Bundesregierung kauft Corona-Antikörper-Mittel ohne EU-Zulassung
Die Bundesregierung hat Antikörper-Mittel zur Behandlung infizierter Corona-Risikopatienten gekauft. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nimmt Deutschland damit eine Vorreiterrolle in der EU ein:
„Ab nächster Woche werden die monoklonalen Antikörper in Deutschland als erstem Land in der EU eingesetzt – zunächst in Uni-Kliniken“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“. In der EU zugelassen sind die Mittel bislang nicht.
Der Bund hat sich Spahn zufolge insgesamt „200.000 Dosen für 400 Millionen Euro“ gesichert. Von den Antikörper-Mitteln könnten laut Bundesgesundheitsministerium „einzelne Covid-19-Patienten“ mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs profitieren.
„Sie wirken wie eine passive Impfung“, sagte Spahn. „Die Gabe dieser Antikörper kann Risikopatienten in der Frühphase helfen, dass ein schwerer Verlauf verhindert wird.“
Nach Angaben einer Ministeriumssprecherin handelt es sich um den Antikörper Bamlavinimab des US-Pharmakonzerns Eli Lilly sowie ein Mittel der US-Firma Regeneron mit den beiden Antikörpern Casirivimab und Imdevimab.
Beide Corona-Cocktails haben US-Notfallzulassung erhalten
Beide haben in der USA eine Notfallzulassung erhalten. Mit dem Antikörper-Cocktail von Regeneron war im vergangenen Oktober auch der damalige US-Präsident Donald Trump nach seiner Corona-Infektion behandelt worden.
Monoklonale Antikörper sind genetisch identisch. Sie werden mit Mitteln der Gentechnik künstlich hergestellt. Sie sollen verhindern, dass sich das Coronavirus in menschlichen Zellen vermehrt. Laut Studien könnte die Behandlung dabei helfen, die Virusmenge im Körper zu begrenzen und einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben, erklärte eine Ministeriumssprecherin.
Für die Forscher von Regeneron dienten Rhesus-Makaken als Modell für milde bis normale Verläufe der Infektion. Goldhamster, die bei einer Ansteckung mit Corona stark an Gewicht verlieren und deutliche Schäden durch das Virus davontragen, dienten als Modell für die schweren Verläufe, schriebt der „MDR“.
Neben den Tierversuchen bei den Tieren gezielt infiziert und nach der Behandlung obduziert wurden um die Schädigungen an dem Lungengewebe und den Organen zu evaluieren wurde für die Notfallgenehmigung in den USA Daten von knapp 800 nicht hospitalisierten Erwachsenen mit leichten bis mittelschweren COVID-19-Symptomen ausgewertet.
Sie wurden in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten nahtlosen Phase I/II/III-Studie (NCT04425629), eigens von Regeneron finanziert, erhoben. Dabei erhielten 266 Patienten innerhalb von drei Tagen nach dem positiven SARS-CoV-2-Test eine einzelne intravenöse Infusion von 2.400 Milligramm Casirivimab plus Imdevimab (jeweils 1.200 mg), 267 bekamen 8.000 mg der Kombination (jeweils 4.000 mg) und 266 ein Placebo, berichtet „DAZ.online“.
PEI: Nach Nutzen-Risiko-Einschätzung in Einzelfällen in Deutschland grundsätzlich zulässig
Der Antikörper-Cocktail von Regeneron ist ausdrücklich nicht zugelassen für den Einsatz bei Patienten, die wegen COVID-19 bereits im Krankenhaus sind, die eine Sauerstofftherapie benötigen, oder bei Personen, die derzeit aufgrund einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung eine chronische Sauerstofftherapie bekommen und aufgrund von COVID-19 eine Erhöhung des Sauerstoff-Grundflusses brauchen.
Nach einer Bewertung des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) sei eine Anwendung nach individueller Nutzen-Risiko-Einschätzung in Einzelfällen in Deutschland grundsätzlich zulässig.
Die klinischen Beweise aus der ambulanten Studie legen laut Regeneron nahe, dass monoklonale Antikörper den größten Nutzen haben, wenn sie früh nach der Corona-Diagnose verabreicht werden. Auch bei Patienten, die noch keine eigene Immunantwort haben oder eine hohe Viruslast aufweisen, soll es hilfreich sein.
Als mögliche Nebenwirkungen von Casirivimab und Imdevimab werden Anaphylaxie und infusionsbedingte Reaktionen, Fieber, Schüttelfrost, Nesselsucht, Juckreiz und Rötungen genannt.
Regeneron gemeinsam mit dem Pharmakonzern Roche als Partner, auch in der EU Zulassungen zu beantragen, wie eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Spahn erwartet im Februar mindestens drei Millionen Astrazeneca-Dosen
Für den Fortgang der Corona-Impfungen in Deutschland erwartet Spahn im Februar mindestens drei Millionen Dosen des Impfstoffs von Astrazeneca – trotz der Lieferengpässe des Unternehmens. Die erwartete Liefermenge sei „leider weniger, als erwartet war“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“.
Astrazeneca hatte zuvor angekündigt, weniger Dosen als geplant an die EU liefern zu können. Grund seien Probleme in einer Produktionsstätte. Der Impfstoff von Astrazeneca könnte am 29. Januar von der EU-Arzneimittelbehörde EMA zugelassen werden.
Damit die Menschen in Deutschland Corona-Schnelltests künftig selbst zuhause vornehmen können, will Spahn zudem die Medizinprodukte-Abgabeverordnung ändern. Damit werde der so genannte Arztvorbehalt für die Tests aufgehoben, berichtete die „Rheinische Post“ (Montagsausgabe). Dem Apothekerverband Nordrhein zufolge wird es voraussichtlich für Laien einen Spuck- oder Gurgeltest geben.
Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) nach Angaben von Sonntagfrüh 12.257 Corona-Neuinfektionen bzw. positive Corona-Testergebnisse und 349 weitere Todesopfer mit oder an dem neuartigen Coronavirus binnen 24 Stunden.
Am Wochenende fallen die Zahlen in der Regeln niedriger aus, da nicht alle Gesundheitsämter ihre Zahlen an das RKI melden und auch weniger Tests vorgenommen und ausgewertet werden.
Berliner Humboldt-Klinikum geschlossen, wegen britischer Virusvariante
In Berlin wurde das Humboldt-Klinikum im Bezirk Reinickendorf am Samstag wegen der steigenden Zahl von Infektionen mit der sogenannten britischen Virusvariante geschlossen. Das Krankenhaus ist für die Aufnahme neuer Patienten und für ambulante Eingriffe gesperrt, wie das zuständige Gesundheitsamt mitteilte. Notfälle werden in andere Krankenhäuser gebracht.
Einen Ausbruch gab es auch in der Sana-Klinik in Lübeck. Bislang seien 81 Mitarbeiter positiv getestet worden, erklärte eine Kliniksprecherin am Sonntag. 99 Mitarbeiter seien derzeit in Quarantäne. Die Infektionen gingen vermutlich auf einen Patienten der chirurgischen Station zurück. Planbare Operationen wurde ausgesetzt, um die Notfallversorgung zu sichern. (afp/er)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion