„Burka schärft die Wahrnehmung“ – VHS-Spezialkurs: Staatlich gefördertes Probe-Schlüpfen ins „Stoffgefängnis“

Bald wird ein staatlich geförderter Kurs angeboten, in dem die Teilnehmer schon einmal probieren können, wie man in eine Burka schlüpft. Denn: "Burka schärft die Wahrnehmung", so die Rechtfertigung des VHS-Direktors.
Von 17. Januar 2018

„Farbenfrohe Kopfbedeckungen machen neugierig auf ihre Trägerinnen“, heißt es in der Beschreibung eines Burka-Kurses an der VHS Dresden. Was hat es damit auf sich?

Ganz toll verhüllt?

Am 11. Juni um 19 Uhr ist es dann so weit: Der neue VHS-Kurs 18F1213 mit dem Titel „Kopftuch und Hijab in Dresden – Kleiderordnungen im Islam“ startet. Offenbar soll dieser Kurs auch die modische Frau darin ermutigen, die Verschleierung mal hautnah zu erleben:

So trägt Aysche den Hijab, der ihr Haar und Hals bedeckt, Marinda bevorzugt den Chimar, der wie ein Cape Kopf und Schulter bedeckt. Andere Frauen tragen den Nikab, Tschador oder Al-Almira.“

Doch nicht nur theoretisches Wissen wird vermittelt, es kann „sogar praktisch (wie fühlt sich eine Burka an) ausprobiert werden“, heißt es weiter.

Staatlich gefördert und nur für Ehrenamtliche

Der Kurs ist kostenlos, denn: „Diese Veranstaltung wird durch die Landeshauptstadt Dresden gefördert.“ Außerdem müssen die Teilnehmer bei der Anmeldung einen Nachweis über das „persönliche ehrenamtliche Engagement“ erbringen.

Für den integrationspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion scheint das eher ein Rückschritt, wie die erstberichtende „Bildzeitung“ zitiert:

Dieser Kurs strotzt vor Naivität. Wir wollen eine Gesellschaft, wo wir uns in die Augen schauen können und nicht lernen müssen, wie man sich verschleiert.“

(Jörg Kiesewetter, Integrationspolitiker, CDU)

VHS Dresden: Burka schärft Wahrnehmung

In einer Pressemitteilung der VHS Dresden heißt es, dass der Kurs bereits seit Frühjahr 2016 zum fünften Mal stattfinde und man die „verzerrte und an Populismus grenzende Berichterstattung“ nicht nachvollziehen könne, die „künstlich ausgelöste Kontroversen“ erzeuge.

An keiner Stelle wird das Tragen der Burka im Kurs verherrlicht, geschweige denn propagiert. Vielmehr steht nicht die Burka, sondern die Kleiderordnung im Allgemeinen im Fokus des Kurses.“

(Jürgen Küfner, VHS-Direktor, Dresden)

Küfner stellte zudem klar, dass der Kurs „vor allem für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit konzipiert“ wurde, um nötiges Hintergrundwissen für den Flüchtlingskontakt zu vermitteln und sich mit dem „Rollenbild der Frau im Islam“ zu beschäftigen, Hintergründe kennenzulernen und sich ein eigenes Urteil zu bilden, heißt es in der von einer Dresdner PR-Agentur professionell verfassten Meldung. Apropos Burka:

Das Anlegen der Burka, falls von Kursteilnehmern gewünscht, kann dabei hilfreich sein und die Wahrnehmung schärfen.“

(Pressemeldung der VHS Dresden)

Afghanische Frauen in Burkas gekleidet. Foto: Jalil Rezayee/Symbolbild/dpa

Ates: Verniedlichte Weltanschauung der Geschlechtertrennung

In dem Kurs werde eine Verfestigung des traditionellen Rollenbildes der Frau im Islam, kritisiert die muslimische Frauenrechtlerin Seyran Ates.

Mit der in der Kursbeschreibung verwendeten Sprache werde unkritisch die Weltanschauungen hinter der Bedeckung verniedlicht: Eine Gesellschaft, in der die Geschlechter weitestgehend voneinander getrennt sind.“

(Seyran Ates, Muslimin und Frauenrechtlerin)

Zudem, so Ates, kommen Frauen nicht vor, die „sich entschieden haben, keine Kopfbedeckung“ zu tragen, sondern „moderne, westliche Kleidung“ bevorzugen.

Modisches Accesoire oder Integrationsproblem?

Die muslimisch-bosnische Schriftstellerin Safeta Obhodjas wurde 1951 nahe Sarajevo geboren. Mit ihren inzwischen 66 Lebensjahren glaubt sie daran, dass viele der Frauen sich gern von solchen Kleidungszwängen befreien würden, wenn sie nur könnten. In einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ im Sommer 2016 sagte die „Multi-Kulti“-Kritikerin:

Für die ältere Generation, für meine Generation, die ist so verkrustet, und sogar alles über 40, das ist schon verloren. Aber ich versuche, den Jüngeren ein bisschen Mut zu machen. Es lohnt sich, zu kämpfen.“

(Safeta Obhodjas, Muslimin, Schriftstellerin)

Viele Muslime bringen ihre Rollenbilder nach Deutschland mit, ist sich die Schriftstellerin sicher. Doch was bedeutet das für die Integration dieser Frauen? „Sehen Sie sich um! Alle sind Kopftuchträgerinnen, alle haben drei, vier, fünf Kinder“, so Obhodjas beim Interview im Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld.

Könne man von diesen Frauen erwarten, sich um die Kinder zu kümmern und sich gleichzeitig zu integrieren? Die Frage wirkt provozierend und die Deutsch-Bosnierin glaubt:

Niemand soll mir sagen, dass Frauen das freiwillig tun.“

(S. Obhodjas, 66, muslimische Schriftstellerin)

Doch bei „Multi-Kulte“-Vertretern seien solch ernüchternde Worte unerwünscht. Obhodjas flüchtete vor dem Balkankrieg nach Deutschland, lebt seit über 20 Jahren in Wuppertal:

Viele, die links oder grün orientiert waren, sie dachten, Ex-Jugoslawien wäre ein Konglomerat der Religionen und Kulturen, wir hatten uns alle lieb. Die wollten mich nicht mehr einladen, weil ich eine andere Geschichte erzählt habe, eine ganz andere Geschichte, die sie nicht kannten und nicht kennenlernen wollten.“

(S. Obhodjas)

Video: In Österreich gilt bereits ein Verhüllungsverbot – zum Schutz der Frauen vor Unterdrückung und in Zeiten terroristischer Bedrohung auch aus Sicherheitsgründen. Auch andere europäische Länder haben ein solches Verbot: Frankreich, Belgien, die Niederlande und Bulgarien.

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Henkels „Gefängnis aus Stoff“-Aussage

Berlins ehemaliger Innensenator Frank Henkel (CDU) prägte die Burka-Debatte in Deutschland mit einer Aussage, die so manchem wohl sauer aufgestoßen war, sagte der Politiker doch Anfang September 2016 noch im Amt sitzend der „Berliner Morgenpost“:

Ich habe gesagt, eine starke Gesellschaft macht von vorneherein klar, auf welcher Basis man hier in Deutschland zusammenlebt. Eine Burka gehört für mich nicht dazu. Sie passt nicht in ein weltoffenes, liberales Land wie Deutschland, in eine weltoffene, liberale Stadt wie Berlin. Sie ist ein Unterdrückungsinstrument für die Frauen, und sie ist ein Gefängnis aus Stoff.“

(Frank Henkel, ex-Innensenator von Berlin)

Nach zunehmenden Spannungen zwischen dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und seinem CDU-Innensenator hinsichtlich der inneren Sicherheit und den beiden koalierenden Parteien und Fraktionen an sich, kam es nach der Landeswahl am 18. September 2016 und nach den großen Stimmverlusten für beide Parteien, zu keiner Erneuerung der GroKo von Berlin, sondern zu einem Bündnis von SPD, der Linken und den Grünen. Doch dies nur am Rande.

Video: Die Schweizer Konvertitin Nora Illi kann schon fast als Berufsprovokateurin in Sachen Burka gesehen werden. Ihr Auftreten gleicht schon eher dem einer politischen Aktivistin als einem religiös lebenden Menschen.

Warum kein Badeerlebnis im Bikini für Verschleierte?

Aber zurück zum Kurs. Unter der Pressemitteilung der VHS wurden sowohl anerkennende als auch kritische Stimmen laut. So schrieb eine Userin:

„Also ich kann den Kurs nur empfehlen – da geht es nämlich gar nicht um Indoktrination, sondern nur um Wissensvermittlung. Und das hat bekanntlich noch keinem geschadet […].“

Ein anderer User stellte daraufhin die Frage: „Warum wird kein Kurs zur ‚Wissensvermittlung‘ für verschleierte Frauen angeboten?“

Z. B. Einen Tag unverschleiert oder [Badeerlebnis] im Bikini, also was in unserer Gesellschaft Normalität ist, damit diese Frauen eine persönliche Erfahrung des westlichen Frauenbildes erfahren und damit auch ihre Integration in unsere Gesellschaft unterstützt wird. Dieses Kursmodell muss doch nicht einseitig ausgerichtet bleiben?!“

Siehe dazu:

Burka, Schleier, Kopftuch – „Frauen tun das nicht freiwillig“, sagt muslimische Schriftstellerin Obhodjas (65)

Vergewaltigt von Flüchtlingen – Linke Nachwuchs-Politikerin überwindet auf dem Weg zur Wahrheit ihre „Political Correctness“



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