Bundesregierung berichtet über Chinas transnationale Repressionen

Dass das kommunistische Regime in China sich mit seiner repressiven Politik nicht nur auf das eigene Territorium beschränkt, ist mittlerweile bekannt. Doch wie weit reichen Pekings lange Finger eigentlich nach Deutschland hinein? Eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung liefert neue Erkenntnisse.
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Deutschlandfahne über dem Reichstagsgebäude (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 23. Februar 2025

Mit einem Fragenkatalog zur sogenannter transnationaler Repression in Deutschland wandten sich mehrere Abgeordnete der FDP an die Regierung. Die Antworten sind aufschlussreich – und deuten auf die Spitze eines möglichen Eisberges hin.

Überwachung, Bedrohung, Entführung und Mord

In der Kleinen Anfrage (Drucksache 20/14592) an die Bundesregierung unter dem Titel „Transnationale Repressionen durch die Regierung der Volksrepublik China in Deutschland“ wollten die Bundestagsabgeordnete Peter Heidt, Gyde Jensen und Michael Georg Link sowie die Fraktion der FDP unter Christian Dürr Antworten auf 37 Fragen über die Aktivitäten autoritärer Staaten hierzulande wissen, insbesondere des kommunistischen Regimes in China.

Sie verwiesen auf Berichte von Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGO) über die Überwachung von Regierungskritikern, über Spionage, Cyberangriffe und Online-Schikanen sowie Maßnahmen der Desinformation, Bedrohung und Einschüchterung – bis hin zu „körperlichen Angriffen, Entführungen, Attentaten und Mord“. Alles mit dem Ziel, „Regierungskritiker außerhalb ihrer eigenen Grenzen zu verfolgen und mundtot zu machen“ oder chinesischstämmige Personen in Deutschland durch „erzwungene Rückführungen“ nach China zu bringen.

Mit „Amtshilfen“ gegen Deutschlands Souveränität und Sicherheit

Hierbei wurde neben explizit genannten Medienberichten auch auf den Verfassungsschutzbericht 2023 verwiesen und auf die Publikation der spanischen Menschenrechtsorganisation „Safeguard Defenders“ über das chinesische „Fox Hunt“-Programm („Fuchsjagd“).

Dabei soll es auch zum „Missbrauch internationaler Amtshilfen“ kommen, etwa durch internationale Haftbefehlsgesuche – oder aber zur Anforderung gezielter Informationen über Betroffene. Diese stellten einen „gravierenden Eingriff in die staatliche Souveränität“ von Deutschland dar und bedrohe die Menschenrechte und die nationale Sicherheit in Deutschland. Zudem ging es um Vorwürfe von Medien, dass in Deutschland auch chinesische Militärangehörige und Sicherheitsbeamte ausgebildet worden seien.

Vier unbeantwortbare Fragen

In der Antwort der Bundesregierung (Drucksache 20/14938) vom 10. Februar wurde mitgeteilt, dass man „nach sorgfältiger Abwägung des parlamentarischen Informationsanspruchs des Deutschen Bundestages“ zu der Auffassung gelangt sei, dass man einige der Fragen nicht offen beantworten könne.

Dabei ging es um eine mögliche Aufnahme des Themas „Transnationale Repressionen“ in die polizeiliche Ausbildung. Zudem beschäftigten sich zwei unbeantwortbare Fragen mit der letzten Dekade: Ob chinesische Militärangehörige in Deutschland ausgebildet worden seien und ob es Kooperationen zwischen der Bundeswehr und dem chinesischen Militär gegeben habe. Die vierte unbeantwortete Frage wollte wissen, ob die Ampelregierung gemeinsam mit Organisationen des Regimes „Seminare und Gesprächsformate in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik durchgeführt“ habe.

Hilfeportal gegen fremdstaatlichen Einfluss

Die Bundesregierung versicherte jedoch, dass zur „Bekämpfung strafbarer Aktivitäten ausländischer Staaten zum Nachteil in Deutschland lebender deutscher und ausländischer Staatsangehöriger“ die Strafverfolgungsbehörden und die Polizeibehörden von Bund und Ländern „alle rechtlich zulässigen Maßnahmen“ ergreifen würden.

Auch der Bundesverfassungsschutz arbeite „unter Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden nachrichtendienstlichen Mittel“ an Aufklärung und Abwehr von „Repressionsaktivitäten ausländischer Akteure“. Zudem versichert die Bundesregierung, in Deutschland lebenden Betroffenen von transnationaler Repression als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Diese könnten sich über einen Hinweiskanal informieren und Repressionen melden.

https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/downloads/DE/Meldungen/hinweistelefon.pdf

Hilfe gegen fremdstaatliche Repressionen. Foto: Screenshot BfV

Gegen Hass und Hetze im Internet

Eine wichtige Frage betraf die digitale Welt: „Ist die Bundesregierung in einem Austausch mit digitalen Plattformen, um gezielte Drohungen, Hetze und Diffamierung in sozialen Medien gegen Regimekritiker zu unterbinden?“

Hierzu erklärte die Regierung, dass sie Leitungs- und Arbeitsebene im „regelmäßigen Austausch“ mit den digitalen Plattformen stehe, um eine „bessere Bekämpfung und Vermeidung von strafbaren Inhalten und Desinformation“ zu erörtern.

Chinas Stasi arbeitet auch in Deutschland

Eine spezielle Frage berührte den Schutz chinesischer Staatsangehöriger in Deutschland vor Repressionen der Kommunistischen Partei Chinas.

„Sofern dem BKA oder den Polizeien der Länder Erkenntnisse über eine konkrete Gefährdung“ chinesischer Menschen in Deutschland durch chinesische staatliche oder staatlich kontrollierte Stellen „bekannt werden, werden durch die zuständigen Landeskriminalämter erforderliche Schutzmaßnahmen geprüft und bei Bedarf umgesetzt“, so die Regierung.

Man wisse auch, welche chinesischen Behörden für transnationale Repressionen in Deutschland gegen Regimekritiker verantwortlich seien: „Teile der chinesischen Sicherheitsbehörden […], insbesondere das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) sowie das Ministerium für Öffentliche Sicherheit (MÖS)“.

Als die Abgeordneten auf eine Antwort zur Anzahl von „Hacking- und Überwachungsaktivitäten gegenüber in Deutschland lebenden Tibetern, Uiguren, Hongkongern, Falun-Gong-Anhängern sowie Exil-Chinesen“ drängten, hieß es allerdings nur, dass man mit Betroffenen sowie sie vertretenden Organisationen „in engem Austausch“ stehe, das sehr ernst nehme, aber eine statistische Erfassung nicht stattfinde.

Die Regierung berichtete auch von einem „extraterritorialen Netzwerk“ des chinesischen Staates, sogenannten ÜPS (chinesische Übersee-Polizeistationen), erklärte aber, dass es keine Belege dafür gebe, dass diese auch heute noch in Deutschland aktiv seien. In der Vergangenheit habe man zwei dieser ÜPS in Deutschland identifiziert: die überregionale „ÜPS Deutschland“ – mit Ansprechpartnern für Berlin, Hamburg, Süddeutschland/München, „West-Mitteldeutschland“ und „Westdeutschland“ und die regionale „ÜPS Frankfurt am Main“ mit einem Ansprechpartner.

Die Bundesregierung habe im Jahr 2021 dazu Ermittlungen aufgenommen und im Jahr 2022 von China per Verbalnote die Einstellung dieser Stationen gefordert, hieß es. Der Regierung seien auch in anderen Ländern chinesische Übersee-Polizeistationen in EU-Ländern bekannt, etwa in Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden, Spanien, Portugal, der Slowakei, Tschechien und Ungarn.

Kooperation mit chinesischen Polizeibehörden?

Auf die Frage nach Kooperationen zwischen der Bundespolizei und chinesischen Polizeibehörden antwortete die Regierung mit einer Auflistung von über 30 Kooperationstreffen im Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2024.

Dabei handelte es sich meist um Informationsaustauschtreffen, Leistungs- oder Delegationstreffen der Bundespolizei mit nationalen oder lokalen chinesischen Public Security Büros, der chinesischen Polizei, Bahnpolizei, Küstenwache, Luftfahrtbehörde, Fliegerstaffel, Grenzpolizei und sogar mit Behörden des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit und dem Ministerium für Staatssicherheit.

Im September 2023 traf sich etwa die Bundespolizei „auf Leitungsebene“ zum Austausch mit der Polizei in Hongkong. Diese Sicherheitskräfte waren vor allem dadurch bekannt geworden, dass sie mit Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorgingen.

Einflussnahme, Befragungen, Verunsicherungen und Selbstzensur

Andere Fragen beschäftigten sich mit der Frage der Einflussnahme des chinesischen Machtapparates auf Veranstaltungen in Deutschland, Festsetzungen deutscher Staatsangehöriger an chinesischen Flughäfen zur Befragung über politische Aktivitäten in Deutschland oder die Kontaktaufnahme mit chinesischen Exilanten zur Einflussnahme durch den chinesischen Sicherheitsapparat. Hierzu waren der Bundesregierung jeweils Einzelfälle bekannt.

Mehrere Fragen zu möglichen Auswirkungen des im Jahr 2023 erlassenen „sogenannten Chinesischen Sicherheitsgesetzes für Hongkong“ und des „sogenannten chinesischen Anti-Spionagegesetzes“ auf chinesischstämmige Menschen in Deutschland beantwortete die Bundesregierung so: „Jegliche Versuche der chinesischen Regierung, die eigene Sicherheitsgesetzgebung extraterritorial anzuwenden, ist für die Bundesregierung inakzeptabel.“ Man berichtete in diesem Zusammenhang allerdings von einer Zunahme von Verunsicherungen und Selbstzensur von in oder mit China agierenden deutschen Staatsangehörigen.

Werden Abgeordnete bedroht?

Nicht zuletzt wollten die Abgeordneten etwas über „Bedrohungen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages, deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlamentes sowie Angehörigen deutscher Forschungseinrichtungen durch China“ in den letzten fünf Jahren wissen.

Die Regierung erklärte, man betreibe „keine quantitative Erhebung dieser Fälle“, es seien aber Einzelfälle bekannt. Als Beispiele nannte man von China verhängte Sanktionen „gegen zehn Individuen und vier Institutionen in Europa, die u. a. das ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments Reinhard Bütikofer, das Mitglied des Europäischen Parlaments Michael Gahler sowie das in Berlin ansässige und vom Auswärtigen Amt geförderte Mercator Institut für Chinastudien betreffen“.



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