Bundesweite Demonstrationen gegen Rechtsextremismus

In vielen großen und kleineren Städten gingen an diesem Wochenende Menschen auf die Straße. Sie protestieren gegen die AfD.
Titelbild
Kinder beteiligen sich an der Kundgebung am 28. Januar 2024 in Hamburg.Foto: Morris Mac Matzen/AFP via Getty Images
Epoch Times28. Januar 2024

Erneut haben in Deutschland unzählige Menschen für den Erhalt der Demokratie und gegen Rechtsextremismus demonstriert. Bei hunderten Veranstaltungen gingen am Samstag und Sonntag wie schon am vergangenen Wochenende zahlreichen Bürger auf die Straßen.

Vollständige bundesweite Teilnehmerzahlen lagen zunächst nicht vor. Vielerorts wurden die Veranstaltungen von Politikern unterstützt.

In Sigmaringen war am Samstag Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) privat dabei, in Aachen demonstrierten Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). In Sachsen-Anhalt ging der dortige Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in Wittenberg mit auf die Straße. In Osnabrück warnte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einer Kundgebung vor der AfD.

Düsseldorf, Mannheim, Aachen, Bocholt, Lübeck

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf versammelten sich nach Polizeiangaben am Samstag allein 100.000 Menschen. Am Sonntag war eine weitere Großdemo in Hamburg geplant. Nach Angaben der Bewegung „Fridays for Future“ versammelten sich rund 100.000 Menschen in Hamburg, darunter war auch die Klimaaktivistin Luisa Neubauer – die Polizei gab zunächst keine Zahl bekannt. Die Teilnehmer skandierten „Hamburg hasst die AfD“ oder „Wir sind mehr“.

Proteste gegen die AfD am 28. Januar 2024 in Hamburg. Foto: Morris Mac Matzen/AFP via Getty Images

In Düsseldorf stand die Demonstration unter dem Motto „Gegen die AfD – Wir schweigen nicht. Wir schauen nicht weg. Wir handeln!“ Unter den Protestierenden waren Menschen jeden Alters, darunter viele Familien mit Kindern. Auf den Transparenten standen Aufschriften wie „Ich mag Nazis generell nicht“ und „Nicht nochmal!“ Ein 69-Jähriger, der nach eigenen Worten erstmals seit Jahrzehnten wieder bei einer Demo mitlief, sagte: „Wenn wir jetzt nicht Flagge zeigen, gehen wir in eine Richtung, aus der wir nicht mehr rauskommen.“

Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) sagte bei der Abschlusskundgebung, um 1930 seien die Gefahren für die erste deutsche Demokratie unterschätzt worden. „Das darf uns nicht noch einmal passieren“, mahnte er. „Den Extremisten rufen wir zu: Nie wieder werdet ihr in der Mehrheit sein!“

Auch am Samstag Proteste

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. „Unser Land ist gerade auf den Beinen. Millionen Bürgerinnen und Bürger gehen auf die Straße“, sagte er in seinem wöchentlichen Video „Kanzler kompakt“. Es sei der Zusammenhalt der Demokraten, der die Demokratie stark mache. „Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben. Sie ist menschengemacht. Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen. Und sie braucht uns, wenn sie angegriffen wird.“

Größere Proteste gab es bereits am Samstag auch im baden-württembergischen Mannheim und im nordrhein-westfälischen Aachen, wo laut Polizei jeweils 20.000 Menschen zusammenkamen. In Bocholt in Nordrhein-Westfalen gingen die Beamten von mehr als 9000 Teilnehmern aus, in Lübeck von 8000 Menschen und im niedersächsischen Hildesheim von etwa 7500.

Auch in zahlreichen kleinere Städten und eher ländlich geprägten Gebieten beteiligten sich am Samstag, dem Holocaustgedenktag, tausende Menschen an den zumeist von überparteilichen Bündnissen organisierten Demonstrationen.

Proteste gegen die AfD in Plauen (Westsachsen), 27. Januar 2024. Foto: Jens Schlueter/Getty Images

Bei der Kundgebung in Plauen, 27. Januar 2024. Foto: Jens Schlueter/Getty Images

Im rheinland-pfälzischen Bitburg versammelten sich am Samstag laut Polizei etwa 2.000, im niedersächsischen Cuxhaven etwa 4.000 Menschen. Im niedersächsischen Höxter etwa waren es 300 und in Boitzenburg in Mecklenburg-Vorpommern 350.

Für Sonntag waren bundesweit zahlreiche weitere Demonstrationen geplant. In Hamburg wurden nach Veranstalterschätzungen 30.000 Menschen zu einem neuerlichen Protestzug erwartet.

Kundgebungen sollte es unter anderem auch in Zwickau und Hoyerswerda in Sachsen, im hessischen Kassel, im rheinland-pfälzischen Trier und vielen anderen Städten geben.

Auch hier in Wittenberg gingen Tausende Menschen gegen Rechts auf die Straße. Unter ihnen auch Ministerpräsident Reiner Haseloff.

Auch in Wittenberg gingen Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Unter ihnen Ministerpräsident Reiner Haseloff. Foto: Heiko Rebsch/dpa

Verteidigungsminister sprach in Osnabrück

Bei einer Demonstration in seiner niedersächsischen Heimatstadt Osnabrück richtete Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Samstag einen Appell an die Bürger. „Spätestens jetzt ist jedem klar: Unsere Freiheit ist in Gefahr, unsere Art zu leben ist in Gefahr, unsere Demokratie ist in Gefahr“, sagte Pistorius.

„Die Demokratie der Weimarer Republik ist nicht zugrunde gegangen an der Stärke ihrer Feinde, sie ist zugrunde gegangen an der Schwäche ihrer Anhänger“, fuhr er fort.

„Es gab zu wenige, die aufgestanden sind, es gab zu wenige, die für Demokratie gekämpft haben.“ Demokratie brauche Einsatz, Engagement und Herzblut, mahnte Pistorius. „Gleichgültigkeit gegenüber der Demokratie liefert sie den Faschisten aus“, warnte der Bundesminister.

Am 28. Januar 2024 in Hamburg. Foto: Morris Mac Matzen/AFP via Getty Images

Extremismus-Experte sieht verunsicherte AfD

Der Soziologe Matthias Quent sagte dem Portal „tagesschau.de“, die AfD sei durch die andauernden Proteste tief verunsichert. „Die extreme Rechte ist regelrecht in Panik“, so der Rechtsextremismus-Experte. Die Bilder von den Massendemonstrationen stellten den Nimbus infrage, die AfD sei „die Partei des Volkes“. Es werde versucht, diese Demonstrationen als Fälschungen und als Inszenierungen infrage zu stellen. „Aber so richtig dringen diese Narrative nicht durch.“

In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im September neue Landtage gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD in allen drei Bundesländern stärkste Kraft werden, mit deutlichem Abstand. In zwei bundesweiten Umfragen von Insa und Forsa (für die „Bild am Sonntag“ und für RTL/ntv) verlor die AfD geringfügig an Zuspruch, sie blieb mit 21 beziehungsweise 20 Prozent nach der Union die zweitstärkste Kraft. Die AfD wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet, bundesweit ist sie als Verdachtsfall eingestuft.

Insgesamt waren von Freitag bis Sonntag nach Zählung des Bündnisses „Zusammen gegen rechts“ Demonstrationen in mehr als 300 Städten und Dörfern geplant. Bereits am Freitag fanden demnach viele Kundgebungen statt, etwa in Frankfurt am Main, Saarbrücken, Gütersloh und Neuruppin. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion