Bund soll eigene Lufthansa-Aufsichtsräte nicht selbst benennen
Das Vorschlagsrecht für die Besetzung der beiden Aufsichtsratsmandate, die der Bund im Zuge der Lufthansa-Rettung übernehmen soll, wird nicht beim Staat, sondern beim Unternehmen liegen. Das geht aus einer internen Aufstellung der Rettungsmaßnahmen aus dem Bundesfinanzministerium hervor.
„Die Bundesregierung wird zwei Mitglieder an den 20-köpfigen Aufsichtsrat entsenden. Ähnlich dem Airbus-Modell liegt das Vorschlagsrecht hierfür beim Aufsichtsratsvorsitzenden der Lufthansa, der dem Bund für beide Mandate jeweils zwei Kandidaten vorschlägt, von denen der Wirtschaftsstabilisierungsfonds jeweils einem Kandidaten zustimmen muss“, heißt es in dem Dokument wörtlich.
Fachkompetenz gefragt
„Die Kandidaten sollen nach fachlicher Kompetenz ausgewählt werden.“ Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ist das Finanzvehikel, mit dem der Bund die staatlichen Hilfen für Unternehmen abwickelt, die wegen der Coronakrise in Schieflage geraten sind. Nach wochenlangen Verhandlungen hat der Bund der Lufthansa am 25. Mai ein rund neun Milliarden Euro schweres Stützungspaket angeboten, das der Aufsichtsrat des Unternehmens aber noch nicht angenommen hat.
Der Bund soll für seinen Finanzhilfen 20 Prozent der Lufthansa-Aktien bekommen sowie zwei Vertreter in den Aufsichtsrat des Unternehmens entsenden. Über die Aufsichtsratsmandate hatte es heftigen Streit gegeben.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte Vertreter des Bundes in dem Kontrollgremium strikt abgelehnt und vor einer „staatlich gelenkten Lufthansa“ gewarnt. Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war dagegen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hingegen hatte darauf gepocht, dass der Bund angesichts seines Milliarden-Engagements eine angemessene Vertretung in dem Aufsichtsgremium bekommen müsse.
Sperrminorität des Bundes
Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist die nun gefundene Lösung ein akzeptabler Kompromiss, zumal bei der staatlichen Beteiligung am europäischen Flugzeugbauer Airbus ähnlich verfahren werde.
Das Unterstützungspaket trage sowohl den Anforderungen des Unternehmens und seiner 135.000 Beschäftigten als auch „den berechtigten Bedürfnissen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ Rechnung, teilte ein Sprecher des Finanzministeriums auf RND-Anfrage mit.
„Der Bund sichert sich unter anderem eine Sperrminorität, um eine feindliche Übernahme der Lufthansa zu verhindern, und entsendet zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat, um die Belange der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Blick zu behalten.“
Grünen-Sprecher meint: Kein Privatinvestor würde sich auf diesen Deal einlassen
Kritik kommt von der Opposition. „Bundesregierung hat sich bei der Besetzung der Aufsichtsratsmandate vom Management und den Aktionären der Lufthansa kaltstellen lassen“, sagte der haushaltspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler.
„Die Bundesregierung kann ihre Vertreter im Aufsichtsrat nicht selbst bestimmen, sondern bekommt diese vom Aufsichtsratschef der Lufthansa ausgesucht und vorgeschlagen. Kein privater Investor würde sich so etwas bieten lassen“, so Kindler weiter.
„Wie kann man sich selbst so kleinmachen? Hat die Bundesregierung noch einen Funken an Selbstachtung?“ Kindler warf CDU und CSU „Konzern-Lobbyismus“ zu Lasten der Steuerzahler vor. „Die Einigung zwischen Lufthansa und Bundesregierung ist ein schönes Geschäft für die Aktionäre und ein schlechter Deal für die Steuerzahler“, so der Grünen-Politiker.
„Der Bund soll nun mit neun Milliarden an Steuergeldern ins Risiko gehen, obwohl das Unternehmen an der Börse nur vier Milliarden Euro wert ist.“ Der Staat trage das volle Risiko jeder Unternehmensentscheidung, sei aber bei allen Grundsatzentscheidungen nur passiver Zuschauer, kritisierte der Haushaltspolitiker.
„Kein Kaufmann bei Verstand würde so ein schlechtes Geschäft abschließen. Die Bundesregierung hat sich bei der Lufthansa-Rettung in weiten Teilen die Bedingungen vom Management der Lufthansa diktieren lassen.“ (dts/al)
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