Bundestag debattiert über Empfehlungen des Bürgerrats zur Ernährung
Essensangebote für alle Kinder, neue Kennzeichnungen für Lebensmittel, keine Mehrwertsteuer mehr auf Bio-Obst und -Gemüse: Der Bundestag debattiert heute über die Empfehlungen des ersten Bürgerrats zur Ernährung. Das vom Parlament eingesetzte Gremium mit 160 Mitgliedern hatte im Februar ein „Bürgergutachten“ vorgelegt.
Vorgeschlagen wird unter anderem, in allen Kitas und Schulen ein kostenloses Mittagessen anzubieten. Die insgesamt neun Empfehlungen sind für den Bundestag nicht bindend. Nach der Debatte im Plenum sollen zunächst Ausschussberatungen folgen.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte den Bürgerrat bei der Eröffnung im Herbst zu offenen Diskussionen ermuntert. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Insgesamt formulierten sie neun Empfehlungen:
Kostenfreies Mittagessen in Kitas und Schulen
Kinder: Für alle Kinder in Kitas und Schulen sollte ein kostenfreies Mittagessen angeboten werden – schrittweise umzusetzen spätestens in acht Jahren, beginnend bei den jüngsten Kindern und mindestens zur Hälfte finanziert vom Bund.
Mit gefördert werden sollte dabei, dass ein Drittel der eingesetzten Lebensmittel Bio sind. Zur Finanzierung könnte auch Geld aus anderen Förderprogrammen oder für Kindergelderhöhungen umgewidmet werden.
Kennzeichnung: Um bewusstes Einkaufen leichter zu machen, sollte ein staatliches Label möglichst verpflichtend eingeführt werden. „Man soll in drei Sekunden erkennen, ob das Lebensmittel unbedenklich ist“, heißt es in der Empfehlung.
Jeweils einzeln berücksichtigt werden sollen die Bereiche Klimaschutz, Tierwohl und Gesundheit etwa mit dem Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Zusatzstoffen. Das Label soll auf der Vorderseite der Packung stehen.
Lebensmittel verpflichtend spenden statt wegwerfen
Lebensmittelverschwendung: Supermärkte ab 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sollten verpflichtet werden, noch genießbare Produkte, die sonst in den Müll gehen würden, an gemeinnützige Organisationen wie Tafeln und für gemeinnützige Zwecke weiterzugeben. Andernfalls sollen den Geschäften Geldstrafen drohen.
Tierhaltung: Ein verpflichtendes „Tierwohllabel“ sollte für Fleisch aller Tierarten eingeführt werden und den gesamten Lebenszyklus abbilden – mit Geburt, Aufzucht, Haltung, Transport und Schlachtung.
Zu allen Stationen wäre auch das jeweilige Bundesland anzugeben. Der Vorschlag geht damit über ein schon beschlossenes staatliches Tierhaltungslogo hinaus. Kommen sollte es der Empfehlung zufolge außerdem auch für Fisch und Fischprodukte.
Tierwohlabgabe: Für tierische Produkte sollte eine zweckgebundene „Verbrauchsabgabe“ kommen, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren – darüber wird seit Jahren diskutiert. Gelten solle: Je besser die Haltung, desto höher die Prämie für die Bauern. Die Abgabe sollte bei Produkten aus unteren Haltungsstufen höher sein als bei Fleisch aus besserer Haltung.
Steuern: Wegfallen sollte die Mehrwertsteuer unter anderem für Obst und Gemüse aus der EU in Bio-Qualität, für Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen, für Nüsse, Vollkorngetreide, Mineral- und Tafelwasser.
Zucker sollte nicht mehr als Grundnahrungsmittel gelten und voll mit 19 Prozent besteuert werden. Falls angedachte Preisaufschläge zum Finanzieren einer besseren Tierhaltung (Tierwohlabgabe) nicht kommen, sollte für Fleisch aus besserer Haltung und Bio-Fleisch der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent gelten.
Warnhinweise auf Energydrinks
Gemeinschaftsverpflegung: In Krankenhäusern, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen sollte es gesunde und ausgewogene Ernährung geben. So sollten alle Pflegeheime verpflichtet werden, sich mindestens an Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu halten.
Dabei soll die Sozialversicherung sicherstellen, dass eine Kostendeckung durch die Leistungsträger erfolgt und die Ernährung ausreichend finanziert ist.
Jugendliche: Für den Kauf von Energydrinks sollte eine Altersgrenze von mindestens 16 Jahren kommen. Auf der Packung sollten farblich klar abgehobene Warnhinweise stehen, die auf gesundheitliche Risiken von Inhaltsstoffen wie Koffein oder Taurin aufmerksam machen.
Überwachung: Für Lebensmittelkontrollen sollte mehr Personal verfügbar sein, auch durch bessere Arbeitsbedingungen. Ergebnisse von Kontrollen vom Acker bis zum Teller sollten der Öffentlichkeit als Aushang gut sichtbar zur Verfügung gestellt werden. (dpa/red)
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