Bundesverfassungsgericht: Bloßes Überwachen von Kontaktpersonen ist verfassungswidrig

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hatte gegen das BKA-Gesetz Verfassungsbeschwerde eingereicht und in Teilen Recht bekommen.
Termin für mündliche Verhandlung zum Soli steht fest. (Symbolbild)
Das Bundesverfassungsgericht fordert eine Überarbeitung des BKA-Gesetzes, weil es in Teilen verfassungswidrig ist. Das oberste deutsche Gericht will am Mittwoch sein Urteil verkünden. Foto (Archivbild): Uli Deck/dpa
Von 1. Oktober 2024

Das Bundesverfassungsgericht sieht beim Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) Änderungsbedarf. Einzelne gesetzliche Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) zur Datenerhebung und -speicherung seien in Teilen verfassungswidrig, entschied das Gericht in Karlsruhe.

Sie seien mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar. Unter anderem bemängelte das Gericht die heimliche Überwachung von Kontaktpersonen von Verdächtigen.

Gericht sieht fehlende Grenzen bei Speicherung

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hatte bei den obersten Richterinnen und Richtern in Karlsruhe gegen mehrere Regelungen des 2017 reformierten BKA-Gesetzes eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Der gemeinnützige Verein hatte konkrete verfassungsrechtliche Maßstäbe für das Sammeln und Speichern von Daten in der polizeilichen Datenbank INPOL gefordert. So könne es nicht ausreichen, „Beschuldigter irgendeiner geringfügigen Straftat gewesen zu sein, um in INPOL geführt zu werden“. Das Gericht folgte dem und fordert nun „klare Grenzen bei der Speicherungsschwelle“, heißt es in einer Pressemitteilung der GFF.

Im Urteil heißt es dazu, dass eine konkrete Schwelle für die Speicherung personenbezogener Daten zu Zwecken der künftigen Verhütung von Straftaten nicht vorhanden sei. Insbesondere sei eine Negativprognose fachrechtlich nicht vorgesehen. Der Status des Beschuldigten sei mit Unsicherheiten hinsichtlich der Beziehung zur vorgeworfenen Straftat verbunden. Er vermöge „daher für sich allein erst recht keinen belastbaren Schluss auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer relevanten Beziehung zu anderen zukünftig zu verfolgenden oder zu verhütenden Straftaten zu tragen“.

Die Entscheidung der Karlsruher Richter stärke das Recht, über die eigenen Daten zu bestimmen, so die GFF weiter. Zugleich sei es eine „Aufforderung an Landes- und Bundes-Gesetzgeber, neue Überwachungsbefugnisse ausreichend bestimmt und präzise zu formulieren“.

Gesetz muss bis 31. Juli 2025 überarbeitet werden

Außerdem erklärte es die sehr eingriffsintensiven heimlichen Überwachungsbefugnisse gegenüber bloßen Kontaktpersonen von potenziellen Straftätern für verfassungswidrig. Die Richter begründeten dies mit der fehlenden „spezifischen individuellen Nähe zur Straftat“. Zu den Beschwerdeführerinnen gehörten zwei Anwältinnen, die beruflich bedingt in Kontakt mit Verdächtigen stehen und eben dadurch zu jenem Personenkreis gehörten, der mit überwacht werden durfte. „Die Überwachungsmaßnahmen, die dem BKA in einem solchen Fall zur Verfügung stehen, betreffen den Kernbereich der Privatsphäre eines Menschen“, heißt es seitens des Vereins weiter.

Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2016 zu den umfangreichen Befugnissen der Sicherheitsbehörden geurteilt – und sie teils für verfassungswidrig erklärt. Das BKA-Gesetz musste deshalb nachgebessert werden. Die neue Fassung ist seit Mai 2018 in Kraft. Nun muss sie bis zum 31. Juli 2025 dem Urteil entsprechend erneut überarbeitet werden.

Mit Material von dpa/red



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