Buchautor Ahmet Toprak: „Muslimische Jungen werden nicht diskriminiert, sondern falsch erzogen“
„Verhätschelte Kinder, die aggressiv auftreten und sich wenig um Regeln und Gesetze scheren“, und Eltern, die diese auf Beschwerden von Lehrern hin „meist in Schutz nehmen und nicht mit ihrem Fehlverhalten konfrontieren“ – Erziehungswissenschaftler Ahmet Toprak hat über männliche muslimische Jugendliche ein Buch geschrieben. Er spricht in Deutschland zu dem Titel „Muslimisch, männlich, desintegriert: Was bei der Erziehung muslimischer Jungen schiefläuft“ im Oktober 2019.
Gegenüber der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) verteidigt er seine Kritik am verbreiteten Erziehungsstil muslimischer Mütter, der sich bei Knaben deutlich von jenen unterscheide, der bei Mädchen an den Tag gelegt werde. Toprak sieht darin einen wesentlichen Grund für Desintegration.
Den Mädchen würden die erforderlichen charakterlichen Grundlagen für eine Bildungskarriere vermittelt – Jungen erzögen sie hingegen „oft zu schwer integrierbaren Bildungsverweigerern“. Toprak widerspricht mit seinen Thesen gängigen Erklärungen, nämlich dass „Diskriminierung“ der Grund für Schwierigkeiten sei.
Zwar gebe es sicher Fälle einer solchen, gravierender wirke sich jedoch das Elternhaus auf Bildungskarrieren aus – und dort würden oft nur bei Mädchen jene Charaktereigenschaften wie Disziplin, Ordnung und Zuverlässigkeit vermittelt, die sich positiv auf den späteren Erfolg auswirkten.
Gewalt und Ohnmacht bei Vätern kein Widerspruch
Anders bei Jungen: Dort werde Fehlverhalten im Elternhaus – zumindest von den Müttern – kaum sanktioniert. Aggressives Verhalten gilt vielfach als Ausweis der Fähigkeit, als Mann seine Familie verteidigen zu können. Väter hätten in der Erziehung hingegen nur eine Nebenrolle.
Dass vielfach über eine höhere Gewaltneigung in Einwandererfamilien geklagt wird, widerspricht dieser Einschätzung nach Einschätzung vieler Beobachter nicht: Dass Väter in dem Milieu häufig zuschlagen, sei Ausdruck des Ohnmachtsempfindens, das sich infolge dieser Nebenrolle einstelle.
Toprak selbst, der als Zehnjähriger mit seiner Familie aus dem anatolischen Dorf ins deutsche Brennpunktviertel gezogen war, hatte fünf Geschwister, die Mutter war Analphabetin und beide Eltern verstanden das deutsche Bildungssystem nicht. Dass sie jedoch auch den Söhnen Grenzen setzten und sie nicht anders erzogen hätten als die Töchter, wertet Toprak als den entscheidenden Faktor dafür, dass er nicht abrutschte und stattdessen Karriere machte. Heute lehrt Toprak an der Fachhochschule Dortmund.
Toprak will mit seinem Buch nach eigenen Angaben Sozialarbeiter, Lehrer und Ehrenamtliche erreichen. Er steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, dass Integration gelingen könne. Allerdings laste auf der Schule das Problem, neben Wissenslücken auch Erziehungsmängeln entgegenzuwirken – und diese seien gravierender.
Konfrontative Pädagogik
Um den Lehrkräften, vor allem weiblichen, denen durch Machogehabe glänzende junge Muslime oft keinen Respekt entgegenbrächten, dazu Instrumente in die Hand zu geben, veranstaltet er Fortbildung zur „konfrontativen Pädagogik mit muslimischen Jungen“. Konsequenter, sachlicher und ruhiger Widerspruch würde die entsprechende Fassade bröckeln lassen, so Toprak. Lehrerinnen dürften sich nicht einschüchtern lassen und sollten bei Gesprächen keinesfalls einen Mann zur Unterstützung hinzuziehen.
Dass Jungen in muslimischen Familien den Pascha spielen und sich mehr leisten dürften als Mädchen, hänge, so Toprak, mit den hohen Erwartungen zusammen, die in weiterer Folge an sie gestellt würden – sie sollen nicht nur heiraten und eine eigene Familie absichern können, sondern auch die eigenen Eltern im Alter.
Toprak, der sich als politisch linksstehend sieht und als Befürworter der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet, fordert von muslimischen Eltern, in der Erziehung keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu machen. Sie sollten beiden gleichermaßen beibringen, dass Fleiß Früchte trage und es Sinn mache, sich an gesellschaftliche Spielregeln zu halten.
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