Bund nimmt im ersten Halbjahr 7,8 Milliarden mehr Steuern ein als 2023

Die Konjunktur läuft weiter schwach, doch der Bund hat höhere Einnahmen als im vergangenen Jahr. Das betrifft sowohl Steuern als auch sonstige Einnahmen. Finanzminister Lindner will Spitzenkräfte aus dem Ausland über Steueranreize nach Deutschland locken. Die Wirtschaft ist skeptisch.
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Zum Ende des ersten Halbjahres hat der Bund mehr ausgegeben als eingenommen.Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa
Epoch Times23. Juli 2024

Der Bund hat im ersten Halbjahr 2024 etwas mehr Steuern eingenommen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Steuereinnahmen beliefen sich laut Monatsbericht des Finanzministeriums auf 176,5 Milliarden Euro – 4,6 Prozent oder 7,8 Milliarden mehr als im ersten Halbjahr 2023.

Dazu kamen rund 20 Milliarden Euro an sonstigen Einnahmen, wozu etwa Zinseinnahmen, Maut-Zahlungen und Einnahmen aus dem Verkauf von Beteiligungen zählen.

Trotzdem 23,6 Milliarden mehr Ausgaben als Einnahmen

Zugleich gingen vor allem wegen geringerer Zinsen auch die Ausgaben des Bundes um rund vier Prozent zurück. Für das Bürgergeld und Zuschüsse an die Rentenversicherung musste die Bundesregierung allerdings tiefer in die Tasche greifen als im ersten Halbjahr 2023.

Insgesamt hatte der Bundeshaushalt Ende Juni dem Bericht zufolge ein Finanzierungsdefizit von 23,6 Milliarden Euro. Einnahmen und Ausgaben unterliegen im Laufe eines Haushaltsjahres für gewöhnlich starken Schwankungen, daraus lässt sich daher noch kein Schluss für den Jahresabschluss ziehen.

Außerdem will die Bundesregierung mit einem Nachtragshaushalt noch einmal 11,3 Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufnehmen, die unter anderem den Mehrbedarf beim Bürgergeld ausgleichen sollen. Das ist wegen der schwachen Konjunktur auch bei geltender Schuldenbremse möglich.

Regierung will Spitzenkräfte anlocken

Im Zuge ihrer „Wachstumsinitiative“ plant die Regierung, steuerliche Anreize für die Arbeitsaufnahme in Deutschland einzuführen – um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen. Vorgesehen ist, dass neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen können. Für diese Freistellung soll eine Unter- und Obergrenze für den Bruttolohn definiert werden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte gesagt, die Steueranreize sollten für „Spitzenkräfte“ aus dem Ausland gelten, die eine steuerliche „Anwerbungsprämie“ erhalten könnten. Lindner sagte zugleich, die Bundesregierung habe wahrgenommen, dass der Vorschlag seitens der Arbeitgeber verhalten aufgenommen worden sei.

„Deshalb werden wir da zunächst einmal das Gespräch suchen. Denn wir werden nichts einführen, was nicht von den Arbeitgebern auch aktiv genutzt wird.“ Das Handwerk hatte sich bereits kritisch zu den geplanten Steueranreizen geäußert.

Steuergerechtigkeit in Frage gestellt

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger lehnt die von der Bundesregierung geplanten Steueranreize für ausländische Spitzenkräfte ab. Dulger sagte dpa: „Der Vorschlag widerspricht der Steuergerechtigkeit und sendet ein falsches innenpolitisches Signal. Auch dürfte es vielerorts zu Unruhe im Betriebsfrieden führen. Es gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: mehr Netto vom Brutto für alle. Dann ist es auch für ausländische Fachkräfte wieder attraktiv.“

Aktuell sei Deutschland ein Hochsteuerland. „Wir haben eine komplizierte Sprache. Wenn die Menschen hier ins Land kommen, kriegen sie keine Kinderbetreuung, sie finden keinen Wohnraum. Das sind doch die Probleme, an denen wir arbeiten müssen. Wir sind von dem Vorschlag nicht wirklich überzeugt.“

Auch DIHK zurückhaltend

Zurückhaltend äußerte sich auch Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer: „Es ist richtig, sich Gedanken zu machen, wie man den Zuzug ausländischer Fachkräfte attraktiver gestalten kann“, sagte er der dpa. „Dass bei einer Steuervergünstigung direkt die Diskussion über eine Ungleichbehandlung mit den Kolleginnen und Kollegen in Deutschland aufkommt, ist erwartbar gewesen.“

Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte der dpa zu den Steueranreizen, dies sei in anderen europäischen Ländern ein spezifisches Mittel für die ganz gezielte Anwerbung bestimmter Spezialisten aus dem Ausland.

„Typischerweise geht es um Einzelpersonen, die die Unternehmen den Behörden namentlich benennen. Das Instrument in der Breite einzusetzen, wäre nicht mein Ansatz“, betonte Russwurm.

„Da kommen sofort Fragen nach der Gleichbehandlung auf. Um in der Breite Fachpersonal aus dem Ausland zu gewinnen, wären andere Maßnahmen bedeutsamer: etwa zügig über die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Qualifikationen entscheiden und die Verfahren bei der Erwerbsmigration insgesamt vereinfachen und beschleunigen.“ (dpa/red)



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