Bundesverfassungsgericht rügt Auslieferung von mutmaßlichem Linksextremist Maja T. an Ungarn

Das Berliner Kammergericht erklärte zunächst die Auslieferung von T. für rechtmäßig. Einen Tag zu spät kam die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die der Erklärung widersprach.
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Epoch Times6. Februar 2025

Die Auslieferungsentscheidung gegen einen mutmaßlichen Linksextremisten im Juni 2024 nach Ungarn ist rechtswidrig gewesen. Mit einem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss rügte das Bundesverfassungsgericht eine unzureichende Aufklärung der dortigen Haftbedingungen durch das Berliner Kammergericht.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Auslieferung zwar auch vorläufig mit einer einstweiligen Anordnung untersagt, der betroffene Mensch war allerdings bereits wenige Stunden vorher an ungarische Behörden übergeben worden. (Az.: 2 BvR 1103/24)

Der sich selbst als nichtbinär einordnende Mensch Maja T. soll Anfang Februar 2023 zusammen mit anderen Beschuldigten Sympathisanten der rechtsextremen Szene in Budapest angegriffen und verletzt haben. Ungarn beantragte daher die Auslieferung. Das Berliner Kammergericht erklärte am 27. Juni 2024 die Auslieferung von T. für rechtmäßig.

Grundrechte verletzt

Obwohl bereits eine Verfassungsbeschwerde anhängig war, wurde T. in der folgenden Nacht den ungarischen Behörden übergeben. Eine am 28. Juni ergangene einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, die dies bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagte, kam wenige Stunden zu spät.

Wie das Bundesverfassungsgericht nun im Hauptverfahren entschied, verletzte das Kammergericht mit seiner Auslieferungsentscheidung T.s Grundrechte. Zur Begründung verwiesen die Karlsruher Richter auf das Verbot einer unmenschlichen Behandlung nach der EU-Grundrechtecharta. Das Kammergericht habe aktuelle Informationen zu Überbelegung und Haftbedingungen in ungarischen Gefängnissen nicht ausreichend geprüft.

Konkret hatte sich das Kammergericht auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) im niedersächsischen Celle vom Juli 2021 gestützt, wonach es keine Überbelegung in ungarischen Gefängnissen mehr gebe. Dies bezog sich wiederum auf Zusicherungen der ungarischen Regierung aus dem Jahr 2020, gegen die Überbelegung von Haftanstalten vorzugehen.

Inzwischen hätten aber gegenteilige neuere Berichte und eidesstattliche Aussagen mehrerer ehemaliger ungarischer Häftlinge vorgelegen, betonte das Bundesverfassungsgericht. „Das Kammergericht hat sich dennoch auf die ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle gestützt, ohne sich hinreichend mit den Angaben jüngeren Datums auseinandergesetzt zu haben.“

Auch habe Ungarn im konkreten Fall keine ausreichenden Zusicherungen zu den Haftbedingungen des Beschuldigten abgegeben, rügten die Karlsruher Richter. Das gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass das Kammergericht selbst die Politik der aktuellen ungarischen Regierung als gender-, homo- und transfeindlich bezeichnet habe.

Nach einem aktuellen Bericht seien diese Menschen in ungarischen Justizvollzugsanstalten einer Diskriminierungsgefahr ausgesetzt gewesen, etwa durch verbale oder körperliche Belästigungen durch Bedienstete oder andere Insassen. Der Linken-Europapaabgeordnete Martin Schirdewan forderte die Bundesregierung auf, sich umgehend für die Rückführung von T. einzusetzen. (afp/red)



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