Bundesregierung mahnt Libyen: Stopp von Seenotrettungen durch NGOs ist völkerrechtswidrig
Die Bundesregierung hat sich in die Auseinandersetzung zwischen NGOs und Libyen auf dem Mittelmeer eingeschaltet: „In Gesprächen mit Libyen weist die Bundesregierung darauf hin, dass es durch die Einrichtung eines libyschen Such- und Rettungsbereichs nicht zu völkerrechtswidrigen Einschränkungen von Seenotrettungen durch Nichtregierungsorganisationen kommen darf“, sagte eine Sprecherin der „Welt“ (Freitagausgabe).
Allerdings verstoße die Einrichtung eines solchen Such- und Rettungsbereichs nicht gegen Seevölkerrecht. Auch Libyen dürfe grundsätzlich einen solchen Bereich einrichten.
Ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, prüfe derzeit die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, kurz IMO). Vergangene Woche hatte die libysche Regierung angekündigt, eine „Such- und Rettungszone“ vor der eigenen Küste einzurichten.
Ausländische Schiffe müssten dieser Sperrzone fernbleiben. Nach Angaben der NGO Save the Children soll sich die neu eingerichtete Such- und Rettungszone, die de facto einer Sperrzone gleichkommt, bis auf 70 Seemeilen vor der libyschen Küste erstrecken. Die Regierung in Tripolis drohte Nichtregierungsorganisationen mit Konsequenzen, sollten sie ohne Autorisierung in diese Zone eindringen.
Nach der Ankündigung aus Libyen warnte die Leitstelle für Seenotrettung in Rom freiwillige Helfer vor dem Eindringen in die neu geschaffene Zone. In der Folge kündigten drei NGOs – darunter Ärzte ohne Grenzen – an, wegen der Drohungen vorläufig keine Hilfseinsätze vor der libyschen Küste mehr zu fahren. Seevölkerrechtsexperte Erik van Doorn von der Universität Kiel hält die Ankündigung aus Libyen für fragwürdig. Lediglich innerhalb einer Zwölf-Seemeilen-Zone vor seiner Küste habe ein Staat Hoheitsgewalt, danach gelte bis zur Grenze von 24 Seemeilen eine sogenannte Anschlusszone. Alles, was weiter entfernt liegt, sei internationales Gebiet. „Hier gilt die Freiheit der Meere“, sagte van Doorn der „Welt“. „Zwar gibt es Abkommen, die festgelegte Rettungszonen im Mittelmeer auf bestimmte Staaten verteilen. Das bedeutet aber nicht, dass NGOs in diesen Rettungszonen nicht aktiv werden dürfen, wenn Menschen in unmittelbarer Gefahr sind.“
Ähnlich argumentiert Till Markus, Rechtswissenschaftler an der Universität Bremen: „Die Ankündigung Libyens ist rechtlich problematisch. Grundsätzlich gibt es qua Völkerrecht eine Pflicht zur Hilfeleistung gegenüber Personen, die auf See in Lebensgefahr oder Not geraten sind, daran ändert auch keine `Search and Rescue Zone` etwas.“
Aus Sicht der Libyer könne man aber zum Beispiel argumentieren, dass sie sich durch die Präsenz von NGOs aus Drittstaaten bei ihren Rettungsaktionen behindert fühlten und Flüchtlinge durch möglicherweise chaotisches Handeln der NGOs Schaden erleiden. „Rechtsklarheit muss insoweit entweder durch internationale Vereinbarungen oder Gerichtsentscheidungen herbeigeführt werden.“ (dts)
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