BSW-Treffen soll Stimmungsbild über mögliche Koalition in Thüringen vermitteln

Die anhaltenden Differenzen innerhalb des BSW über eine mögliche Regierungsbeteiligung in Thüringen spitzen sich zu. Am Samstag soll eine Mitgliederversammlung in Erfurt mehr Klarheit über die kontrovers bewerteten Koalitionspläne mit CDU und SPD bringen. Nach einem Treffen mit der Basis verspricht Thüringer BSW-Chefin Wolf, in den Koalitionsgesprächen dem Markenkern der Partei klar Rechnung zu tragen.
Sahra Wagenknecht (m) hat die Thüringer BSW-Spitze zuletzt hart kritisiert.
Sahra Wagenknecht (M) hat die Thüringer BSW-Spitze zuletzt hart kritisiert.Foto: Michael Reichel/dpa
Von 2. November 2024

Nach den anhaltenden Kontroversen im Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) über die Bedingungen einer möglichen Regierungsbeteiligung in Thüringen ist für Samstag, 2. November, eine Mitgliederversammlung angesetzt. Diese findet im Gasthaus Hofbräu am Erfurter Dom statt. Ziel ist offenbar, sich über das weitere Vorgehen mit Blick auf mögliche Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD zu verständigen.

Landeschefin Katja Wolf ist fest entschlossen, solche aufzunehmen. Die Bundesspitze rund um Gründerin Sahra Wagenknecht hatte zuletzt mehrfach deutliche Kritik am Sondierungspapier geübt. Auf Druck aus Berlin erwirkte Wolf mittlerweile eine sogenannte Friedenspräambel. Dem Bundesvorstand ist jedoch auch diese nicht aussagekräftig genug.

Katja Wolf: Rückenwind für Koalitionsgespräche

Wolf will angesichts innerparteilicher Kritik in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD die Positionen zu Krieg und Frieden „weiter schärfen“. Das kündigte sie nach dem Mitgliedertreffen in Erfurt an, bei dem intern über das in der Partei umstrittene Sondierungspapier diskutiert wurde, auf das sich das BSW mit CDU und SPD geeinigt hat. Das Thema solle in einem Koalitionspapier selbst „sehr klar“ benannt werden, um an der Stelle dem Markenkern des Bündnisses Sahra Wagenknecht Rechnung zu tragen, so Wolf.

Es gehe in den in der kommenden Woche anlaufenden Koalitionsgesprächen darum, möglichst viel für Thüringen und viel aus dem Wahlprogramm des BSW herauszuholen. Zur umstrittenen Friedenspräambel sagte Wolf: „Die Präambel ist insoweit durch.“ Wolf sieht nach dem Austausch mit den Mitgliedern nach eigenen Worten klaren Rückenwind für die Koalitionsverhandlungen.

BSW-Generalsekretär Christian Leye sagte, man gehe geschlossen aus dem Treffen in Erfurt. „Klar ist für uns, dass wir als Partei zusammenstehen – auch nach dieser Diskussion.“ Einigkeit bestehe nach dem Mitgliedertreffen, dass die Koalitionsverhandlungen anlaufen sollten und ein dort ausgehandelter Koalitionsvertrag in außenpolitischen, aber auch in landespolitischen Fragen klarer die Handschrift des BSW tragen solle.

Wenn ein solcher Koalitionsvertrag dann vorliege, „legen wir uns gemeinsam die Karten und werden gemeinsam als Partei entscheiden, welchen Weg es geht“, so Leye. „Entweder man geht geschlossen in eine Regierung, das wäre gut, oder man geht geschlossen einen anderen Weg, das wäre auch gut.“

Mitgliederversammlungen oder andere außerordentliche Treffen von Parteien im Vorfeld heikler Entscheidungen haben regelmäßig ihre eigene Dynamik. Sie können Verantwortungsträgern den Rücken stärken – oder für diese zum Waterloo werden. Ein Paradebeispiel dafür war das Treffen von Delegierten der österreichischen FPÖ im September 2002 in Knittelfeld. Dieses führte zum Rücktritt der gesamten damaligen Regierungsmannschaft der Partei.

Ob auch das BSW in Thüringen am Samstag ein „Knittelfeld“-Erlebnis haben wird, war unsicher. Vonseiten der Bundesspitze ist Generalsekretär Christian Leye angereist.

Landtagsabgeordnete Wirsing stellt sich eindeutig hinter Wagenknecht

Einem „Stern“-Bericht zufolge soll ein „koordinierter Angriff“ auf die Ambitionen von Landeschefin Katja Wolf, in ein Regierungsbündnis einzutreten, Gegenstand der Initiative gewesen sein. Der Bund soll im Vorfeld einige neue Mitglieder in den Thüringer Landesverband aufgenommen haben.

Dafür, dass Wolf auch im Landesverband Thüringen ein steiferer Wind entgegenweht, spricht die jüngste Äußerung der Abgeordneten Anke Wirsing. Auf Facebook erklärte sie sich mit dem Bundesvorstand und den Inhalten seiner jüngsten Presseerklärung zu den Koalitionsgesprächen solidarisch.

Wirsing erklärte: „Ich habe nicht zusammen mit Sahra Wagenknecht die Linke verlassen, um nach wenigen Monaten den Gründungskonsens aufzukündigen. Ich werde nicht gegen den Bundesvorstand agieren. Es ist mir wichtig, auch weiterhin die Interessen der Wählerinnen und Wähler des Bündnis Sahra Wagenknecht zu vertreten.“

Dies gilt als eine klare Ansage gegen Wolf und gegen Koalitionen auf der Grundlage bestehender Aussagen des Sondierungspapiers und der sogenannten Friedenspräambel.

Vorwurf: „Mehrere zentrale Positionen aus dem Wahlkampf aufgegeben“

Das im Oktober vereinbarte Sondierungspapier hatte massive Verwerfungen innerhalb der erst im Januar gegründeten Partei zur Folge. In mehreren Bereichen habe das BSW Thüringen, so der Vorwurf, zentrale Positionen preisgegeben, die man im Wahlkampf in den Vordergrund gestellt habe.

BSW Thüringen

Mitglieder des BSW Thüringen vor der Versammlung am Samstag in Erfurt.
Bildschirmfotos: EpochTimes/Reutersvide

Im Sondierungspapier war beispielsweise keine Äußerung über diplomatische Initiativen für eine friedliche Beendigung des Ukraine-Kriegs oder Kritik an geplanten Stationierungen von US-Raketen enthalten.

Auch in Bereichen wie Corona-Aufarbeitung oder Energiepolitik habe das Sondierungspapier in erster Linie Gemeinplätze enthalten. Weder ein Untersuchungsausschuss noch eine Technologieoffenheit, die auch nicht erneuerbare Energiequellen einschließe, seien erwähnt gewesen.

Mittlerweile wurde das Papier um eine „Friedenspräambel“ ergänzt. Darin werde deutlich, dass CDU, BSW und SPD unterschiedliche Positionen zu Fragen wie jener nach Waffenlieferungen für die Ukraine hätten. Man wolle jedoch „im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung“ alle diplomatischen Initiativen unterstützen, den „von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg“ zu beenden.

BSW im Bund sieht Thüringer Papier als zu schwammig

Bezüglich der geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen hieß es, dass viele Menschen in Thüringen dies kritisch sähen oder ablehnten. Die Regierung des Freistaats wolle auch hier eine „breit angelegte Debatte“ voranbringen. Zudem wolle man „auch dieser Haltung im Sinne eines nachhaltigen Einsatzes für Frieden eine öffentliche Stimme“ verleihen.

Wagenknecht geht das nicht weit genug. Sie verweist auf die Ergebnisse der Sondierungsgespräche in Brandenburg. Dort hieß es explizit, der Ukraine-Krieg werde „nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können“.

Zudem sehe man „die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch“. Es brauche, so heißt es dort weiter, „konkrete Angebote, um wieder zu Abrüstung und Rüstungskontrolle zu kommen“.

Generell heißt es in der Erklärung des Vorstands vom 30. Oktober, das Sondierungspapier sei in zentralen Punkten „zu vage“. Dies zeige sich etwa mit Blick auf die Corona-Politik. Das BSW wurde, so heißt es weiter, „nicht als letzte Machtreserve für ein Weiter-so gewählt, sondern dafür, die Politik in unserem Land zu verändern“.

Kompromissfähigkeit und Pragmatismus dürften „nicht der Vorwand sein, um Ministerämter und Staatssekretärsposten auch um den Preis des Bruchs zentraler Wahlversprechen besetzen zu können“. Die Wut über „unglaubwürdige Parteien, von denen die Menschen nichts mehr erwarten“, habe nicht zuletzt die AfD stark gemacht.

(Mit Materialien der Agentur)



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