Bund und Länder im Vorfeld des Migrationsgipfels weiterhin uneinig

Vor dem Migrationsgipfel am 10. Mai in Berlin ist noch keine Einigung zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Streit um die Finanzierung in Sicht. Während Bayerns Ministerpräsident Söder eine Kürzung der Gelder für bestimmte Länder fordert, verlangt Hessen eine Verdoppelung der Bundesausgaben.
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Flüchtlingshilfe: Laut Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) muss der Bund „seinen Anteil von derzeit 2,75 Milliarden Euro mindestens verdoppeln“.Foto: ARNE DEDERT/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times7. Mai 2023

Im Vorfeld des Migrationsgipfels am kommenden Mittwoch fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), den Staaten, die abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen, die Entwicklungshilfe zu kürzen. „Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl“, sagte Söder gegenüber der „Bild am Sonntag“. „Aber bei Ländern, die einer geordneten Rückführung nicht zustimmen, müssen wir künftig auch über Kürzungen bei der Entwicklungshilfe nachdenken.“

Kommunen und Bundesländer seien bei der Migration an der Belastungsgrenze. Der Bund sei deshalb dringend gefordert, „die Sorgen der Basis und Ehrenamtlichen endlich ernst zu nehmen“.

Es brauche eine deutliche finanzielle Unterstützung für die Kommunen, eine bessere Steuerung der Zuwanderung und weitere Unterbringungsmöglichkeiten durch den Bund. „Und: Die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten muss erweitert werden“, so Söder.

Sachsen fordert Umsetzung von Rückführungsabkommen

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert, dass der Bund „gegenüber unseren europäischen Partnern auf die Einhaltung geltenden Rechts“ drängt. „Das ‚Durchleiten‘ von Flüchtlingen aus anderen EU-Staaten muss ein Ende haben.“ Bestehende Rückführungsabkommen seien konsequent umzusetzen. Kretschmer:

Mangelnder Kooperation der Herkunftsstaaten ist mit wirtschaftlichem, rechtlichem und diplomatischem Druck zu begegnen.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident sieht bei einem Scheitern des Gipfels sogar das Vertrauen in die Demokratie in Gefahr. „Die Kommunen und die Länder sind mit der Aufnahme von Flüchtlingen inzwischen längst auch finanziell überfordert“, sagte Reiner Haseloff (CDU) der Zeitung.

„Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass Zuwanderung gesteuert wird. Wenn wir uns in Deutschland nicht handlungsfähig zeigen, wird das Vertrauen in unsere Demokratie mehr und mehr untergraben“, so Haseloff.

Hessens Ministerpräsident fordert „schnellstmögliche Hilfe“

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verlangt zudem eine Kursänderung bei der Migrationspolitik: „Es braucht eine Kehrtwende in den Köpfen der Ampelregierung, die aktuellen Herausforderungen bei der Migration endlich ernst zu nehmen – weg von immer neuen Anreizen der Ampel, hin zu wirksamen Ansätzen zur Ordnung und Begrenzung der Migration.“

Von dem Bund-Länder-Treffen müsse das glasklare Signal ausgehen, „dass die Bundesregierung endlich den Kopf aus dem Sand zieht, die Not der Kommunen wahrnimmt und schnellstmöglich Hilfe leistet“, sagte der Christdemokrat. Und weiter:

Städte, Gemeinden und Landkreise brauchen deutlich mehr Geld – der Bund muss deshalb seinen Anteil von derzeit 2,75 Milliarden Euro mindestens verdoppeln.“

Der Ministerpräsident mahnte eine Einigung beim Gipfel an, wonach sich der Bundesanteil am Flüchtlingszuzug orientieren soll. „Klar muss ab jetzt außerdem wieder sein: Steigen die Flüchtlingszahlen, steigt die Summe des Bundes.“ Denn dieser sei allein dafür verantwortlich, die Migration „zu steuern und zu begrenzen“, sagte Rhein.

Kretschmann verweist auf Engpässe bei Unterbringung

Auch SPD und Grüne fordern mehr finanzielle Unterstützung durch den Bund – obwohl erst am Samstag Pläne bekannt geworden waren, dass Berlin genau das ablehnt.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verweist auf Engpässe bei Unterbringung und Kitaplätzen und verlangt:

Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf die Länder und Kommunen mit den Mehrkosten der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen“,

sagte Kretschmann der „Bild am Sonntag“. „Er muss eine langfristige finanzielle Beteiligung an den Kosten für die Versorgung und Integration der Geflüchteten sicherstellen.“

Anke Rehlinger (SPD), saarländische Ministerpräsidentin, fordert gegenüber der Zeitung mehr europäische Solidarität. „Wir brauchen endlich eine verbindliche Vereinbarung über die solidarische Verteilung von Flüchtlingen unter allen EU-Ländern“, so Rehlinger.

„Wir werden über die Finanzierung der großen Herausforderung reden müssen, denn wir brauchen eine gerechte, tragfähige Lösung mit einer dauerhaften Regelung, die sich dynamisch den Flüchtlingszahlen anpasst.“ Auch über die Digitalisierung und Leistungsfähigkeit der Ausländerbehörden werde zu reden sein.

„Wir schlagen außerdem vor, nicht abgerufene Mittel der Wohnraumförderung einsetzen zu können, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der zeitweise auch zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen kann.“

Rheinland-Pfalz: „Gerechte Verteilung notwendig“

Brandenburg-Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) drängte darauf, „dass Zuwanderung administrierbar bleibt, ohne dass wir unsere humanitäre Verpflichtung infrage stellen. Dazu gehören: der Schutz der EU-Außengrenzen, die Ausweitung der Vereinbarung zu sicheren Herkunftsstaaten und die zügige, möglichst freiwillige Rückführung von Menschen ohne Bleibeperspektive.“

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), verweist hingegen auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen Lösung: „Wir haben als Land die Plätze in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen massiv aufgestockt. Ich weiß, dass die Kommunen trotzdem an ihre Grenzen stoßen. Deswegen ist es wichtig, dass wir gemeinsam an einer Lösung arbeiten.

Wir brauchen auch die Solidarität in Europa für eine gerechte Verteilung. Keinem ist geholfen, wenn wir uns gegenseitig Vorwürfe machen.“

Schwesig fordert Asylzentren an EU-Außengrenze

Mecklenburg-Vorpommerns Landeschefin Manuela Schwesig (SPD) wiederum stellte sich hinter den Vorschlag von Nancy Faeser (SPD) zur Einrichtung von Asylzentren an den EU-Außengrenzen.

„Es ist richtig, dass Deutschland Menschen, die vor Krieg oder Verfolgung flüchten, Schutz gibt. Die Aufnahme einer so hohen Zahl von Flüchtlingen hat die Kommunen aber an ihre Grenzen gebracht“, sagte Schwesig zu „Bild am Sonntag“. „Wir brauchen Entlastung, zum Beispiel durch Asylzentren direkt an der EU-Außengrenze, wie Innenministerin Faeser sie vorgeschlagen hat.“

„Ramelows Vorschlag ist migrationspolitischer Offenbarungseid“

Thüringens Ministerpräsident Ramelow hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, jungen Asylbewerbern zwischen 16 und 25 Jahren, die bereits seit Jahren in Deutschland lebten, eine Bleibeperspektive zu eröffnen. Er präzisierte damit eine zuvor gemachte Aussage.

Darin hatte Ramelow für eine pauschale Anerkennung aller nach 2014 angekommenen Asylbewerber plädiert, sofern diese mindestens drei Jahre ohne Beanstandungen in Deutschland gelebt hätten. So könne das Asylsystem entlastet werden, hatte Ramelow dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ gesagt.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), hat den jüngsten Migrationsvorstoß von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) scharf kritisiert. „Der Vorschlag von Ramelow ist ein migrationspolitischer Offenbarungseid“, sagte Frei der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“ (Montagsausgaben).

Wenn er allen Ernstes davon spricht, dass er das deutsche Asylsystem dadurch entlasten wolle, indem er allen Menschen ohne ein Asylverfahren einen Aufenthaltstitel geben möchte, dann wäre das die Fortsetzung der migrationspolitischen Geisterfahrt Deutschlands in Europa, nur mit gesteigertem Tempo.“

Der CDU-Politiker kritisierte, eine Umsetzung des Vorschlags würde „eine unglaubliche Sogwirkung in den Herkunftsländern auslösen und jede Steuerung der Migration aufgeben“.

Ein solcher Vorschlag wäre aber auch „zutiefst inhuman“, da er diejenigen belohne, die jung, gesund, stark und vermögend genug seien, die Schlepper nach Deutschland zu bezahlen. „Alle anderen wirklich Bedürftigen würden im Stich gelassen“, ergänzte Frei. (dts/dpa/il)



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