Bundestag beschließt Krankenhausreform – CDU strebt Vermittlungsausschuss an

Das umstrittene Gesetz zur Umstrukturierung der Versorgung durch Krankenhäuser wurde am Donnerstag im Bundestag beschlossen. Über zwei Jahre lang hat die Ampel um das Vorhaben gerungen. Nun versuchen CDU-geführte Länder es im Vermittlungsausschuss auszubremsen.
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Wie wird die Zukunft der Krankenhäuser mit der neuen Reform aussehen?Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Epoch Times18. Oktober 2024

Der Bundestag hat am Donnerstag, 17. Oktober, die umstrittene Krankenhausreform mit der Mehrheit der Ampel-Koalition beschlossen. „Wir brauchen diese Reform, und zwar jetzt“, verteidigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag in der Schlussdebatte den Gesetzentwurf. Vor allem die CDU/CSU fordert erhebliche Änderungen und will nun versuchen, diese über eine Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat zu erreichen.

Lauterbach sagte im Bundestag, aktuell habe Deutschland „die teuerste Krankenhausversorgung in Europa“, aber nur „eine mittelmäßige Qualität“. Es gebe „ein Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung“, unterstrich er den Reformbedarf. Die Kliniken müssten künftig „das machen, was medizinisch sinnvoll“ ist, statt sich auf Bereiche zu konzentrieren, die ihnen – wie Knieprothesen – das meiste Geld bringen.

Lauterbach: Reform rettet auch kleine Krankenhäuser

Der Minister widersprach Vorwürfen, die Neuregelung würde ein Krankenhaussterben besonders in ländlichen Regionen auslösen. „Diese Reform schützt und rettet auch die kleinen Häuser auf dem Land“, sagte er im Bundestag. Grund seien geplante Zuschläge für das Bereithalten einer Grundversorgung.

Richtig sei allerdings: „Wir haben zu viele Krankenhäuser“, sagte Lauterbach weiter. Insgesamt gebe es etwa hundert Kliniken mehr, als tatsächlich gebraucht würden. Daher sollten die Länder die Finanzierung so steuern können, „dass es dem Bedarf entspricht“. Ohne eine Reform hingegen würde es „ein beispielloses Krankenhaussterben“ geben, warnte der Minister. Dies würde häufig gerade solche Häuser treffen, die eine qualitativ hochwertige Versorgung anbieten.

Ein Kernstück des Reformvorhabens ist eine stärkere Spezialisierung der Kliniken. Vor allem kleinere Krankenhäuser sollen weniger Leistungen anbieten und sich auf Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Für Patienten würde dies unter Umständen längere Wege bedeuten, nach der Argumentation von Lauterbach würden sie dann aber eine bessere Behandlung erhalten.

Die bisherige Vergütung über Fallpauschalen soll eingeschränkt werden, weil sie erhebliche Fehlanreize setzt: Sie kann dazu führen, dass Kliniken Behandlungen ausführen, die medizinisch gar nicht erforderlich sind – nur um diese dann finanziell abrechnen zu können. Daher sollen künftig 60 Prozent des Geldes über sogenannte Vorhaltepauschalen fließen, bei denen Krankenhäuser dafür bezahlt werden, dass sie bestimmte Leistungen anbieten.

CDU-geführte Länder kritisieren mangelnde Einbeziehung

Redner der Union machten in der Debatte deutlich, dass sie eine Krankenhausreform im Grundsatz wie Lauterbach für dringend notwendig halten. Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge betonte aber, dass zunächst eine Brückenfinanzierung für die Kliniken erforderlich sei.

Sorge äußerte auch Zweifel an der Darstellung Lauterbachs, die Reform würde auch Kliniken im ländlichen Raum einen auskömmlichen Betrieb ermöglichen.

Zudem beklagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im Bundestag, dass dem Land bis heute keinerlei Daten übermittelt worden seien, mit denen eine Auswirkungsanalyse erstellt werden könne. „Also ich weiß nicht, ob man eine Krankenhausreform hier im Bundestag beschließen kann, wenn keiner von ihnen weiß, was es in Cent und Euro für die Krankenhäuser in Ihrem Wahlkreis bedeutet.“

Außerdem seien die Länder bei der Gestaltung des Gesetzes nicht ausreichend einbezogen worden. „Wir in den Ländern können Krankenhausplanung besser machen, wie aus dem Bund heraus“, so Laumann, denn die Krankenhausstrukturen seien regional sehr unterschiedlich.

Seine Kritik sei nicht parteipolitisch, sondern im Interesse des Landes. Denn es seien elf Punkte von allen 16 Bundesländern gemeinsam vorgelegt worden, die bei der Gesetzesgestaltung beachtet werden sollten.

Im Bundestag beschwerte sich auch Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) über fehlende Einbindung der Länder. „Sie sprechen allerorts von guten, konstruktiven Gesprächen mit den Ländern. Mit wem haben Sie die eigentlich geführt?“ Es könne keine Schablone von Berlin aus über das ganze Land gelegt werden.

Ausbremsen durch Vermittlungsausschuss?

Gegen das Vorhaben stimmten im Bundestag auch AfD, Linke und BSW.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats, da es so gestaltet wurde, dass es nicht in Länderkompetenzen eingreift. Der Bundesrat könnte eine Anrufung des Vermittlungsausschusses beschließen, um neue Verhandlungen zu erzwingen. Letztlich könnte der Bundestag die Länderkammer jedoch mit absoluter Mehrheit überstimmen.

Mehrere unionsgeführte Bundesländer haben bereits eine Anrufung des Vermittlungsausschusses angekündigt. Ziel sei, das Gesetz „besser zu machen für die […] Patienten in diesem Land“, so Laumann. Er wolle das Vorhaben damit nicht stoppen, aber „es muss überarbeitet werden“.

Unterstützt wird eine Anrufung des Vermittlungsausschusses außerdem von Schleswig-Holstein, wie Landesgesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) im Berliner „Tagesspiegel“ ankündigte.

Kritik an dem Gesetz kam erneut auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß warnte im Deutschlandfunk vor einer „kalten Marktbereinigung mit wegbrechenden Krankenhausstandorten“. (afp/red)



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