Bundespräsident unterschreibt Gesetz zur Ehe für alle – Bayern erwägt Klage vor Bundesverfassungsgericht
Die ersten Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern können voraussichtlich am 2. Oktober geschlossen werden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete am Donnerstag das Gesetz zur Ehe für alle, wie eine Sprecherin des Bundespräsidialamts am Freitag in Berlin sagte. Wird das Gesetz nun noch im Juli im Bundesgesetzblatt verkündet, tritt es Anfang Oktober in Kraft. Der 2. Oktober ist der erste Werktag des Monats.
Das Gesetz hatte Steinmeier rund eine Woche lang zur Prüfung vorgelegen, die Entscheidung fiel also vergleichsweise schnell. Der Bundespräsident nimmt bei der Ausfertigung von Gesetzen keine politische Bewertung vor, sondern prüft, ob sie nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind.
Es gab Forderungen an Steinmeier, die Unterschrift zu verweigern
Aus den Reihen der Union waren Forderungen an Steinmeier erhoben worden, seine Unterschrift vorerst zu verweigern. Politiker aus den Reihen von CDU und CSU – aber auch einige Juristen – sind der Ansicht, für die Öffnung der Ehe für alle wäre eine Änderung des Grundgesetzes nötig gewesen.
Die bayerische Staatsregierung hatte deswegen bereits angekündigt, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu prüfen.
Dies werde „sorgfältig und ohne Zeitdruck“ geschehen, teilte eine Sprecherin am Freitag auf Anfrage mit. „Die Ausfertigung des Gesetzes zur Ehe für alle durch den Bundespräsidenten ändert nichts am bereits kommunizierten Vorgehen“.
SPD ist erfreut
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich erfreut über die Unterzeichnung: „Die Ehe für alle macht Deutschland zu einem moderneren Land“, erklärte sie. Der Grünen-Politiker Volker Beck, der jahrelang für die Gleichstellung gekämpft hatte, wertete die Entscheidung Steinmeiers als „schönes Geschenk“ an Lesben und Schwule zum Christopher Street Day in Berlin, der am Samstag stattfindet.
Nach der Ausfertigung durch Steinmeier wird das Gesetz nun im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll „am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft“ treten, um den Standesämtern etwas Zeit zur Vorbereitung zu geben. Anfang Oktober können gleichgeschlechtliche Paare dann heiraten.
Bislang können schwule und lesbische Paare lediglich eine eingetragene Partnerschaft eingehen, die zwar in vielen Bereichen – etwa bei der Einkommensteuer – eine Gleichstellung mit der Ehe beinhaltet. Aber die Partner können bislang beispielsweise nicht gemeinsam Kinder adoptieren, was künftig möglich ist.
SPD setzte Gesetz mit Grünen und Linken durch
Das Gesetz, das der Bundestag nach jahrelanger Debatte auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause Ende Juni beschlossen hatte, geht auf eine Initiative des Bundesrats zurück. In dem neu gefassten Paragraf 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches heißt es künftig: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“
Die SPD hatte das Gesetz mit den Oppositionsparteien Grüne und Linke im Bundestag durchgesetzt. Es stimmten aber auch 75 Unionsabgeordnete für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Die Bundestagsabstimmung war zustande gekommen, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer Veranstaltung vom Nein ihrer Partei zur Homoehe abgerückt war und erklärt hatte, in der Frage solle jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen entscheiden. Merkel selbst hatte im Bundestag mit Nein votiert. (afp)
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