Krankenhausreform ist durch – zuvor entließ Woidke seine Gesundheitsministerin

Der Bundesrat lässt Lauterbachs Krankenhausreform passieren. Vor der Abstimmung entließ Brandenburgs Ministerpräsident seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher.
Abgeordnete der Länder während der Sitzung des Bundesrates in Berlin.
Abgeordnete der Bundesländer während einer Sitzung des Bundesrates in Berlin.Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Epoch Times22. November 2024

Der Bundesrat macht den Weg für die umstrittene Krankenhausreform frei. Die Länderkammer ließ das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine Neuordnung der Kliniken passieren.

Im Bundestag wurde die Reform schon beschlossen, vor allem um die Finanzierung wird gestritten. Unions-geführte Bundesländer forderten bisher die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Mehrere Länder hatten aus Sorge vor Klinikschließungen Widerstand angekündigt.

Entlassung vor Abstimmung

Vor der Abstimmung hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) entlassen – noch während der Sitzung.

Nach Informationen des rbb wollte Woidke damit verhindern, dass sich Nonnemacher am Freitag in der Bundesratssitzung zur Krankenhausreform offiziell gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausspricht. Woidke würdigte ihre Arbeit unter anderem bei der Bewältigung der Coronakrise, nannte aber keinen konkreten Grund für ihre Entlassung.

Die 67-Jährige war seit November 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz in Brandenburg. Bei der Landtagswahl im September verpassten die Grünen den Wiedereinzug in das Landesparlament. Woidke verhandelt derzeit mit dem BSW über eine Regierungsbildung.

Was will die Reform?

Ziel der von Lauterbach eingebrachten Krankenhausreform ist, Leistungen in spezialisierten Kliniken zu konzentrieren, was nach Angaben der Bundesregierung die Qualität der Behandlungen steigern soll. Zudem sollen ambulante und stationäre Sektoren enger verzahnt werden.

Kritiker befürchten eine Verschlechterung der Versorgungslage, gerade im ländlichen Raum, sowie zu starke Einschränkungen in der Krankenhausplanung der Bundesländer.

Die Krankenhausabrechnung soll zukünftig zu einem großen Teil über eine Vorhaltevergütung erfolgen. Anders als bisher richtet sich die Finanzierung der Kliniken somit nicht ausschließlich nach der Anzahl der Behandlungen, sondern nach den Leistungen, die sie grundsätzlich vorhalten. Hierzu sind 65 Leistungsgruppen vorgesehen, die mit Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen verknüpft werden.

Um die Behandlungsqualität zu verbessern, sollen Kliniken Fachbehandlungen in jedem Stadium nur noch dann vornehmen, wenn sie über das dafür notwendige Personal und die entsprechende Ausstattung verfügen. Für Stroke Units, Traumatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Intensivmedizin, Koordinierungsaufgaben, Unikliniken und Notfallversorgung werden zusätzliche Mittel gewährt.

Das Gesetz sieht eine Annäherung von ambulanter und stationärer Behandlung vor. In Regionen mit Fachärztemangel sollen bestimmte Kliniken (sogenannte Level 1i-Krankenhäuser) auch fachärztliche Leistungen anbieten, sodass sich Patienten statt beim niedergelassenen Facharzt auch ambulant im Krankenhaus untersuchen und behandeln lassen können.

Bei Hausärztemangel können Kliniken, die als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen gelten, auch allgemeinmedizinische Behandlungen anbieten. Zudem wird die ambulante Versorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher erleichtert.

Das Gesetz führt eine ärztliche Personalbemessung ein. Zudem soll geprüft werden, ob dies auch für weitere Berufsgruppen wie Hebammen oder Physiotherapeuten erforderlich ist. Das Gesetz sieht zudem Maßnahmen zur Entbürokratisierung vor.

Die Strukturreform soll über einen Zeitraum von zehn Jahren durch einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro finanziert werden, dessen Kosten zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern getragen werden.

Rehlinger: „Besser diese Reform als keine Reform“

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hoffte zuvor auf grünes Licht für die Krankenhausreform im Bundesrat, dessen Präsidentin sie derzeit ist.

„Auch ich hätte noch Änderungswünsche gehabt“, räumte Rehlinger am Freitag in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“ ein. „Aber ich sage auf der anderen Seite: Besser diese Reform als keine Reform.“

Die Anrufung des Vermittlungsausschusses würde eine aus ihrer Sicht notwendige Reform auf „lange, lange Zeit“ verhindern, warnte Rehlinger. „Das würde bedeuten, dass das eine oder andere Krankenhaus vielleicht völlig unkontrolliert schließen müsste.“

Die Krankenhausreform sei „ein Beispiel, mit dem man zeigen kann, dass man auch in diesen Zeiten noch handlungsfähig ist“, sagte Rehlinger.

An die Union gerichtet mahnte die SPD-Politikerin: „Keine parteitaktischen Spiele. Vor allem dann nicht, wenn es um die Gesundheit und die Versorgungssicherheit in Deutschland geht.“ (afp/red)



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