Bundestag hat Anspruch auf deutsche Übersetzungen
Die Bundestagsabgeordneten haben einen grundsätzlichen Anspruch darauf, alle für ihre Beratungen relevanten Dokumente von EU-Institutionen in deutscher Sprache zu erhalten. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagsausgabe) vorliegt. Bisher müssen sich die Abgeordneten regelmäßig mit englischen Texten begnügen.
Der Bundestag hatte bereits 2013 einen Antrag „Deutsche Sprache fördern und sichern“ beschlossen. Darin beklagte er eine Benachteiligung der deutschen Sprache „im täglichen Betrieb der EU“. Die Folge sei, „dass viele beratungs- und entscheidungsrelevante EU-Dokumente entweder gar nicht oder nur unvollständig in deutscher Sprache vorgelegt werden“. Der Bundestag forderte die Regierung deshalb auf, sich um eine „Gleichberechtigung des Deutschen“ zu kümmern. Passiert ist seitdem aber praktisch nichts. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer sagte der „Süddeutschen Zeitung“, viele Abgeordnete würden „hervorragend Englisch sprechen“. Trotzdem sei es „nicht zumutbar, komplizierte englische Fachtexte mit enormen Auswirkungen zu beraten, dazu bedarf es einer amtlichen Übersetzung ins Deutsche“. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes müsse deshalb Konsequenzen für die Arbeit im Parlament haben. Bisher würden „Bundestagsausschüsse regelmäßig die Beratung von Dokumenten verweigern, weil sie nur auf Englisch vorliegen, und damit auf Mitwirkungsrechte des Bundestags verzichten“. In der vergangenen Legislaturperiode sind laut Aufzeichnungen des Bundestags 1510 Dokumente der EU-Kommission an Bundestagsausschüsse zur Beratung überwiesen worden. Davon waren zwar nur zwölf vollständig in englischer Sprache verfasst. Die 1510 Dokumente hatten aber insgesamt 1202 Anhänge und sonstige Anlagen, die nur auf Englisch vorlagen. Bei den nur auf Englisch vorgelegten Dokumenten geht es etwa um Unterlagen zur Handelspolitik, zur Finanztransaktionssteuer oder zur europäischen Polizeibehörde Europol. Das Gutachten bezieht sich auf Artikel 23 Grundgesetz. Aus diesem ergebe „sich im Grundsatz, dass die Information des Bundestags in Angelegenheiten der Europäischen Union durch deutschsprachige Dokumente zu erfolgen hat“. Falls der Bundesregierung die EU-Dokumente nicht auf Deutsch vorlägen, komme ihr eine „Informationsbeschaffungspflicht“ zu. Danach müsse sie „amtliche Übersetzungen ins Deutsche von den EU-Organen“ fordern, wenn diese dazu verpflichtet seien. Falls das Sprachenregime der EU eine solche Übersetzung nicht vorsehe, sei die Regierung verpflichtet, selbst „Übersetzungen für den Bundestag anzufertigen“. Dies gelte aber nur dann, wenn das Informationsinteresse der Abgeordneten andere verfassungsrechtliche Interessen wie „den schonenden Umgang“ mit dem Haushalt überwiege. Davon dürfte laut Gutachten aber „stets“ auszugehen sein, wenn der Bundestag die Informationen benötige, um „qualifizierte Mitwirkungsrechte“ wahrzunehmen.
(dts Nachrichtenagentur)
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