Bundestag: AfD-Antrag auf Erhalt bäuerlicher Familienbetriebe stößt auf Ablehnung

Die bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland stehen vor großen Herausforderungen, die sie – alleingelassen von Gesellschaft und Politik – vermutlich nicht meistern werden. Die Bundestagsfraktion der AfD fordert in einem Antrag ihren Erhalt und benennt Lösungsmöglichkeiten. Der Antrag löste unterschiedliche Reaktionen bei den anderen Parteien aus.
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Ein bayerischer Bauernhof.Foto: iStock
Von 27. Januar 2023

Bäuerliche Familienbetriebe sollen in Deutschland gefördert werden, fordert die AfD-Bundestagsfraktion in einem am 25. Januar im deutschen Parlament vorgebrachten Antrag.

„Sie sind verantwortlich für die Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln. Nebenbei schützen sie alle unsere natürlichen Lebensgrundlagen und pflegen unsere wunderschöne Kulturlandschaft, wie beispielsweise der Schäfer oder die Weidetierhalter“, begründet Stephan Protschka, landwirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, gegenüber Epoch Times den Antrag. Der Antrag hat den Titel (PDF) „Heimat braucht Bauern – Bäuerliche Familienbetriebe in Deutschland erhalten“.

„Landwirte helfen vor Ort“

Auch für die regionale Identität sei der Landwirt ganz wichtig, führt er weiter aus. Zudem sei der Landwirt der erste, der bei der Feuerwehr mithelfe und die Vereine vor Ort unterstütze. „Egal, ob es irgendwo brennt, ob irgendwo Hochwasser ist – der Landwirt ist vor Ort und hilft.“ Auch für das Gemeinwesen und die Dorfgemeinschaft bis hin zu den einzelnen Regionen braucht man die Familienbetriebe beziehungsweise die Agrargenossenschaften.

Das Höfesterben sei gravierend, so der Abgeordnete aus Bayern. In den letzten 20 Jahre seien circa die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe verloren gegangen. „Wir liegen mittlerweile nur noch bei 87 Prozent Selbstversorgungsgrad und dabei sprechen wir in Bezug auf Deutschland von einem ‚günstigen Standort‘.“ Für Deutschland sei diese Entwicklung extrem schlecht.

Die Ursachen dafür sieht Protschka sowohl auf politischer als auch gesellschaftlicher Ebene. „Das hat natürlich mit den Direktzahlungen aus Brüssel zu tun, was damals übrigens von den Grünen gelobt wurde, also die Ausgleichszahlungen zum Weltmarkt.“ Das habe zu einer Haltung des „Wachse oder Weiche“ geführt. „Jeder musste immer größer werden, weil er für die Anzahl an Fläche Geld bekommen hat.“ Das sei der erste Schritt in die falsche Richtung gewesen.

„Die ganze Bürokratie muss abgebaut werden“

In den vergangenen Jahren wären dann noch die extrem hohen Auflagen hinzugekommen. „Deutschland hat die höchsten Umweltauflagen, Deutschland hat die höchsten Naturschutzauflagen und Deutschland hat die höchsten Tierschutzauflagen.“

Das sei an sich nicht schlecht und nicht falsch. „Aber das Schlimme daran ist, dass die Länder, die nach Deutschland importieren, sich an diese Auflagen nicht halten.“ Aufgrund dessen habe man hier einen extremen Preisverfall, und die deutschen Landwirte könnten viel weniger erwirtschaften, kritisiert der Bundespolitiker.

Einen Ausweg sieht Protschka darin, dass man mit den „extremen Verboten“ aufhört. Man müsse mehr wirtschaftliche Anreize für die Landwirte schaffen, in die Direktvermarktung einzusteigen und die Möglichkeiten dazu durch eine „gesetzliche Auflockerung“ verbessern. „Die ganze Bürokratie muss abgebaut werden.“

Man müsse wieder zur fachlichen landwirtschaftlichen Praxis zurückkommen, damit der Landwirt gerade beim Thema Düngung und Pflanzenschutz den bedarfsgerechten Einsatz anwenden kann. „Kein Landwirt überzieht sein Land mit zu viel Dünger oder verwendet zu viel Pflanzenschutzmittel, denn beides ist sehr, sehr teuer.“ Aber das, was benötigt wird, um die Erträge, die Ernte zu erhöhen und somit die Ernährungssicherung in unserem Land zu gewährleisten, sollte möglich sein, führt Protschka aus.

„Deutschland muss für seine eigene Bevölkerung die Ernährungssicherheit sicherstellen und kann sogar noch Reserven für andere Länder aufbauen, wenn sie Probleme mit der eigenen Ernährungssicherung haben“, führt der AfD-Politiker weiter aus.

SPD: „AfD-Antrag hat nichts mit der Zukunft der Landwirtschaft zu tun“

Für Susanne Mittag (SPD) trifft der Antrag der AfD „leider nicht die Realität“. Das Leitbild, die Projekte und das Budget umfassen bereits die nachhaltige und natürlich auch ressourceneffiziente Landwirtschaft, so die SPD-Politikerin. Für sie ist die Forderung im Antrag nach mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Intensivierung ein Widerspruch.

Es würden Selbstverständlichkeiten gefordert wie Nährstoffversorgung und Düngung von Pflanzen oder nicht umsetzbare oder rechtlich problematische Vorschläge unterbreitet. „Zusammenfassend hat der gesamte Antrag jedenfalls nichts mit der Zukunft der Landwirtschaft zu tun, sondern zählt althergebrachtes und bereits Ausdebattiertes auf“, führt Mittag aus.

Albert Stegemann (CDU/CSU) bezeichnet den AfD-Antrag als „sehr populistisch“. Es wären „ein paar sympathische Dinge dabei“, aber es bliebe Stückwerk. Was ihn aber aufrege, sei die Tatenlosigkeit des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir (Grüne) in Sachen Landwirtschaft. „Da passiert zurzeit überhaupt nichts.“

Wenn man sich anschauen würde, wie der Minister arbeite, dann könne man es wohl nur als „das Bermudadreieck des Scheiterns“ bezeichnen. Als Beispiele nennt er die fehlende Absenkung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse, die geringe Bereitstellung von finanziellen Mitteln für den Umbau der Tierhaltung und die unrealistische Ausrichtung, die Ökolandwirtschaft auf 30 Prozent auszubauen. Das 30-Prozent-Ziel könne nicht funktionieren, weil gar nicht, wie sich zeige, die Nachfrage da sei.

Grüne: „Heimat braucht vor allem Bäuerinnen“

Dr. Anne Monika Spallek (Grüne) führt aus, dass „Heimat braucht Bauern“ im Titel des AfD-Antrages steht und ergänzt: „Ja, okay. Aber vor allem brauchen wir Bäuerinnen.“ Man brauche Lebensmittelhandwerker und Lebensmittelhandwerkerinnen.

„Und vor allen Dingen brauchen wir einen gesunden Planeten, damit wir überhaupt noch langfristig Landwirtschaft betreiben können.“ Die aktuellen Herausforderungen wären mit Klimakrise, Biodiversitätskrise, Ernährungskrise, Energiekrise und Gesundheitskrise gigantisch. „Doch leider berücksichtigt der Antrag das alles nicht“, erklärt Spallek.

Laut Ina Latendorf (Die Linke) hat die Linke „klare Vorstellungen, wie die Struktur einer zukunftsfähigen Landwirtschaft aussehen muss.“ Die Agrarpolitik in der EU und in Deutschland habe die Landwirtschaft auf eine möglichst billige Warenproduktion ausgerichtet und sei blind für Soziales und Ökologisches. Regionale Kreisläufe, Wertschöpfung und soziale Strukturen wären dadurch verdrängt worden. Das EU-Subventionssystem sei sozial und ökologisch auszugestalten, fordert sie, „damit mehr bei den Familienbetrieben ankommt und dort gesunde Nahrungsmittel produziert werden können.“

Es müsse mehr für den Wochenmarkt, statt für den Weltmarkt produziert werden. „Spekulantenland gehört in Bauernhand“ und Übergewinne der Handels-, Agrar- und Lebensmittelkonzerne seien abzuschöpfen.

Die Linke will der „Konzentration privaten Grundeigentums“ entgegenwirken und die „Errungenschaften der Bodenreform“ verteidigen. [Die Bodenreform im Herbst 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone war eine Enteignung von Haus und Boden der Gutsbesitzer und Großbauern unter dem sozialistischen Motto „Junkerland in Bauernhand!“.]

FDP: „Innovative Züchtungsmethoden, Vertical Farming und künstliche Intelligenz“

Für Dr. Gero Clemens Hocker (FDP) würde nicht eine einzige der Vorstellungen, für die der Abgeordnete Protschka (AfD) und seine Partei stünden, die Landwirtschaft im Jahre 2023 auch nur einen Millimeter weiterbringen. Seine antiquierten Vorstellungen hätten überhaupt keinen Bestand und keine Wertigkeit, so der FDP-Politiker.

„Ich sage Ihnen eines: Sie werden so keine Perspektive bieten, um die 82 Millionen Menschen in Deutschland auf diese Art und Weise zu ernähren, und erst recht nicht die 8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten.“ Man brauche etwas anderes: Man brauche innovative Züchtungsmethoden, Vertical Farming, und künstliche Intelligenz, führt Hocker aus.



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