Buschkowsky: Berliner „Kuscheljustiz“ und „System der organisierten Tatenlosigkeit“

Berliner „Kuscheljustiz“ nennt es der frühere Bürgermeister von Berlin-Neukölln. Heinz Buschkowksy (SPD), der frühere Mentor von Franziska Giffey, warnt: Berlin hätte den Ruf, hier könnten alle tun, was sie wollen. Aber Sie könnten ja am 12. Februar anders wählen.
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Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).Foto: Omer Messinger/Getty Images
Von 9. Januar 2023

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Der ehemalige Bürgermeister von Berlin-Neukölln und frühere Mentor von Berlins Regierungschefin Franziska Giffey (SPD), Heinz Buschkowky (SPD), kritisiert ihre Aussagen nach den Silvester-Angriffen auf Einsatzkräfte.

Der 74-Jährige sprach gegenüber der „Welt“ von einer Berliner „Kuscheljustiz“ – und Giffeys Reaktionen auf die Vorfälle.

„Haben Sie die Kommentare der Regierenden Bürgermeisterin gehört? ‘Also, so geht’s wohl nicht. Da müsse man sehr intensiv drüber reden“, gibt er Giffey wieder. Es passiere gar nichts, so Buschkowsky. Er spricht dabei von einem „System der organisierten Tatenlosigkeit“.

„Unsere Obrigkeit, was tut die? Sie labert, wie immer“, äußert er zuvor gegenüber der „B.Z.“. Berlin sei für ihn ein Ort des Fremdschämens geworden. Die Verhältnisse wären eskaliert, es sei schlimmer geworden. „Da müssen wir reagieren mit der ganzen Härte des Rechtsstaats“, so Buschkowsky.

Berlin hätte den Ruf, hier könnten alle tun, was sie wollen. Man hätte die Instrumente härter durchzugreifen, man findet jedoch keinen Richter, der das machen würde. „Wir haben eine Situation, dass sich unsere Gesellschaft mehr und mehr in Richtung Talfahrt bewegt.“

Es sei eine Frage der Politik und es sei ja so gewollt. Es hieße: „Das ist doch schick, das ist bunt, wir sind lustig, jeder hat seinen Spaß.“ Aber die Berliner hätten ja die Möglichkeit, durch die Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 was zu ändern, so der SPD-Mann.

„Szenen, die an bürgerkriegsähnliche Zustände erinnerten“

Giffey war von 2015 bis 2018 Bürgermeisterin von Berlin-Neukölln. Sie übernahm die Aufgabe von Buschkowsky.

Neuköllns amtierender Bürgermeister Martin Hikel (SPD) erklärte in einem Interview mit der „Welt“ dass er zu Silvester in seinem Stadtbezirk „Szenen, die an bürgerkriegsähnliche Zustände erinnerten“ gesehen hätte. „Das hatte in diesem Jahr eine neue Qualität.“

Er sprach dabei von sozial abgehängten Stadtquartieren und bei den Tätern von Männern, die unter „falschen Vorstellungen“ groß geworden wären.

Die Debatte um die Ausschreitungen zu Silvester fällt in den Berliner Wahlkampf. Am 12. Februar soll in der Hauptstadt die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt werden, weil es bei der zurückliegenden Abstimmung nach Einschätzung des Landesverfassungsgerichts zahlreiche Pannen und organisatorische Mängel gegeben hatte. Derzeit regiert in Berlin eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken.

FDP fordert Stärkung des Rechtsstaates

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Sebastian Czaja, forderte am Samstag im „rbb-Inforadio“, es brauche eine stärkere Justiz. Es müssten mehr Stellen geschaffen und den Richtern mehr Möglichkeiten gegeben werden, mit einer guten Ausstattung und mehr Personal auch auf die Alltagsfragen in der Stadt zu reagieren. „Ein funktionierender Rechtsstaat wäre notwendig.“

In der „Berliner Zeitung“ wurde Giffey gemeinsam mit Raed Saleh interviewt, mit dem sie den SPD-Landesverband leitet. Ob das Berlin-Bashing sie nerve? „Es ist Teil einer abgestimmten Strategie innerhalb der Union“, sagte Saleh. Merz und Söder versuchten damit, den Wahlkampf in Berlin zu beeinflussen und „mit rechter Rhetorik die Stadt schlecht- und kaputtzureden“.

Seit den Ausschreitungen wird auf politischer Ebene über Konsequenzen und künftige Prävention diskutiert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Freitag gesagt, sie wolle eine Verschärfung des Waffenrechts durchsetzen, insbesondere mit Blick auf den Kauf von Schreckschusswaffen.

Was sagte Giffey? Bayern soll vor eigener Tür kehren

„Wenn in einer fast Vier-Millionen-Metropole 145 Chaoten Mist bauen, kann man nicht daraus folgern, dass alle anderen Einwohner hier auch Chaoten sind“, erklärte die SPD-Politikerin der „Berliner Zeitung“ am 7. Januar. „Auch Bayern hat vor der eigenen Tür einiges zu kehren, zum Beispiel in Sachen Reichsbürgertum. Ich gebe Herrn Söder ja auch keine Ratschläge.“

In der Nacht zum Neujahrstag waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in einigen Vierteln von Berlin. Insbesondere in Berlin-Neukölln, einem Bezirk mit hoher Migrationsrate, kam es zu mehreren Angriffen auf Einsatzkräfte.

Dort musste ein Löschfahrzeug der Feuerwehr auf dem Weg zu einem Einsatz vor einer Straßenbarrikade aus Baustellenschildern anhalten. 30 Vermummte bewarfen daraufhin das Fahrzeug mit Steinen und beschossen es mit Schreckschusspistolen. Sie stürmten anschließend das Einsatzfahrzeug, rissen die Rollläden an den Seiten mit dem Werkzeug hoch und entwendeten Ausrüstung. Schließlich konnte die Besatzung mit dem Auto flüchten.

Söder sagte nach den Ausschreitungen: „Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaos-Stadt – beginnend bei der Politik, die weder Wahlen organisieren noch die Sicherheit ihrer Bürger garantieren kann.“ Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte im „Münchner Merkur“ Kritik an der Berliner Landesregierung geäußert.

Verschärfung des Waffenrechts geplant

Giffey betonte beim Besuch einer Berliner Feuerwache am 6.1.2023, es brauche etwa eine schnelle und konsequente Strafverfolgung.

Wichtig sei eine schnelle und konsequente Ahndung der Straftaten, insbesondere bei jugendlichen Mehrfachtätern, so die SPD-Politikerin. Die Frage sei: „Wie sehr setzen wir uns dafür ein, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Dass junge Täter noch wissen, wofür sie verurteilt werden.“

Bei den Silvester-Ausschreitungen waren häufig Kinder und Jugendliche, oftmals mit ausländischen Wurzeln involviert.

Eine schnelle Reaktion des Staates für Giffey auch deshalb wichtig, weil sich die Situation in den vergangenen zwei Jahren verschärft habe. „Das, was in der Corona-Pandemie an Einschränkungen gemacht wurde, hat sich auf Kinder und Jugendliche massiv ausgewirkt und in sozialen Brennpunkten nochmals stärker gewirkt“, sagte Giffey.

Der „Berliner Zeitung“ nannte sie insgesamt fünf Punkte. Neben der Strafverfolgung erwähnte Giffey mehr Personal und Ausstattung bei Polizei und Feuerwehr, den Einsatz für die Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene, zusätzliche Investitionen in die Sozial- und Jugendarbeit vor Ort sowie ein Sonderprogramm für die Unterstützung und Verbesserung der Lebenssituation in Großwohnsiedlungen gemeinsam mit dem Quartiersmanagement.

(Mit Material von dpa)



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