Bundesparteitag der FDP stimmt für 12-Punkte-Programm – Klingbeil: „Keine Kürzung bei der Rente“

Christian Lindner nutzte den Bundesparteitag, um die FDP noch einmal nachdrücklich auf die „Wirtschaftswende“ einzuschwören. Auf allzu laute Töne gegenüber den Koalitionspartnern verzichtete er. Stattdessen betonte er die Bedeutung des Wirtschaftswachstums für die Rettung der Demokratie und der Ukraine.
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Christian Lindner (l.) und Wolfgang Kubicki auf dem Kongress der FDP in Berlin, 27. April 2024.Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images
Von 28. April 2024

Die etwas eigenwillige Losung „Wachstun“ steht über dem Bundesparteitag der FDP, der am Samstag, 27. April, in Berlin begonnen hat. Er soll vermitteln, dass sich die Liberalen selbst als jene Partei sehen, die nicht nur von der Überwindung der Stagnation und der schlechten Grundstimmung im Land redeten, sondern dagegen handelten. Diesen Eindruck versuchte auch Bundesparteichef Christian Lindner in seinem mehr als 70-minütigen Rechenschaftsbericht zu vermitteln – und zumindest die Delegierten schien er damit überzeugt zu haben.

Lindner: Wirtschaftswende ist „kein Projekt der FDP, sondern des Landes“

Ob die FDP im nächsten Bundestag überhaupt noch vertreten sein wird, ist jüngsten Umfragen zufolge höchst ungewiss. Der Parteichef versuchte, diese Ausgangslage gar nicht erst ins Bewusstsein dringend zu lassen. Auch verzichtete er auf allzu konfrontatives Auftreten gegenüber den Ampel-Partnern.

Den Großteil seiner Rede investierte Lindner in Begründung und Werbung für den Leitantrag, der auf die Unterstützung des jüngst präsentierten 12-Punkte-Konzepts gerichtet war. Deutschland stehe sich „zu oft selbst im Weg“, äußerte der Parteichef. Man sei auch offen für Diskussionen über das eigene Konzept. Nur beim Status quo dürfe es nicht bleiben. In diesem Sinne beschwor Lindner:

„Die Wirtschaftswende ist nicht ein Projekt der Freien Demokraten. Sie muss ein Projekt dieses Landes sein.“

Ukraine als „First Line of Defense gegen Putin”

Lindner zeichnete seine Partei als die treibende Kraft für eine Politik, die entschlossen sei, das Wachstum ins Land zurückzubringen. Nicht mehr Schulden, sondern mehr Wachstum seien erforderlich, um Sozialstaat und Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können.

Aber auch zur Bewältigung der wachsenden Kosten für die Rüstung und für die Ukraine sei Wachstum erforderlich. Diese könnten „nicht dauerhaft auf Pump“ erfolgen. Allerdings seien sie unabdingbar, weil die Ukraine „unsere First Line of Defense gegen Putin“ sei. Der russische Präsident habe „die Ukraine angegriffen, aber er meint uns alle und unsere Lebensweisen. Er will Europa spalten, er will die NATO spalten“.

Aber auch die Akzeptanz der Demokratie im eigenen Land hänge von einem Ende der Stagnation ab, so Lindner. Fehlendes Wachstum nähre Abstiegsängste und Zweifel an den Rahmenbedingungen. Deshalb sei das Ermöglichen von Wachstum auch eine Investition in die Legitimation des eigenen Wirtschafts-, Gesellschafts- und Regierungsmodells, das die Demokratie liefere:

„Anders gesagt: Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratieförderungsgesetz, das man haben kann.“

Lindner warnt vor autoritären Maßnahmen zum Klimaschutz

Der FDP-Chef erklärte, dass „nicht Politiker und Beamte unsere Zukunft der Wirtschaft bestimmen“ sollten. Es sollten Marktwirtschaft und die Entscheidung der Menschen sein. Entsprechend habe nur eine im Wettbewerb gewachsene Struktur Zukunft. Lindner warnte auch davor, unter dem Banner des Klimaschutzes persönliche und wirtschaftliche Freiheit infrage zu stellen:

Am Ende nahm der Bundesparteitag mit deutlicher Mehrheit den Leitantrag und damit das 12-Punkte-Programm an. Einige der dort enthaltenen Punkte sind vor allem für die SPD inakzeptabel – beispielsweise das Ende der sogenannten Rente mit 63 oder Verschärfungen beim Bürgergeld.

Vorstoß für echte Aktienrente und Rentenultimatum bleibt ohne Wirkung

Parteivize Johannes Vogel und die Jungen Liberalen wollten auf dem Wege eines Änderungsantrages sogar die Zustimmung zum sogenannten Rentenpaket II mit zwei Bedingungen verknüpfen. Zum einen war dies das Aus für den vorzeitigen Renteneintritt. Zum anderen wollten sie eine echte Aktienrente nach schwedischem Vorbild, wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) berichtete.

Dort sind Bürger verpflichtet, 2,5 Prozent ihres beitragspflichtigen Einkommens selbst in eine tatsächliche Aktienrente zu investieren. In Deutschland geht es jedoch um den Bund, der in Aktien investieren soll, um den Bundeszuschuss zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung zu finanzieren.

Dafür soll ein Darlehen aufgenommen werden – was Finanzfachleute und auch Gewerkschaften für ein No-Go halten. Außerdem soll die Anlagepolitik bei der staatlichen Aktienrente strikt ESG-Kriterien folgen. Der Änderungsantrag, der mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich eine Provokation gegenüber den Ampel-Partnern dargestellt hätte, hat es jedoch nicht in die Endfassung geschafft. Der Leitantrag wurde im Wesentlichen so beschlossen, wie er vorgelegt wurde.

Klingbeil richtet Ansage an FDP: „Werden Schwerarbeitern nicht Weg in Rente erschweren“

Im Vorfeld des Parteitages hatte SPD-Chef Lars Klingbeil bereits deutlich gemacht, dass es mit seiner Partei keine Kürzung im Bereich der Renten geben werde. Das Argument des Fachkräftemangels ließ er im Kontext des vorzeitigen Renteneintrittes für besonders langjährig Versicherte nicht gelten. Gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ äußerte er:

„Die größte wirtschaftspolitische Herausforderung liegt nun wirklich nicht darin, dass eine Erzieherin nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente geht. […] Noch mal: Wir reden über Menschen, die 45 Jahre im Schichtdienst waren, die als Pflegekräfte gebuckelt oder als Dachdecker gearbeitet haben. Diesen Menschen den wohlverdienten Weg in die Rente zu erschweren, machen wir nicht mit. Mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler wird es keine Rentenkürzung geben. Punkt.“

Über eine Steuersenkung für kleinere und mittlere Einkommen oder einen „großen Wurf“ beim Bürokratieabbau wäre er mit der FDP jedoch bereit zu reden.

Djir-Sarai gegen „Bürokratiemonster“ bei der Kindergrundsicherung

Am Sonntag wird der Parteitag fortgesetzt. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Wahlen und Nachwahlen von Delegierten für Rat und Kongress der Europapartei ALDE sowie Antragsberatungen. Dabei geht es unter anderem um einen Wiedereinstieg in die Atomkraft und bildungspolitische Themen.

Das Wort zu einer programmatischen Rede wird Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ergreifen. Er hatte heute am Rand des Parteitages unterstrichen, dass die FDP dem Konzept der Kindergrundsicherung, wie es Bundesfamilienministerin Lisa Paus vorschwebt, nicht zustimmen wird.

Paus hatte gefordert, eine neue Behörde mit 5.000 Mitarbeitern ins Leben zu rufen, die damit beauftragt werden solle, die Leistung zu verwalten. Die Liberalen sprechen von einem neuen „Bürokratiemonster“.



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