Bundesverfassungsgericht soll Rechtmäßigkeit einer syrischen Kinderehe prüfen
Mit Annahme des Gesetzesentwurfs der Regierungskoalition zur Ehemündigkeit (§ 1303) sorgte der Bundestag im Juni 2017 in Bezug auf Kinderehen für Klarheit. Seit dem dürfen Ehen nach § 1303, „nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.“ Dies gilt ebenso für im Ausland geschlossene Ehen. Sie können durch deutsche Gerichte aufgehoben werden.
Für Ehen zwischen einem volljährigen Ehegatten und einem über 16. Jahre alten Ehegatten gibt es Ausnahmeregelungen. Bei Ehen, wo ein Ehepartner unter 16 Jahre alt ist, gibt es keinerlei Ausnahmeregelung, sie sind generell unwirksam.
Heiko Maas (52, SPD) damaligerJustizminister äußerte zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung, dass Kinder spielen, lernen und selbstständig werden sollten. Wenn sie erwachsen seien, dann sollen sie frei entscheiden, ob und wen sie heiraten.
Bundesgerichtshofs legt Bundesverfassungsgericht einen Fall zur Klärung vor
Nun legen Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) ihren Kollegen vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) einen Fall zur Klärung vor, der sich genau um die Rechtmäßigkeit einer im Ausland geschlossenen Kinderehe dreht.
In dem konkreten Fall geht es um ein syrisches „Flüchtlingspaar“, das im August 2015 über die Balkan-Route nach Deutschland einwanderte. Das Paar hatte vor ihrer Reise nach Deutschland, am 10. Februar 2015 vor einem syrischen Scharia-Gericht rechtmäßig geheiratet. Der Ehemann war zum Hochzeitstag 21 Jahre alt, seine Frau war mit 14 Jahren noch minderjährig, berichtet die „Bild-Zeitung“.
Das zuständige Amtsgericht wertete die in Syrien geschlossene Ehe des Paares als verbotene Kinderehe. Es nahm das mittlerweile 15 jährige Mädchen durch das Jugendamt in Obhut.
Dem syrischen Mann wurde der Aufenthaltsort seiner nach syrischem Recht geehelichten Frau nicht bekannt gegeben. Er beantragte daher die „Überprüfung der Inobhutnahme“ und die Rückführung des Mädchens. Das Amtsgericht ordnete an, dass der syrische Mann an den Wochenenden begleiteten Umgang mit dem syrischen Mädchen haben kann. Eine Zwangsehe soll laut Amtsgericht nicht vorgelegen haben.
Laut OLG Bamberg ist die Ehe zwischen der 14-Jährigen und ihrem 21-jährigen Cousin wirksam
Dann ging der Fall vor das Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg. Dieses Gericht entschied in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung des Mädchens im Mai 2016, dass die Ehe zwischen ihr und ihrem 21-jährigen Cousin wirksam sei. Daher dürfe das als Vormund bestellte Jugendamt nicht über den Aufenthalt des Mädchens bestimmen.
Der BGH stellte darauf folgend fest, dass der Umgang des Ehemannes mit seiner Frau von der Wirksamkeit der in Syrien geschlossenen Ehe abhänge. Dem stehe allerdings in diesem Falle das gesetzliche generelle Verbot von Kinderehen in Deutschland, bei dem der oder die Minderjährige jünger als 16 Jahre alt ist, entgegen.
Also wandte sich der BGH an das BVerfGE und erbat eine Prüfung, ob für die Wirksamkeit einer Kinderehe nicht besser eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden müsse. Sonst könne insbesondere der im Grundgesetz verankerte Schutz der Ehe und Familie, aber auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt werden.
Nun soll das Bundesverfassungsgericht eine grundsätzliche Entscheidung treffen. (er)
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