieder im Koalitionsausschuss haben ihre Skepsis gegenüber der Aussetzung der Schuldenbremse signalisiert, waren im Übrigen aber bereit, weitere Gespräche über die Zusammenführung der verschiedenen Vorstellungen zu führen“, so der Minister.
„Als sich hier kein Konsens abzeichnete, hat der Bundesfinanzminister vorgeschlagen, dass die drei Koalitionsparteien gemeinsam den Weg zu Neuwahlen freimachen, um dem Land geordnet und in Würde eine demokratische Richtungsentscheidung zu ermöglichen.“
Dies habe der Bundeskanzler zurückgewiesen. „Vielmehr hat er darauf bestanden, dass sich der Bundesfinanzminister in der Sitzung bereit erklären solle, einem Beschluss zur Aussetzung der Schuldenbremse politisch zuzustimmen.“
Der Bundesfinanzminister habe daraufhin klargestellt, dass er ökonomische und verfassungsjuristische Zweifel gegen dieses Vorgehen hege. „Ich teile diese Skepsis, da mir schon der Veranlassungszusammenhang zwischen der Begründung einer Haushaltsnotlage und den damit zu finanzierenden Maßnahmen nicht plausibel erscheint“, so Buschmann.
„Keinesfalls kann eine solche Entscheidung spontan ohne jede seriöse Prüfung erfolgen. Daher sah sich der Bundesfinanzminister meiner Ansicht nach völlig zu Recht außer Stande, dem Wunsch des Bundeskanzlers zu entsprechen.“
Buschmann warnt vor „brutalen Verteilkämpfen“
Daraufhin habe der Bundeskanzler bekundet, nicht mehr mit dem Bundesfinanzminister zusammenarbeiten zu wollen. „Damit war die Koalition aufgekündigt. Sodann habe ich dem Bundeskanzler angekündigt, dass ich ihn unverzüglich schriftlich um die Entlassung aus dem Amt ersuchen werde“, schilderte der Justizminister.
„Warum der Bundeskanzler den geordneten Weg zu Neuwahlen ausgeschlagen hat, um sodann selbst die Koalition aufzukündigen und in völlig unklaren Verhältnissen Neuwahlen anzustreben, erschließt sich mir nicht.“
Buschmann äußerte die Sorge, dass die derzeitige Stagnation der Wirtschaft die „Zentrifugalkräfte der Gesellschaft“ beschleunige. „Sie läuft Gefahr, auf den Pfad einer Nullsummen- oder gar Schrumpf Logik abzugleiten. Hier drohen brutale Verteilungskämpfe, weil man nur noch etwas gewinnen kann, indem man anderen etwas wegnimmt“, fürchtet der FDP-Politiker.
„Die Verrohung der Debattenkultur in den letzten Jahren fällt nicht zufällig in eine Zeit wirtschaftlicher Rückschläge. In einem solchen Umfeld gedeihen die Prinzipien des Rechts und der Humanität nicht gut.“
Auch im US-Wahlkampf habe die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft mit zu einer starken Polarisierung beigetragen. „Es droht uns eine Zeit der Wölfe, in der zunehmend wieder das Hobbessche Wort vom `homo homini lupus` gilt“, schrieb Buschmann. „Das muss auch einen Justizminister umtreiben.“
Der Satz „homo homini lupus“ (lateinisch für „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“) stammt ursprünglich nicht von Hobbes selbst, sondern geht auf den römischen Komödiendichter Plautus zurück. Hobbes stellt dem „homo homini lupus“ den Satz „Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“ gegenüber. Hobbes nutzt den Ausspruch als Warnung vor den Gefahren eines fehlenden Staatswesens, nicht als absolute Aussage über die menschliche Natur. (dts/red)
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