Klare Absage: Bundesregierung plant kein Tempolimit auf Autobahnen

Die Debatte um ein Tempolimit findet kein Ende. Die Bundesregierung versucht nun, das Thema abzuräumen: Es gebe auch noch "intelligentere Steuerungsmöglichkeiten".
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Verkehrsminister Andreas Scheuer hatte sich bisher strikt gegen ein Tempolimit ausgesprochen. Foto. Marius BeckerFoto: Marius Becker/dpa
Epoch Times28. Januar 2019

Die Bundesregierung hat einem Tempolimit auf Autobahnen eine klare Absage erteilt. Die Regierung plane kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies stehe auch nicht im Koalitionsvertrag.

Es gebe bereits jetzt in einem großen Teil des deutschen Straßennetzes Geschwindigkeitsregelungen, die an die jeweilige Verkehrs- und Umfeldsituation angepasst seien.

„Es gibt auch noch intelligentere Steuerungsmöglichkeiten als ein allgemeines Tempolimit“, sagte Seibert. Die Regierung warte nun auf die Ergebnisse einer Experten-Arbeitsgruppe zu mehr Klimaschutz im Verkehr. Dann werde die Bundesregierung an Maßnahmen arbeiten, um die Treibhausgas-Emissionen im Verkehr zu senken.

Zuletzt waren Überlegungen der Arbeitsgruppe bekannt geworden, zu denen ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen zählte. Dies hatte eine breite Debatte ausgelöst. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich strikt gegen ein Tempolimit ausgesprochen. Empfehlungen der Kommission gibt es noch nicht, sie sollen Ende März vorliegen.

Göring-Eckardt: „Jetzt ist 2019 und der deutsche Sonderweg ist aus der Zeit gefallen“

Für Wirbel sorgte ein Interview von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Schulze muss sich danach dem Vorwurf stellen, sie vertrete keine klare Haltung in dieser Frage. Sie hatte am Sonntagabend mehrmals auf eine Arbeitsgruppe zum Klimaschutz im Verkehr und auf Verkehrsminister Scheuer verwiesen, ohne zu beantworten, wie sie selbst dazu steht. Dafür erntete sie Spott und Kritik vor allem im Netzwerk Twitter.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth verteidigte die Ministerin: „Es war absolut richtig, dass Svenja Schulze die Frage nach dem Tempolimit offen gelassen hat. Klimaschutz im Verkehr ist weitaus komplexer“, schrieb er. Eine Absage an ein Tempolimit sei jetzt „genauso falsch wie Zustimmung“. Die SPD hat 2007 auf einem Parteitag mit knapper Mehrheit beschlossen, sich für ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde einzusetzen.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, dass ein „Tempolimit für die Klimabilanz sehr wenig bringt“. Nach bisherigem Erkenntnisstand sei ein Tempolimit somit kein „herausragendes Instrument für den Klimaschutz“.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte die Haltung der Bundesregierung. „Der Verkehrsbereich stößt insgesamt immer mehr CO2 aus und ein Tempolimit wäre eine von vielen Maßnahmen auf dem Weg zu sicherem und sauberem Verkehr“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstagsausgaben.

„Der deutsche Sonderweg auf der Autobahn ist ein Fetisch aus dem 20. Jahrhundert, als Autos kleiner und langsamer waren, ihre Zahl und erst Recht die der LKW geringer und schließlich der Klimawandel noch ein Fremdwort war“, fügte die Grünen-Politikerin hinzu. „Jetzt ist 2019 und der deutsche Sonderweg ist aus der Zeit gefallen.“

Scheuer: System der Richtgeschwindigkeit habe isch bewährt

Die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, die saarländische Ressortchefin Anke Rehlinger (SPD), warnte vor einer Debatte über ein Tempolimit. Die Gesellschaft in Deutschland habe „ein zutiefst gespaltenes Verhältnis“ zu dem Thema, schrieb sie in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Eine wochenlange Debatte verstelle „den Blick auf die großen Lösungen für die Zukunft unserer Mobilität und auch unserer Automobilindustrie“.

Nicht jede Frage eigne sich „zur polarisierenden Haltungsdebatte“, fügte die SPD-Politikerin hinzu. „Ich plädiere beim Tempolimit für den politischen Pragmatismus, diese Frage zunächst für nicht so wichtig zu nehmen, damit sich die verkehrspolitische Debatte nicht komplett verengt und am Ende gar nichts passiert. Es gibt dringendere Handlungsfelder

Scheuer hatte auf die Sicherheit deutscher Autofahrer im globalen Vergleich verwiesen. „Deutsche Autobahnen sind die sichersten Straßen weltweit“, hatte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“ gesagt. Er sagte zudem, das System der Richtgeschwindigkeit funktioniere und habe sich bewährt.

In einer Umfrage hatte sich die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) für die Einführung eines Tempolimits von 130 Kilometern pro Stunde auf deutschen Autobahnen ausgesprochen – 47 Prozent der Bürger sind gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Damit habe sich die Stimmung im Vergleich zum November 2007, als das Thema in der Öffentlichkeit ebenfalls diskutiert worden sei, nicht geändert, hieß es jüngst im aktuellen Deutschlandtrend im ARD-Morgenmagazin.

Wann sich die Arbeitsgruppe für mehr Klimaschutz im Verkehr das nächste Mal trifft, ist unklar. Nachdem die Überlegungen etwa zum Tempolimit öffentlich wurden, hatte das Verkehrsministerium eine geplante Sitzung verschoben.

Die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen im Verkehrsbereich sind in den vergangenen Jahren nicht gesunken. Die Bundesregierung hatte für 2019 ein Klimaschutzgesetz angekündigt mit konkreten Vorgaben auch für den Verkehrsbereich. (dpa)

 



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