Bundeswehr-Reserveoffizier soll für Russland spioniert haben
Ein Reserveoffizier der Bundeswehr und Wirtschaftsvertreter soll einen russischen Geheimdienst über etliche Jahre mit Informationen versorgt haben.
Dabei sei es unter anderem um die Gaspipeline Nord Stream 2 gegangen, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Freitag mit. Gegen den Mann, der nicht in Untersuchungshaft sitzt, wurde Mitte März Anklage erhoben. Der Prozess soll am Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf stattfinden.
„Der Angeschuldigte ist hinreichend verdächtig, für einen ausländischen Geheimdienst gegen die Bundesrepublik Deutschland und gegen einen NATO-Vertragsstaat tätig gewesen zu sein“, hieß es weiter. Der Mann, der nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 65 Jahre alt ist, habe seit spätestens Oktober 2014 über verschiedene Personen in Verbindung zu dem Nachrichtendienst gestanden. Bis März 2020 habe er „zu zahlreichen Gelegenheiten“ Dokumente und Informationen weitergeleitet – „teilweise aus öffentlichen, aber auch aus nichtöffentlichen Quellen“. Sein Wohnort wurde nicht mitgeteilt.
Angehöriger mehrerer Ausschüsse
Laut Bundesanwaltschaft stand der Mann bei der Reserve einem Kreisverbindungskommando als stellvertretender Leiter vor. Das ist eine temporäre Kriseneinrichtung der Bundeswehr, die bei Bedarf aktiviert wird. Aufgrund seines zivilen Berufs habe er mehreren Ausschüssen der deutschen Wirtschaft angehört.
Der Beschuldigte soll aus beiden Bereichen Informationen weitergegeben haben. Im Gegenzug habe er Einladungen zu Veranstaltungen russischer Regierungsstellen erhalten.
Der Nachrichtendienst habe so Informationen zum deutschen Reservistenwesen und zur sogenannten Zivil-Militärischen Zusammenarbeit in Krisensituationen erhalten, teilten die Ermittler mit. Im wirtschaftlichen Bereich sei es beispielsweise um die Auswirkungen der 2014 verhängten Russland-Sanktionen und die inzwischen gestoppte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gegangen.
Kontaktdaten aus der Wirtschaft weitergegeben
Außerdem soll der Mann den Russen private Kontaktdaten „von hochrangigen Angehörigen der Bundeswehr und aus der Wirtschaft“ gegeben haben. Auch die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der USA und ihrer westlichen Verbündeten sei ein Thema gewesen.
Nach dpa-Informationen gab es in Zusammenhang mit dem Verdacht schon 2020 eine Durchsuchung. Da niemand festgenommen wurde, hatte die Bundesanwaltschaft über ihre Ermittlungen bisher nicht öffentlich informiert. Am OLG muss die Anklage nun noch zugelassen werden.
In den vergangenen Jahren waren mehrfach mutmaßliche Spione in russischem Auftrag aufgeflogen. In München steht derzeit ein Russe vor Gericht, dem Spionage im Bereich Raketenforschung vorgeworfen wird. Ein anderer Beschuldigter soll Grundrisse von Bundestagsgebäuden weitergegeben haben. Auch ein früherer Mitarbeiter der britischen Botschaft in Berlin wird verdächtigt, einem russischen Geheimdienst gegen Geld Dokumente besorgt zu haben. (dpa/red)
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